Spionagesoftware

Das große Geschäft mit der Überwachung

Digital
22.02.2018 12:35

Die ÖVP-FPÖ-Regierung hat ein "Sicherheitspaket" beschlossen, das ein Bündel neuer Überwachungsmaßnahmen enthält und im Sommer starten soll. Einer der zentralen Punkte des Pakets ist die geplante WhatsApp-Überwachung. Möglich ist sie durch die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung von WhatsApp nur, wenn die Smartphones der Zielpersonen mit Abhörsoftware - im IT-Sicherheitsjargon spricht man von "Trojanern" - versehen werden. Aber woher kommen solche Hacker-Werkzeuge für den Staat eigentlich?

Klar: Große international aktive Geheimdienste wie die NSA haben eigene Abteilungen, in denen IT-Experten nach Schwachstellen in populärer Software suchen - und diese für die eigenen Zwecke horten, statt sie den Softwareherstellern zu melden. Kleinere Staaten haben diese Ressourcen allerdings nicht. Sie kaufen ihre Überwachungssoftware bei privaten Firmen, die aus der Überwachung der Bürger ein Geschäftsmodell gemacht haben.

Deutschland exportierte Abhörtechnik im Millionenwert
Einige dieser Unternehmen befinden sich laut "Heise" in Deutschland. Dort haben auf Überwachungs- und Störtechnik spezialisierte Anbieter von 2014 bis 2016 mit Genehmigung der Bundesregierung Produkte im Wert von 3,3 Millionen Euro ins Ausland verkauft, geht aus einer parlamentarischen Anfrage der Grünen hervor. Diese Exporte umfassen Mobilfunk-Störausrüstung, Programme und Geräte für "Informationssicherheit" und Verschlüsselung sowie Technik zur Internet- und Mobilfunküberwachung inklusive Staatstrojanern. Neben Überwachungs- und Störtechnik habe Deutschland im untersuchten Zeitraum auch Waren aus dem Bereich Telekommunikation und Sicherheit - darunter "Telekommunikationsprüfeinrichtungen" - im Wert von 87 Millionen Euro verkauft.

Hacker zerrten Mailänder Trojanerschmiede in die Öffentlichkeit
Ein anderer großer Player bei Überwachungstechnik ist Italien, das hat sich spätestens mit dem Hacker-Krimi um den Mailänder Staatstrojaner-Hersteller Hacking Team im Jahr 2015 gezeigt. Damals wurde öffentlich, dass das Unternehmen Staaten wie den Libanon, den Sudan, Bahrain und Kasachstan mit Überwachungssoftware beliefert haben soll. Auch Saudi-Arabien und Venezuela sollen zu den Kunden der Mailänder Trojanerschmiede zählen - und die Software der Italiener benutzt haben, um Dissidenten und unliebsame Journalisten zu bespitzeln. Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" zählt Hacking Team deshalb zu den "Feinden des Internets".

Spyware-Verkauf erfolgte auch an autoritäre Staaten
Der Verkauf von Überwachungssoftware an autoritäre Staaten ist allerdings kein Hacking-Team-Phänomen, sondern fand auch in Deutschland und Großbritannien statt. Laut dem Bericht haben deutsche Unternehmen ebenso wie der deutsch-britische Spyware-Hersteller GammaGroup - er entwickelt den Staatstrojaner FinFisher - Staaten wie Ägypten, Saudi-Arabien oder die Vereinigten Arabischen Emirate mit Überwachungs-Software beliefert - obwohl diese Staaten immer wieder für Zensur und Überwachung kritisiert wurden. Freilich von Politikern, nicht von gewinnorientierten Unternehmen, die gute Geschäfte mit dem Verkauf von Abhörsoftware machen.

Hersteller verdienen Millionen an Abhörsoftware
Wie gut diese Geschäfte laufen, lässt sich anhand der bei Hacking Team durchgesickerten Infos erahnen. Beim großen Leck 2015 gelangte eine Kundenliste der Italiener ins Netz - inklusive der Erlöse, die das Unternehmen mit ihnen lukriert hat. Allein 2014 hat Hacking Team mit seiner Spyware einen Umsatz von 7,73 Millionen Euro erzielt, der sich aus Servicegebühren bestehender Kunden und Einmalzahlungen neuer Kunden zusammensetzt. Der gesamte seit Unternehmensgründung im Jahr 2003 erzielte Umsatz dürfte somit in die Dutzenden Millionen gehen - und Hacking Team ist nur einer von mehreren europäischen Herstellern von Spionagesoftware.

Experten warnen vor Risiken staatlicher Überwachungssoftware
Nach der Entscheidung der österreichischen Regierung, die WhatsApp-Korrespondenz der Bürger zu überwachen, könnten Hacking Team oder andere Unternehmen dieser Branche künftig auch österreichische Behörden zu ihren Kunden zählen. IT-Sicherheitsexperten sind angesichts dieser Möglichkeit allerdings alarmiert und warnen, dass zum Zwecke der Bürgerüberwachung genutzte Sicherheitslücken in populärer Software letzten Endes auch von Hackern ausgenutzt werden könnte - und somit die Sicherheit aller Computer- und Smartphone-Nutzer bedrohen.

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