Deutsche Einigung

Diesel-Gipfel: Nachbesserung für 5 Mio. Fahrzeuge

Wirtschaft
02.08.2017 19:16

Mehr als fünf Millionen Dieselautos in Deutschland sollen mit einer neuen Software upgedatet werden und dann weniger Schadstoffe ausstoßen. Darin enthalten sind 2,5 Millionen Fahrzeuge von Volkswagen, für die schon Abgas-Nachbesserungen angeordnet wurden. Das ist das wesentliche Ergebnis des Diesel-Gipfels am Mittwoch in Berlin. Diesel-Fahrverbote sind damit noch nicht vom Tisch.

Es handelt sich um Fahrzeuge der Emissionsklasse Euro 5 und teilweise Euro 6. Ziel sei eine durchschnittliche Stickoxid-Reduzierung bei nachgerüsteten Fahrzeugen um 25 bis 30 Prozent. Studien zeigten, dass damit die Schadstoffbelastung mindestens genauso stark reduziert werden könne wie durch Fahrverbote, hieß es beim deutschen Verband der Automobilindustrie (VDA).

Angeboten werden die Nachrüstrungen von BMW, Daimler, Opel und Volkswagen. Für die Halter sollen keine Kosten entstehen, die Aktion soll auch keinen Einfluss auf Motorleistung, Verbrauch oder Lebensdauer haben. Bauliche Veränderungen werden nicht vorgenommen: "Wir halten es für ausgeschlossen, Hardware-Nachrüstungen vorzunehmen", sagte VW-Konzernchef Matthias Müller.

Test zeigt Wirksamkeit von Updates
Wie effektiv eine solche Nachrüstung sein kann, hat kürzlich das Magazin "Auto Motor und Sport" gezeigt. Ein Mercedes V 250 d mit SCR-Katalysator wurde nach mehr als 100.000 im Dauertest gefahrenen Kilometern mit neuer Software ausgestattet und stieß anschließend nur noch 92 mg NOx pro Kilometer aus. Bei einer zuvor getesteten V-Klasse ohne Update lag der NOx-Ausstoß bei 506 mg pro Kilometer. Damit hat das Update beim Testwagen den NOx-Ausstoß um 82 Prozent gesenkt. Weder Diesel- noch Harnstoff-Verbrauch stiegen signifikant.

Der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt nannte die Beschlüsse "eine sinnvolle Basis" für eine schnelle Reduzierung von Emissionen. Dagegen gab es harsche Kritik von Umweltverbänden, denen die Ergebnisse nicht weit genug gehen. Auch Umweltministerin Barbara Hendricks bewertete die Gespräche mit der Branche deutlich skeptischer. Die Debatte um mögliche Diesel-Fahrverbote in großen Städten dürfte weitergehen.

Hendricks begrüßte die Vereinbarungen insgesamt - mahnte aber auch weitere Maßnahmen an. "Natürlich reicht das heute erzielte Ergebnis am Ende noch nicht aus", sagte sie. Die zugesagten Software-Updates seien ein erster, wichtiger Schritt, um deren Wirksamkeit nachzuweisen, seien künftig aber Messfahrten vorgesehen. Für eine Verringerung der Stickoxid-Belastung sei dies allein nicht ausreichend. Deshalb sei sie froh über zugesagte Kaufprämien von Herstellern für umweltfreundliche Autos. Gleichzeitig könne sie "nicht verhehlen, dass der Duktus der von der Automobilindustrie verbreiteten Erklärung zu wenig von Einsicht und Demut geprägt" sei.

Vor dem Treffen in Berlin hatte die Politik mehr Bewegung bei den Herstellern gefordert. "Die Automobilindustrie ist sich bewusst, dass sie erheblich an Vertrauen verloren hat", räumte der VDA ein. Daimler-Chef Dieter Zetsche bekannte, es sei Vertrauen in die Autoindustrie verloren gegangen. VW-Konzernchef Müller sprach von "berechtigter Kritik". BMW-Chef Harald Krüger sagte: "Wir sind uns des Ernsts der Lage, in der die Automobilbranche ist, bewusst."

Der Marktanteil von Diesel-Neuzulassungen ist seit Monaten auf Talfahrt. Immer neue Berichte über mögliche Abgas-Manipulationen, Differenzen zwischen Abgaswerten auf dem Prüfstand und im realen Verkehr sowie eine breite Debatte um Fahrverbote für ältere Diesel-Modelle haben offensichtlich für Verunsicherung gesorgt. Viele Städte haben mit zu hohen Stickoxidwerten durch Diesel-Abgase zu kämpfen.

Der ADAC sprach mit Blick auf den Gipfel von einem "ersten Schritt in die richtige Richtung", sieht aber erhebliche Lücken. Der Deutsche Städtetag hält Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge in Innenstädten für noch nicht ausgeschlossen.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) reagierte enttäuscht auf die Gipfelbeschlüsse. "Mit der Entscheidung für reine Software-Updates, die nicht einmal verpflichtend sind, werden Fahrverbote unausweichlich", so BUND-Vorsitzender Hubert Weiger.

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