Spitalsopfer-Witwe:

“Pfleger meines toten Mannes tut mir auch leid!”

Oberösterreich
07.10.2017 15:11

"Er ging gesund fort, jetzt ist mein Helmuth tot. Ich bin nur froh, dass nichts vertuscht wird" - Ingrid Sch. (58) aus Attnang-Puchheim (OÖ) trauert um ihren Mann. Der 61-Jährige starb, wie berichtet, weil ein Spitalsmitarbeiter eine Infusion verwechselt hatte - seine Witwe ohne Wut: "Aber mir tut auch der Pfleger leid."

"Hab nur rausgebracht, dass ich will, dass das die Öffentlichkeit erfährt" - mit den Tränen kämpfend, erzählt Ingrid Sch., wie sie reagierte, als sie vergangenen Sonntag erfahren hat, dass ihr Mann im Koma liegt, weil auf der Intensivstation im Kirchdorfer Spital statt Kalium- eine Kalzium-Infusion angehängt worden war. Am Vortag hatte der pensionierte Eisenbahner beim Ausflug mit Freunden ins Salzkammergut Kreislaufprobleme bekommen, wurde ins Spital gebracht.

"Mach dir keine Sorgen!"
"Er hat mich um  15 Uhr angerufen, gesagt: ,Brauchst dir keine Sorgen machen. Alles in Ordnung. Ich bleibe nur zur Beobachtung da.‘ Um kurz nach 21 Uhr hat er wieder angerufen: ,Sie haben mir eine Infusion gegeben. Es brennt  am ganzen Körper, und ich hänge an den Geräten.‘ Das  war das letzte Mal, dass ich mit meinem Mann gesprochen habe", erinnert sich die Mutter eines erwachsenen Sohnes.

"Es kam der Anruf, dass er sterben wird"
Am nächsten Tag lag Helmuth Sch. im Tiefschlaf. "In der Früh haben die Ärzte gesagt, dass die Nieren versagt haben, waber sie wissen nicht, wieso. Und um 16.30 Uhr haben sie gesagt, wir sollen kommen, sie kennen jetzt den Grund."

Schlamperei gestanden
Im Kirchdorfer Krankenhaus erfuhr die 58-Jährige, dass wegen einer Schlamperei - die Infusion lag in der falschen Lade und der Pfleger hat vorm Anhängen nicht aufs Etikett geschaut - ein Dialyse-Medikament verabreicht worden war. Zu allem Überfluss hatte man die gesamten 250 Milliliter in den Körper laufen lassen. Ein auch für einen völlig gesunden Patienten eine vermutlich tödliche Dosis.

Noch gescherzt
Am Montag besserte sich der Zustand leicht, der 61-Jährige wurde nach Wien geflogen. "Ich habe mit meinem Sohn noch gescherzt, dass Papa jetzt einen Helikopterflug bekommt und nichts von der Aussicht sieht." Doch die Hiobsbotschaft kam am nächsten Tag: "Am Dienstag, ehe ich zu ihm fahren konnte, kam der Anruf, dass er den Tag nicht überleben wird" - als sie ankam, war ihr Mann schon verstorben.

Klage überlegt
Inzwischen hat sie einen Anwalt kontaktiert, überlegt eine Klage, hat am Montag einen Termin. Sie will aber  das Vorgehen von Staatsanwaltschaft Steyr abwarten.

Bei vier Patienten auffällige Blutwerte
Bei Helmuth Sch. wurde eine Obduktion angeordnet und auch bei einer weiteren Verstorbenen, einer hochbetagten Patientin, wird derzeit die Krankenakte geprüft. Eine Exhumierung ist möglich. Zwei weitere Patienten, darunter ein Altersheimbewohner, hatten auch auffällige Blut-Werte, überlebten den lebensgefährlichen Irrtum aber.

Zwei Patienten überlebten
Da insgesamt drei 250 Milliliter-Flaschen der falsch einsortierten Infusions-Flaschen fehlen, liegt der Verdacht nahe, dass auch diese Patienten es bekommen hatten. Aber vermutlich in geringerer Dosierung und deshalb gab es keine akuten Reaktionen wie bei Helmuth Sch. "Diese beiden Patienten wurden informiert", sagt Jutta Oberweger vom Spitalsbetreiber Gespag, der alle verdächtigen Krankenakten der Staatsanwaltschaft übermittelt hat.

Markus Schütz, Kronen Zeitung

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