Nach deutscher Wahl:

In Österreich ist das Rennen noch völlig offen

Oberösterreich
26.09.2017 09:27

Trotz bester Wirtschaftsdaten hat die Union in Deutschland bei der Bundestagswahl 8,5 Prozentpunkte verloren und die mitregierende SPD auch 5,2. "Ein Wahlergebnis auf Basis gefühlter Eindrücke", urteilt der Linzer Volkswirtschafter Friedrich Schneider - und er zieht im Interview mit der "Krone" Schlüsse für den Wahlkampf in Österreich...

"Krone": Warum wird eine Regierung in einem wirtschaftlich extrem starken Land mit einer niedrigen Arbeitslosigkeit und einem hohen Wirtschaftswachstum so abserviert?
Friedrich Schneider: Das ist tatsächlich wider die herrschenden Lehrmeinungen, die da lauten: Wenn die Wirtschaftslage gut ist, gewinnt die Regierung. Ich glaube, dass andere Themen - wie die Flüchtlingspolitik, die allgemeine Verunsicherung und die gefühlt steigende Kriminalität - die Menschen so beschäftigt haben.


"Krone": Das heißt, die harten, objektiven Zahlen zählen bei so einer Wahl heutzutage weit weniger als Sorgen, Ängste und allgemeiner Frust.
Schneider: Es ist, wie es so schön neudeutsch heißt, ein Wahlergebnis auf Basis gefühlter Eindrücke. Das ist ja jetzt das große Thema: Facebook, Twitter und das weiterverbreiten vieler Fälschungen, die ein Wahlergebnis beeinflussen können. Im Prinzip hätte  ja in Deutschland die Union bei dieser Wirtschaftslage die Wahl mit absoluter Mehrheit gewinnen müssen. Und da sind CDU/CSU wohl zu selbstsicher oder gar arrogant rübergekommen mit ihrer Botschaft: Uns geht’s gut und wir schaffen das.


"Krone": Bei uns in Österreich ist es ja ähnlich. Gute Wirtschaftsdaten, aber miese Stimmung.
Schneider: Die Wirtschaftslage ist zwar nicht ganz so gut, aber immerhin, wir haben sinkende Arbeitslosigkeit und so. Aber auch bei uns grassiert Verunsicherung. Ich red’ ja auch in Linz mit vielen Leuten, die sagen mir einfach: Fritz, ich hab’ Angst - zum Beispiel: Ich hab’ Angst, in den Bahnhof zu gehen. Jetzt ist die Frage, wer das bei uns auffangen kann. In Deutschland hat einen Teil dieser Stimmen die AfD aufgefangen. Das ist ein Zeichen für die Regierung: Mach endlich etwas!


"Krone": Was glauben Sie, wird den österreichischen Wahlkampf in  der Endphase prägen? Auch vor allem Angst und Frust?
Schneider: Also das hoffe ich nicht. Der Nationalrats-Wahlkampf ist ja bislang relativ sachlich verlaufen und ich hoffe, dass das so bleibt. Eine Lehre, die man aber auch aus der deutschen Wahl ziehen kann: Sichere Prognosen gibt es nicht. Im Gegenteil, es ist nichts gelaufen und das Rennen ist in Österreich noch völlig offen.

Werner Pöchinger, Kronen Zeitung

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