U-Ausschuss

Bartenstein: Erinnerungslücken und ominöse Karaffe

Österreich
04.07.2017 14:58

Am neunten Tag des Eurofighter-Untersuchungsausschusses ist am Dienstag Ex-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (ÖVP) als Zeuge befragt worden. Dabei ging es vor allem um Unregelmäßigkeiten bei den umstrittenen Gegengeschäften anlässlich des Kaufs der Jets. Bartenstein betonte, dass er die Gegengeschäfte nach wie vor für "vernünftig" hält. Unzulässige Zahlungsflüsse seien ihm nicht bekannt - auch an ein Treffen mit einem Lobbyisten könne er sich nicht erinnern. Nur einmal sei er mit einem Geschenk von Eurofighter konfrontiert gewesen: Es habe sich um eine Riedel-Glaskaraffe samt zwei Gläsern im Geschenkkarton gehandelt, die er umgehend zurückgegeben habe.

Was mit deutlich über 100 Millionen Euro an "Zahlungsflüssen mit nicht ganz bekannten Adressen" passiert sei, wolle er selbst gerne wissen, meinte Bartenstein angesichts kolportierter angeblicher Bestechungssummen rund um den Deal. Dass damals Lobbyisten unterwegs waren, sei jedenfalls Teil des politischen Geschehens. Allerdings: "Wenn jemand mit der prall gefüllten Geldtasche durch die Gegend zieht, bekommt es natürlich ein Geschmäckle."

Der Noch-Grüne Peter Pilz verwies auf ein angebliches Treffen von Bartenstein mit einem Eurofighter-Lobbyisten, an das sich der Ex-Minister laut eigener Aussage allerdings nicht mehr erinnern könne. Eine von Pilz publizierte Gesprächsnotiz vom 20. September 2002 soll dieses Treffen aber bezeugen (siehe Tweet unten).

Bartenstein sieht keine "rauchende Pistole"
Beweise für Korruption gebe es aus Bartensteins Sicht jedenfalls nicht, auch wenn manche Zahlungen aufgeklärt werden müssten. Und viel sei ja schon geprüft worden - etwa die Zahlungen in Richtung des früheren FPÖ-Mannes Gernot Rumpold (Verfahren eingestellt) und "dass sich Eurofighter plötzlich für die Jugendarbeit des SK Rapid interessiert hat". Eine "rauchende Pistole" für Korruption hätten die Staatsanwälte laut Bartenstein aber bis heute nicht finden können.

"Gegengeschäfte international durchaus üblich"
Gegengeschäfte seien laut Bartenstein bei militärischen Beschaffungen "international durchaus üblich", das Interesse der Wirtschaft an den Gegengeschäften sei groß gewesen. "Man stand Schlange", so Bartenstein, sei es doch mit vier Milliarden Euro um ein außerordentlich großes Volumen gegangen. Später wurde im Zuge des Vergleichs, den der damalige Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) 2007 ausgehandelt hatte, nicht nur die Stückzahl der Jets reduziert, sondern auch das Gegengeschäftsvolumen auf rund 3,5 Milliarden - entgegen den Versicherungen des Verteidigungsministers, wie Bartenstein anmerkte.

Fünfprozentiger Zuschlag zum Kaufpreis?
Pilz machte in der Befragung auch ein Memo von EADS von Juni 2003 zum Thema, in dem in Bezug auf die Gegengeschäfte von einem fünfprozentigen Zuschlag zum Kaufpreis die Rede ist. Damit wäre das "Offset-Risiko" abgedeckt, falls die Gegengeschäfte im Ausmaß von vier Milliarden Euro (203 Prozent des Kaupreises) nicht zustande kämen. Bartenstein interpretierte dies - ähnlich wie Pilz - so, dass Eurofighter das Gegengeschäfts-Risiko "in den Preis der Eurofighter einkalkuliert hat". Hätte er das Memo damals gekannt, hätte das für Bartenstein den Nutzen der Gegengeschäfte infrage gestellt.

Von der Abtretung der Gegengeschäftsverpflichtungen von Eurofighter an die Euro Business Development GmbH (EBD) und später an Vector Aerospace wisse er nichts, sagte Bartenstein. Eine eigene Gesellschaft zu involvieren, finde er "per se nicht anrüchig". Aus Sicht der Kritiker des Deals ist dies aber sehr wohl von Bedeutung: Eurofighter hatte nämlich in einer Schmiergeldklausel im "Code of Business Conduct" festlegen lassen, dass Unregelmäßigkeiten nur dann Anlass zum Vertragsausstieg wären, wenn sie der Eurofighter GmbH selbst zuzurechnen seien.

Pilz vs. Bartenstein: "Martin, der Täufer?"
Pilz kommt es komisch vor, dass teilweise Geschäfte als Gegengeschäfte angerechnet worden seien, die bereits vor der Ausschreibung der Jets bzw. vor der Typenentscheidung fixiert waren, und vermutet, dass hier Provisionen im Spiel waren. Wenn plausibel gemacht werden konnte, dass es sich um eine Art "Vorleistung" von Eurofighter gehandelt habe, konnten auch solche Geschäfte angerechnet werden, erkannte Bartenstein nichts Anrüchiges. Pilz hingegen meinte: "Da stellt sich politisch die Frage, ob diese Geschäfte getauft worden sind und ob der damalige Wirtschaftsminister Martin der Täufer war." Bartenstein konterte: "Wenn Sie mir die Teilung des Mantels mit EADS vorwerfen, Stichwort Heiliger Martin, dann sei's drum."

"Gegengeschäfte haben Tausende Arbeitsplätze geschaffen"
Auf Basis aktueller Informationen des Wirtschaftsministeriums, die er in den vergangenen Tagen eingeholt habe, seien von den 3,5 Milliarden insgesamt 3,3 Milliarden Euro anerkannt und damit abgewickelt, wobei der letzte Bericht aus dem Jahr 2010 stamme und man davon ausgehen könne, dass das Volumen mittlerweile gut erreicht werde bzw. wurde, meinte Bartenstein. Gesamtwirtschaftlich gesehen halte er die Abwicklung der Gegengeschäfte für "positiv", er gehe davon aus, dass über die Jahre "Tausende Arbeitsplätze" gesichert und geschaffen worden seien, verteidigte er die umstrittenen Geschäfte.

In der Befragung durch die SPÖ verteidigte Bartenstein auch die Typenentscheidung für den Eurofighter. Zwar hatte er sich schon zuvor gewundert, dass die auch im Betrieb günstigere F16 für das Verteidigungsministerium gar keine Rolle gespielt hätte, aber: "Ich stehe zur Entscheidung pro Eurofighter. Das ist ein Flugzeug, das von vielen als eines der besten, vielleicht das allerbeste bezeichnet wurde."

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