Opfer ist schwarz

Polizei durchlöchert Bräutigam mit 50 Kugeln

Ausland
28.11.2006 08:45
New York steht unter Schock: Mit einem Kugelhagel von 50 Schüssen haben Polizisten in Zivil einen unbewaffneten Schwarzen getötet. Der 23-jährige Sean Bell war am Wochenende auf dem Weg zum Traualtar. Er wollte seine langjährige Freundin und Mutter von zwei gemeinsamen Kindern heiraten. Doch seine Junggesellen- Abschiedsparty endete mit einem Blutbad.
Zwei Freunde, die mit ihm die Nacht zum Sonntag durchgefeiert hatten, sind schwer verletzt. Und viele New Yorker fragen sich, ob die unter Ex-Bürgermeister Rudolph Giuliani so gefürchtete Brutalität der Polizei wieder zurückkehrt.


Polizeichef Raymond Kelly ließ die fünf Beamten, die den Strip-Club Kalua im New Yorker Stadtteil Queens verdeckt ins Visier genommen hatten, vom Dienst suspendieren. Die Schützen, zwei Weiße, zwei Schwarze und ein Latino, mussten ihre Waffen abgeben. Einer der weißen Polizisten hatte insgesamt 31 Schüsse auf das Auto der drei Opfer abgegeben. Hinterher stellte sich heraus, dass keiner der Insassen bewaffnet war. Auch im Auto wurde keine Pistole gefunden.


Widersprüchliche Aussagen
Wie es dazu kam, dass die Party des schwarzen Bräutigams so tragisch endete, gab der Staatsanwaltschaft am Montag noch Rätsel auf. Augenzeugen machten stark widersprüchliche Aussagen. Eine Striptease-Tänzerin in Begleitung der drei Opfer berichtete der "New York Daily News", dass sie ihren Schminkkoffer in den Kofferraum gelegt habe, als ein voll besetzter Minivan das Auto des Bräutigams rammte. Die Insassen des Kleinbusses seien auf die Straße gesprungen und hätten ohne Warnung das Feuer eröffnet. "Keine Aufforderung zum Anhalten oder Hände-Hochheben. Nichts", sagte die 28-Jährige.


Nach Polizeiangaben dagegen war der Bräutigam mit seinem Auto zwei Mal in den Kleinbus der Beamten gefahren. Die Polizisten hätten zuvor gehört, dass ein Freund des Bräutigams im Besitz einer Waffe war, und hätten die drei Schwarzen aus Notwehr angegriffen.


Bürgerrechtler kündigt Widerstand an
Der Vorfall ruft die Erinnerung an den Westafrikaner Amadou Diallo wach. Er war 1999 wehrlos und ohne Verschulden mit 41 Schüssen von der Polizei niedergestreckt worden. Die Beamten hatten ihn mit einem Sittenstrolch verwechselt und losgefeuert, als Diallo in die Tasche griff, um seine Ausweispapiere hervorzuholen. Der Freispruch für die Polizisten löste ein Jahr später Rassenunruhen in New York aus. Etwa zur gleichen Zeit mussten sich fünf weiße Polizisten vor Gericht verantworten, die einen schwarzen Immigranten aus Haiti im brutal verprügelt hatten.


Bürgermeister Michael Bloomberg versprach der Bevölkerung, alles zu tun, um den neuen Fall aufzuklären. Er wollte noch am Montag mit mehreren Bürgerrechtlern im Rathaus zusammenkommen. Bei einem Protestmarsch mit der Witwe des Opfers und hunderten aufgebrachten New Yorkern hatte der prominente schwarze Bürgerrechtler Reverend Al Sharpton der Polizei am Sonntag Widerstand angekündigt: "Wir können uns so etwas nicht gefallen lassen". Unter Bezug auf die widersprüchlichen Zeugenangaben sagte Sharpton: "Das stinkt. Irgendetwas stimmt an der Geschichte nicht."
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