Den Sommer genießen

Digital detox: Ich geb mir frei!

Leben
13.08.2017 08:46

Hallo Sommer! Gut, dass du da bist. Mit all deinen schönen Begleiterscheinungen: der Urlaubszeit, der Erholung und der Freiheit, mal nicht durch den sonst so durchgetakteten Tag mit Tausenden Erledigungen im Kopf hetzen zu müssen. Einfach nur genießen und alles auskosten. Jede Sekunde, jeden Atemzug.

Ach, wie fein sind die unbeschwerten Urlaubstage ohne permanentes Handy-Gebimmel und nervende Mails, die binnen Sekunden eine Antwort erwarten. Trotzdem hat man gar nichts versäumt, alles Wesentliche mitbekommen, und dabei hatte man auch noch Zeit zum Durchatmen und Nachdenken.

Sommer, Inbegriff für Lebensfreude und Sehnsüchte
Und das machst du wirklich gut. Jahr für Jahr sehnen wir uns danach, dieses herrlich leichte Gefühl mit in das restliche Jahr mitzunehmen. Mal gelingt es besser, mal schlechter. Aber selten hält es an, irgendwann ist er wieder da: der alte Trott und der Alltag haben uns wieder. Wie lange unser Urlaubsfeeling andauert, entscheidet auch unser Stresslevel in den ersten Arbeitstagen. Belastung und Zeitdruck direkt nach der Erholung sollten so gering wie möglich sein. Schafft man es, kleine Entspannungspausen während der ersten Arbeitswochen einzuplanen, kann man dieses herrlich leichte Gefühl länger konservieren. Am besten man steigt nach einer Reise nicht gleich wieder ins Bürogeschehen ein, sondern nimmt sich noch ein paar Urlaubstage als Puffer.

Ein Leben führen, von dem man sich im Urlaub erst gar nicht erholen muss
Das wäre es doch! Ist das wirklich so abwegig? Man muss vor allem den mühsamen Zeitfressern einen Strich durch die Rechnung machen. Denn nicht selten fragen wir uns am Ende eines anstrengenden Arbeitstages, wo eigentlich die Zeit geblieben ist. Gefühlt war man den ganzen Tag nur aktiv und unterwegs, aber das Ergebnis ist ernüchternd. Es ist gar nicht mal das Schreiben von E-Mails, das einem die Zeit klaut. Eine Adobe-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass wir inzwischen im Durchschnitt 3,2 Stunden täglich mit dem Checken von E-Mails verbringen. Natürlich sollten wir wichtige Nachrichten nicht verpassen, allerdings aber nicht zum notorischen E-Mail-Checker mutieren.

Noch zeitsparender als Nachrichten zu löschen ist nur eines: Sie erst gar nicht zu schreiben. Auf dieses Prinzip setzt die deutsche Telekom. Dort haben sich leitende Angestellte verpflichtet, Mitarbeitern nach Dienstschluss, am Wochenende und im Urlaub keine Nachrichten zu schicken. Volkswagen knipst gar den Mailserver abends und am Wochenende aus, und Daimler löscht Korrespondenz, die im Urlaub eintrifft. Und wenn es ohne Mails in der Freizeit gar nicht geht, legen Sie sich am besten persönliche Zeitlimits für das unbezahlte Engagement fest, damit es nicht ausartet.

Multitasking war gestern, Experten raten zu Monotasking
"Aktuelle Forschungen weisen darauf hin, dass der Mensch effizienter arbeitet, wenn er Arbeiten im Stück erledigen kann und nicht laufend durch anderes unterbrochen wird. Ein geplanter Wechsel der Arbeitsaufgabe kann jedoch wieder mehr Schwung hineinbringen", erklärt Arbeitspsychologe Andreas Fida-Taumer. Erschreckend auch, wie lange man laut Forschern im Schnitt braucht, um uns nach der Unterbrechung durch eine Mail wieder auf unsere Aufgabe zu konzentrieren: Es sind 15 Minuten!

