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Heinz Lindner: “Bin ich jetzt in der Schweiz?”

Sport
30.08.2017 19:31

Tschüss Ersatzbank, Grüezi wohl Stammgoalie-Job! Heinz Lindner hat zwei schwierige Jahre hinter sich, doch nach seiner Zeit als Reservist bei Eintracht Frankfurt startet der Ex-Austrianer nun als Nummer 1 bei den Zürcher Grasshoppers endlich wieder durch! Eine gute Sache auch für das Nationaltean, in dem Lindner ebenfalls als "Einser" gefragt ist, Matchpraxis ist dafür zweifellos nicht von Nachteil. sportkrone.at hat Heinz Lindner kurz vor der Länderspielpause noch in Zürich besucht und ihn zu seinem neuen Leben in der teuren Schweiz, der neuen spotlichen Herausforderung und natürlich auch zu den kommenden Länderspielen befragt...

sportkrone.at: Gerade habt ihr mit dem 2:0 gegen St. Gallen euren ersten Saisonsieg eingefahren und du selbst hast deinen Kasten sauber gehalten. Wie sieht dein Fazit nach den ersten Runden mit deinem neuen Klub aus?
Lindner: Tja, der Saisonstart war nicht so, wie wir es uns alle erhofft hätten. Man muss aber auch sagen, dass wir eine komplett neue Mannschaft haben, die sich erst finden muss. Und das ist nicht so leicht, dieser Prozess braucht seine Zeit - auch wenn wir zuletzt gegen St. Gallen gewonnen haben und das schon wirklich sehr, sehr gut ausgeschaut hat. Aber es steckt meiner Meinung nach noch mehr Potenzial in der Mannschaft.

sportkrone.at: Auch wenn du noch nicht allzu lange hier aktiv bist, wie beurteilst du das Niveau hier in der Super League?
Lindner: Gut! Das hab' ich schon in der Vorbereitung gemerkt! Auch bei uns in der Mannschaft ist das Niveau sehr, sehr hoch - wie gesagt, da gibt es andere Probleme, mit denen wir zu kämpfen haben. Das Niveau in der Schweizer Liga ist meiner Meinung nach sehr gut. Natürlich nicht mit der deutschen Bundesliga zu vergleichen …

sportkrone.at: Das Sportliche ist eine Sache, eine andere ist dein Alltag. Hast du dich schon ordentlich einleben können hier in Zürich, der sogenannten "kleinsten Metropole der Welt"?
Lindner: Es ist mir nicht schwer gefallen, mich hier wohl zu fühlen, weil die Stadt sehr viel bietet und einfach wunderschön ist. Die Lebensqualität ist sehr, sehr hoch, vergleichbar mit Wien und ich fühle mich sehr, sehr wohl in der Stadt.

sportkrone.at: Von der teuersten Stadt Deutschlands in die teuerste Stadt der Schweiz. Hast du schon ein Gefühl für das Zürcher Preisniveau?
Lindner: Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass einem das nicht auffällt. Ich glaube, jeder der einmal in der Schweiz lebt, bemerkt das - es reicht auch schon ein Tagesausflug, um das zu realisieren. Klar sind die Preise hier höher als in Österreich. Aber man darf auch nicht vergessen, dass hier der Steuersatz ein anderer ist und daher der Verdienst auch etwas besser.

sportkrone.at: Mal abgesehen von den Lebenshaltungskosten, wie wichtig ist es dir denn gewesen, weiterhin im deutschen Sprachraum zu bleiben?
Lindner: Eigentlich sind es lauter Zufälle, dass ich bis jetzt im deutschsprachigen Raum geblieben bin. Sowohl in Frankfurt als auch in Zürich hat für mich das Gesamtkonzept einfach gepasst. Wobei man sagen muss, dass ich mir hier am Anfang schon ein bisschen vorgekommen bin, wie im Ausland: Denn das Schweizer-Deutsch ist anfangs für mich sehr schwer zu verstehen gewesen. Ich hab‘ mich in der Kabine öfters gefragt: Bin ich jetzt in der Schweiz oder bin ich nicht in der Schweiz? Aber man gewöhnt sich daran …

