Konzerthighlight

Brian Wilson bringt “Pet Sounds” nach Wien

Musik
07.07.2017 00:49

Brian Wilson feierte vor wenigen Wochen seinen 75. Geburtstag und geht unermüdlich auf Welttournee. Mit dem Jahrhundertalbum "Pet Sounds" kommt er am 20. Juli in die Wiener Stadthalle F. Ein Rückblick auf ein Werk, das aus Schmerz und Streit entstand, aber die halbe Musikwelt nachhaltig inspirierte.

(Bild: kmm)

Die Beach Boys rund um Mike Love haben erst vor wenigen Wochen bewiesen, dass man auch jenseits der 70 noch souveräne Zwei-Stunden-Shows voll legendärer Hits und unvergesslicher Rhythmen präsentieren kann. Für Fans und Liebhaber der wohl prägendsten Pop-Band nach den Beatles kann der Sommer 2017 ohnehin zum Festspieljahr ausgerufen werden, denn am 20. Juli macht auch Brian Wilson, Genius und Mastermind hinter dem legendären Album "Pet Sounds", in der Wiener Stadthalle F Halt. Für musikalische Hobbyarchäologen ist das eine gute Möglichkeit, einen Direktvergleich beider Legendentruppen zu ziehen, denn andauernde Fehden und Streitigkeiten verhindern ein würdevolles, gemeinsames Touren im Karrierespätherbst.

Grenzenloser Ehrgeiz
Mit "Pet Sounds" erschuf Brian Wilson das popkulturell vielleicht wichtigste Album der Geschichte, das sich ganz klar auf einer Stufe mit Jahrhundertwerken wie "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band" oder "The Dark Side Of The Moon" stellt. Das elfte Studioalbum der Hitfabrikanten aus Kalifornien war nicht nur ihr Meisterwerk, sondern auch der Beginn des Untergangs einer Familientruppe, die längst über die Spitze hinausgeschossen war. Wilsons Ehrgeiz war es damals geschuldet, dass er im Alter von 23 Jahren die Vision hatte, John Lennon und Paul McCartney als größte Songwriter der Welt abzulösen, um für immer in die Annalen der Musikhistorie einzugehen.

Anstatt auf seinen Cousin Love zu setzen, engagierte Wilson einst die legendäre "Wrecking Crew", ein buntes Konglomerat herausragender Musiker, um ein Album zu produzieren, dass sich nicht mehr um Sommer, Sonne, Strand und Meer, sondern um Wünsche, Träume und Ängste des Bandkopfs drehen sollte. Der Schreibprozess resultierte aus einer Panikattacke Wilsons, die er 1964 erlitt und die verhinderte, dass er mit seinem Bandkollegen auf Tour ging. Für "Pet Sounds" verwendete Wilson abstrakte Instrumente wie Waldhörner, Theremine, Piccolos, integrierte klappernde Löffel, Cola-Dosen, Fahrradklingeln, Aufnahmen von fahrenden Zügen, bellenden Hunden und Kirchenorgeln. Oberste Prämisse war eindeutig, etwas noch nie Dagewesenes, Legendäres zu kreieren, dass die Zeiten überdauern sollte.

Kreativität durch Krankheit
Für Wilson waren nicht nur die musikalischen Aufnahmen fordernd, denn nachdem er kurz davor begann, psychedelische Drogen zu nehmen, litt er an manischen Depressionen und Halluzinationen und wird seither von Stimmen in seinem Kopf heimgesucht. Über diese chronische Krankheit redet der 75-Jährige in Interviews schon lange nicht mehr, allerdings haben bewusstseinsveränderte Drogen erst dazu geführt, dass er Songs wie "Good Vibrations", "Help Me Rhonda" und vor allem "California Girls" überhaupt schreiben konnte. Die Probleme, die durch falsche Beratung und Diagnosen schließlich zu einer Verschlimmerung seiner Krankheit führten, könnten ein eigenes Buch füllen. Wilson zerbrach schon sehr früh am Ruhm und der Legende, die um ihn herum gebastelt wurde, aber es wäre nicht Rock'n'Roll, wäre aus einem tragischen Einzelschicksal nicht Generationen überdauernde Kunst entstanden.

Im Laufe der Jahre wurde "Pet Sounds" endlich die Würdigung zuteil, die dem konzeptionellen Meisterwerk schon zu Anbeginn gebührt wäre. Der "Rolling Stone" listete das Album auf Platz zwei der "100 größten Alben aller Zeiten" , im "Uncut" und im "Mojo" ging sich sogar Platz eins aus. Kaum ein Künstler oder eine Band aus den unterschiedlichsten Genres, die sich nicht direkt darauf berufen oder zumindest die aufopfernde Hingabe des Künstlers an sein Lebenswerk bewundern würden. 50 Jahre nach Veröffentlichung begann Wilson das Album mit einer großen Tour zu huldigen, die ihn nun auch nach Wien führt. "Das Album macht die Leute noch immer glücklich,", verrät er uns im E-Mail-Interview, "und ich bin überzeugt davon, dass wir das Album besser performen als je zuvor." Um die Authentizität dieses Werkes zu verstärken. hat er die einstigen Beach Boys-Mitglieder Al Jardine und Blondie Chaplin mit auf Tour. "Zwischen Al und mir besteht ein starkes Band, wir genießen jedes Konzert gemeinsam."

Große Pläne
Ein Mann der großen Worte wird Wilson, der bei seinen Konzerten stets einen schwarzen Ledersessel auf der Bühne stehen hat, nicht mehr, doch seine Songs erzählen ohnehin Geschichten seines aufregenden Lebens. In Wien wird Wilson "Pet Sounds" zur Gänze präsentieren und das mehrstündige Konzertvergnügen mit den größten Hits der Beach Boys und seiner Solokarriere erweitern. Mit diesem Programm wird der Künstler mit dem tragischen Lebenslauf womöglich das letzte Mal zu sehen sein, doch an einen Ruhestand denkt Wilson noch lange nicht. "Nach dieser Tour werde ich ein Rock-'n'-Roll-Album schreiben, um die Großen dieser Zunft zu ehren", denkt er bereits an das nächste Projekt. Und man kann sich sicher sein - sollten es die physische und psychische Beschaffenheit zulassen, wird Brian Wilson auch das kommende Werk so oft wie möglich unter die Leute bringen.

Am 20. Juli spielt Brian Wilson samt seiner famosen Band in der Wiener Stadthalle F. Weitere Infos und Karten erhalten Sie unter 01/588 85-100 oder unter www.ticketkrone.at.

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