"War öffentlich-fad"

Mit “Hecht” Peter Pilz vor dem Karpfenteich

Österreich
13.10.2017 15:22

ORF-Elefantenrunde schauen mit Peter Pilz. Ohne seine Kommentare - und die syrische Hühnerleber - wäre das ein trauriger Abend geworden.

Das Zina's in der Wiener Praterstraße am Donnerstagabend. Es ist 20 Uhr, der Countdown zur letzten großen Fernsehdiskussion läuft. "Ich hab vorher noch ein kurzes Schlaferl gemacht", gesteht Peter Pilz und nimmt entspannt vor dem extra herbeigeschafften Flatscreen Platz. Dann jagt er noch einen bissigen Tweet ins Netz: "Der ORF schließt heute den Hecht aus der Karpfenrunde aus, auf allgemeinen Karpfenwunsch."

Die Rolle des Raubfisches taugt ihm. "Wenn der Hecht auftaucht, werden die Karpfen munter. Sicher wird heute ein anderer den Hecht spielen wollen." Aber da sollte er sich täuschen. Die Spitzenkandidaten nehmen Aufstellung - und Pilz muss sich gleich wundern, dass Tarek Leitner und Claudia Reiterer ihren Gästen die Themen freistellen. "Das ist ja wie bei der mündlichen Matura! Da stehen zwei Professoren und hören sich geduldig an, was die Schulbuben und Schulmadeln aufsagen." Um 20.25 Uhr sagt Pilz: "Mir wird langsam fad." Das können lange 95 Minuten werden.

"Hätte bei dieser Inszenierung nicht mitgemacht"
"Ich hätte bei dieser Inszenierung mit Sicherheit nicht mitgemacht", sagt er. "Tschuldige, hätte ich den Moderatoren gesagt, ich zeige Ihnen die Einladung. Ich bin zu einer Diskussion eingeladen worden, nicht zu einer Vortragsreihe."

So unterbricht und widerspricht er off records. "Nein, Ulrike Lunacek, die Grünen sind nicht die Einzigen, die Klimapolitik machen!" "Toll, der Herr Außenminister wirft dem Herrn Integrationsminister gerade seine Versäumnisse vor." "So, so. Der Kanzler hätte sich also diesen Wahlkampf gern erspart." Kern tue ihm fast schon ein bissl leid, "aber stellen Sie sich einmal vor, der ÖBB-Chef hätte sich mit zwielichtigen Beratern umgeben. Da hätte niemand gesagt: 'Der arme ÖBB-Generaldirektor!' Sondern: 'Warum haben Sie diese Leute engagiert?' Das gilt auch für einen Parteichef."

"Fehlt nur noch die Karpfenfütterung"
20.45 Uhr. "Bis jetzt ist noch nicht diskutiert worden. Die Karpfen schwimmen im Teich, ganz ruhig und gemütlich. Fehlt nur noch eine Karpfenfütterung." Pilz vermisst die Themen Sicherheit, Integration, Gerechtigkeit. "Nicht die Kriegsflüchtlinge sind unser Problem, sondern die Steuerflüchtlinge."

Beim Studium der Gesichter ortet Pilz Ratlosigkeit. "Die Kandidaten haben uns nichts zu sagen. Kein Vorschlag, wie wir etwas besser machen können. Keine Idee für Österreich. Kein Angebot, gemeinsam etwas besser zu machen."

"Alles nur Worthülsen"
Mittlerweile ist es 20.57 Uhr. "Ich brauch jetzt einen Kaffee. Dadurch steigt die Qualität der Diskussion vielleicht." Um 21.12 Uhr gibt Pilz einen Finderlohn aus. "Für den ersten ernst gemeinten Vorschlag. Ich hab' bis jetzt keinen gehört. Alles nur Worthülsen, alle wärmen nur ihre Gschichteln auf."

Wie fühlt er sich als Ausgeschlossener der Runde? "Für mich waren die ersten beiden Runden bei Puls 4 und ATV wichtig", sagt er und runzelt die Stirn. "Da konnte ich mit meinem Vorschlag zur Unterhaltsgarantie für Alleinerzieherinnen alle überzeugen." Die Wahl werde woanders entschieden, nicht im ORF. Giftiger Nachsatz: "Alle Privatsender, auch alle Stationen der großen Tageszeitungen, haben sich ans ORF-Gesetz gehalten. Nur der ORF nicht." Dieser hat eine interne Regel, nach der nur Parteien mit Klubstatus an den Elefantenrunden teilnehmen dürfen. Mit dieser Diskriminierung seiner Liste würden sich jetzt übrigens auch die Wahlbeobachter der OSZE beschäftigen, berichtet Pilz.

Pilz für Schließung illegaler Fluchtwege
Lokalbesitzerin Zina Maleh, eine politische Mitstreiterin seiner Gruppierung, lässt angesichts der Stimmung Fladenbrot, Hummus und marinierte gebratene Hühnerleber auftischen. "Sie ist eine meiner Lieblingsgeschichten", sagt Pilz. "Zina ist vor dem IS nach Wien geflüchtet und hat ein tolles Unternehmen aufgebaut. Jetzt muss sie feststellen, dass sie auch hier vor dem politischen Islam nicht sicher ist."

Am Schirm fällt das Stichwort illegale Einwanderung. "Ich bin für die Schließung aller illegalen Fluchtwege", tickert Pilz, "die Voraussetzung dafür ist aber die Errichtung legaler Fluchtwege." Jetzt sei noch Zeit, das an den Grenzen seiner Leistungsfähigkeit angekommene Jordanien zu unterstützen, das sei unsere gemeinsame Verantwortung.

"Politik raus aus dem ORF"
Um 21.44 Uhr wird Pilz laut. "Eine Viertelstunde ist noch Zeit", ruft er Richtung Fernseher. "Bitte, bitte endlich diskutieren lassen!" Er freut sich jetzt schon auf ein Bier. Strolz sagt, die Politik müsse aus der Schule raus. Pilz sagt: "Und aus dem ORF. Dann werden die Debatten vielleicht spannender."

Sein niederschmetterndes Resümee nach eindreiviertel Stunden: "Das war nicht öffentlich-rechtlich, das war öffentlich-fad. Die harmloseste Veranstaltung des ganzen Wahlkampfs. Eine Belangsendung von ÖVP, FPÖ, SPÖ, Grünen und NEOS." Kurz nach 22 Uhr ruft seine Frau an. Pilz schwärmt von dem spannenden Experiment (er kommentierte die Elefantenrunde auch in einem Live-Ticker der "Presse") und sagt, es werde wohl spät werden.

"Haben die Chance, zweistellig zu werden"
Sein Tipp für Sonntag? "Ich glaube, dass wir wirklich eine Chance haben, zweistellig zu werden. Heute haben viele gespürt, wie wir als einzige Kontrolle fehlen würden. Da müssten wir wohl acht Prozent schaffen." Kurz schätzt er auf 34, Strache werde 26, Kern 21, Neos 6, Grüne 5 Prozent bekommen.

Worauf er sich am Wahlsonntag aber am meisten freut: "Wenn der ORF unsere Siegesfeier auf der Schmelz filmen will, dann werde ich sagen: Wir haben noch immer keinen Clubstatus und deshalb können wir im öffentlich-rechtlichen Fernsehen leider nicht auftreten. Wir sind immer noch keine Elefanten."

Conny Bischofberger, Kronen Zeitung

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