sportkrone.at: "Heinz Lindner war unser Wunschkandidat. Mit seiner Verpflichtung konnten wir einen wichtigen Teil beim Aufbau einer schlagkräftigen ersten Mannschaft vollziehen" - wie gut tun diese Worte, die Sportchef Mathias Walther bei deiner Präsentation gefunden hat?
Lindner: Natürlich sehr gut! Denn es war einfach wichtig für mich, dass ich den nächsten Schritt auf der Karriereleiter so mache, dass ich wieder spiele. Die zwei Jahre in Frankfurt waren sportlich gesehen nicht das, was ich mir erhofft hatte, ganz klar. Ich will sie aber trotzdem nicht missen, weil ich einiges dazugelernt habe. Jetzt war es aber wichtig, wieder Spielpraxis zu sammeln, wieder Woche für Woche auf dem Platz zu stehen und das, was man Woche für Woche trainiert, auch im Stadion abzurufen. Auch hinsichtlich Nationalmannschaft …

sportkrone.at: Da du das ÖFB-Team ansprichst, was für eine Rolle hat denn Teamchef Marcel Koller bei deiner Entscheidungsfindung gespielt? Der ist wohl als Schweizer und als Grasshoppers-Legende durchaus als Insider anzusehen...
Lindner: Absolut! Als das Interesse von GC an mir bekannt wurde, hab‘ ich natürlich versucht, so viele Informationen wie möglich einzuholen. Die ersten Ansprechpartner waren zwei Mitspieler in Frankfurt, die vor Kurzem noch bei GC waren. Beide haben mir den Wechsel ans Herz gelegt, sie haben nur Gutes über den Verein gesagt. Danach hat‘s ein Gespräch mit Marcel Koller gegeben - und der hat auch nur das Beste über den Verein erzählt …

sportkrone.at: Lass uns kurz einen Rückblick auf deine Eintracht-Zeit machen: Woran würdest du selbst es festmachen, dass du dort nie in die "Poleposition" gekommen bist?
Lindner: Lukas Hradecky hat in der ersten Partie gespielt und hat vom Start weg Spiel für Spiel Topleistungen abgerufen. Tja, da muss man kein Trainer sein, um zu erkennen, dass dann kein Wechselgrund vorhanden ist. Er war und ist einfach ein richtig starker Torhüter, der auch international Interesse weckt. Ich hab' versucht, im Training mein Bestes zu geben, hab' mich meiner Meinung nach dadurch auch weiterentwickelt und das bei meinen zwei Einsätzen auch abrufen können. Aber wenn ein Torhüter eine ganze Saison Topleistungen abliefert, dann ist es auch legitim, dass er auch nach einer Rotsperre wieder spielt.

sportkrone.at: Gerne diskutieren Fans darüber, ob ein Klub-Bankerldrücker im ÖFB-Team spielen sollte. Dieses Problem hatten wir schon mal mit Robert Almer. Kann man ohne Matchpraxis als Goalie ein hohes Niveau halten?
Lindner: Natürlich ist es von Vorteil, wenn man Woche für Woche am Platz steht. Das ist ganz klar, da braucht man nicht groß herum reden. Es sollte auch jeder anstreben, im Verein die Nummer 1 zu sein und zu spielen. Deswegen wird man ja Fußballer oder Sportler, damit man am Wochenende seine Leistung zeigen kann. Aber man hat gesehen, gerade beim Robert oder auch bei mir, dass es auch ohne Matchpraxis geht. Und wenn es trotzdem gut klappt, warum sollte man dann nicht daran festhalten?

sportkrone.at: Goalies haben schnell mal den Ruf weg, dass sie verrückt und egozentrisch sind. Bist du in der Hinsicht vielleicht zu "normal" und zu "lieb", zu wenig "Killer"? Oder ist das "nur" ein dir übergestülptes Image? Ich mein', du wirkst ja doch wie der Traum-Schwiegersohn …