Und dann noch die Ablenkung Smartphone
Bei jedem Piep schauen wir auf unsere Handys und müssen uns danach erst wieder einarbeiten. Lassen Sie sich nicht vom Handy beherrschen. Nicht jeder Anruf ist wichtig. Bei Besprechungen und wenn die Arbeit viel Konzentration erfordert, macht es durchaus Sinn, das Mobiltelefon auf lautlos zu schalten. "Telefonieren zwingt einen im Moment zu synchroner Kommunikation, ganz gleich, womit man gerade beschäftigt ist. Also habe ich mit dem Telefonieren aufgehört. Denn Telefonieren ist Vordrängen", ist Social-Media-Expertin Judith Denkmayr überzeugt.

Egal, wie man seine Aufgaben geordnet hat und nach welchen Kriterien man sie abarbeiten wollte. Zu viele Anrufe sind auch nicht effizient, erfolgen oft aus Bequemlichkeit der Anrufenden, die ihre Gedanken nicht ordnen und aufschreiben, sondern einfach an jemand anderen delegieren wollen. "Von der Notwendigkeit von Small Talk am Anfang, am Ende und öfter auch mittendrin im Telefonat rede ich da noch gar nicht. Wer etwas von mir braucht, kriegt es am schnellsten per E-Mail", erklärt Judith Denkmayr.

Sich seiner Grenzen bewusst sein
Immer mehr tun es ihr gleich und schützen sich vor der ständigen Erreichbarkeit. Handy abdrehen oder zumindest auf stumm stellen und seine Achtsamkeit für Wesentliches "aufdrehen". Was gibt mir Sinn? Was mache ich gerne? In welchem Zeitrahmen ist es für mich passend, erreichbar zu sein, und wann will ich nicht gestört werden? Man muss sich seiner Grenzen klar bewusst sein. Jeder zieht sie woanders. Diese Grenzen muss man nach außen hin kommunizieren. Wenn Ihre Kollegen wissen, dass Sie nach Dienstschluss nicht mehr auf Mails antworten, werden sie es auch nicht mehr erwarten.

Ständige Erreichbarkeit ist alles andere als gesund
Sie macht richtig Druck. Wir werden unkonzentriert, gereizt, gestresst und sogar krank. Menschen "schalten" ihre Gedanken ebenso nicht mehr ab, fühlen sich verpflichtet, ehestmöglich zu reagieren. Ein Anspannungsniveau, das mit einer permanenten Stressreaktion vergleichbar ist.

"Energietankstellen" einrichten
Damit Sie erst gar nicht in ein Erholungsdefizit gelangen, predigen Coaches und Arbeitspsychologen, viele kleine "Energietankstellen" in den Alltag einzubauen. Planen Sie Dinge, die Ihnen guttun, wie Termine, und halten Sie diese ein: der Kaffee nachmittags, die Runde mit dem Hund, das genüssliche Lesen der Zeitung.

Üben Sie sich vor allem daheim in "digital detox"
Ihr Familienleben wird es Ihnen danken. Zuhause angekommen, legt Puls-4-Infochefin Corinna Milborn ihr Smartphone in den Kasten. Ja, Sie haben richtig gelesen. Und das macht durchaus Sinn. Denn so kann die zweifache Mutter im wahrsten Sinne des Wortes abschalten und ihre Aufmerksamkeit voll und ganz ihren beiden Töchtern (3 und 17 Jahre) widmen. Die beliebte Moderatorin, die beim Privatsender die "Sommergespräche" leitet, checkt nur zu bestimmten Zeiten neue Nachrichten und verpasste Anrufe. Dafür stellt sie sich extra den Wecker! "Wenn ich eine Stunde nicht reagiere, ist das absolut vertretbar." In der gewonnenen Stunde wird mit Töchterchen Lilo gemalt, Brot gebacken und gelesen. "Sachen, von denen ich viel zu viel versäumt habe", beteuert die 44-Jährige.

Ja, es ist höchste Zeit, die Herrschaft über die eigene Zeit zurückzugewinnen. Sich damit auseinanderzusetzen, was die noch vor wenigen Jahren viel gelobte Online-Präsenz wirklich mit uns macht. Und ganz persönliche Grenzen zu setzen.

Susanne Zita, Kronen Zeitung

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(Bild: kmm)



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