Lindner: (lacht) Danke! Grundsätzlich war es eine Bereicherung für den Fußball, dass es Spieler wie Oliver Kahn gegeben hat. Wobei man sagen muss, dass diese Spielertypen immer mehr aussterben und gerade auch das Torhüter-Spiel auf eine andere Ebene gehoben worden ist, wo auch andere Dinge von einem verlangt werden. Früher waren der fußballerische Aspekt, das Lesen des Spiels oder das taktische Know-How nicht so maßgeblich, wie das jetzt der Fall ist. Früher hat man sich einfach darauf konzentriert, die Bälle zu halten - und dann war die Aufgabe erledigt. Jetzt muss man versuchen, den Angriff einzuleiten, versuchen, Angriffe des Gegners mit gutem hohem Stellungsspiel so früh wie möglich zu unterbinden. Vielleicht hat sich der Typus der Torhüter dadurch ein bisschen verändert.

sportkrone.at: Apropos Image: Fürs Erste hast du bei den Eidgenossen einen guten Eindruck hinterlassen, schnell ist man auch auf deine Model-Freundin Barbora gestoßen. Wie geht es dir damit, dass deine Lovestory viele Menschen interessiert?
Lindner: Mich freut's für sie! Für sie ist das mediale Interesse in ihrem Beruf wahrscheinlich auch nicht gerade von Nachteil. Und ich hab' nichts dagegen, wenn es die Leute interessiert. Private Sachen bleiben aber natürlich unter Verschluss.

sportkrone.at: Wie funktioniert denn die Beziehung zwischen dem österreichischen Profi-Fußballer und dem tschechischen Model eigentlich? Wie oft seht ihr euch?
Lindner: Erst vorgestern ist terwegs. Da sehen wir uns dann nicht, aber wir versuchen natürlich die Zeit so einzuteilen, dass wir uns so oft wie möglich sehen - ist ja ganz klar. Und wenn ich dann mal zwei, drei Tage frei habe, versuche ich die in der Stadt, wo sie gerade ist, zu genießen, dabei vom Fußball abzuschalten und dann wieder gestärkt zurückzukommen. Wenn sie wieder frei hat, ist sie entweder bei ihrer Familie oder bei mir.

sportkrone.at: Wie gut kennt sich Barbora eigentlich im Fußball aus?
Lindner: Anfangs gar nicht, weil sie wenig an Fußball interessiert war. Aber jetzt immer mehr, immer mehr …

sportkrone.at: Ambitionen mit den Grasshoppers sind eine Sache, Ambitionen mit dem Österreichischen Fußball-Nationalteam eine andere: Hand aufs Herz: Wie siehst du die Chancen für das Ticket nach Russland?
Lindner: Jeder weiß um unsere Ausgangssituation. Wir brauchen nicht groß herumreden, wir haben zwei schwere Spiele vor uns. Jetzt starten wir gegen Wales auswärts und dass das nicht leicht wird, ist, glaub' ich, jedem klar. Nichtsdestotrotz müssen wir einfach versuchen, die Spiele zu gewinnen - mit dem Rücken zur Wand das Beste daraus zu machen. Wenn wir uns gut vorbereiten, wenn alles passt und das nötige Glück dabei ist, warum sollten wir das nicht schaffen?

sportkrone.at: Zum Abschluss ein Tipp: Wie geht’s gegen Wales aus?
Lindner: Ich lass' mich da jetzt nicht auf Spekulationen ein, das wäre nicht professionell. Wie gesagt: Wir versuchen, uns gut vorzubereiten und wenn alles zusammenpasst, dann können wir auch dort als Sieger vom Platz gehen. Aber bis dorthin ist es noch ein langer Weg, wir müssen erst die Trainingswoche gut absolvieren und schauen, dass wir am Wochenende gut in Form sind. Dann kann es auch sein, dass wir gewinnen - das ist unser Ziel.

Hannes Maierhofer (in Zürich)

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(Bild: KMM)



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