Meine Geschichte

Bienen statt Luxus: “Heute züchte ich Königinnen”

Meine Geschichte
08.06.2017 07:45

Bienen statt Haute Couture! Diana Palme (42) verlässt die Glitzerstadt Paris und wird Imkerin im Burgenland. Das Protokoll einer Heimkehrerin.

Es ist die schwächste Biene, die ausfliegt, um neue Nahrungsquellen aufzuspüren. Wenn sie fündig geworden ist, kommt sie zurück und tanzt. Ihre Artgenossen verstehen dann sofort, dass die Mission erfolgreich war.

Bienen sind selbstlos. Sie setzen sich bereitwilligst für das Gemeinwohl ein - auch zu ihrem Nachteil. Dieses Verhalten fasziniert mich. Viel mehr noch. Die Konfrontation mit den Gesetzen der Natur erdet mich. Es ist ein Kontrast zu jener Scheinwelt, in der ich 15 Jahre lang gelebt habe.

Ich war 22 Jahre alt, als ich nach Paris gegangen bin. Ich hatte gerade in Wien die Modeschule abgeschlossen und träumte vom Luxus der Haute Couture. Nach ein paar Monaten hatte ich dann das große Los gezogen und einen Job bei Christian Dior ergattert. Mein Alltag drehte sich um prunkvolle Roben, spektakuläre Inszenierungen und aufsehenerregende Kollektionen. Fünf Jahre später wurde ich Managerin in einem Luxushotel. Die Reichen und Schönen stiegen bei uns ab. Ich war dafür verantwortlich, dass es ihnen an nichts fehlte.

Haben Sie auch etwas Ungewöhnliches erlebt und können damit anderen Mut machen? Bitte schreiben Sie mir: brigitte.quint@kronenzeitung.at

Ich habe viel Geld verdient und Karriere gemacht. Eigentlich hätte ich rundum glücklich sein müssen. Tatsächlich war ich aber in einem Hamsterrad gefangen. Die Franzosen nennen das "Métro, boulot, dodo" - U-Bahn, Arbeit, Schlafen. Gemeint ist damit der typische Alltag eines Großstädters. Und genau der hat mir nach und nach zugesetzt.

"Ich habe keinen Sinn mehr in dem gesehen, was ich tat"
Zunächst habe ich angefangen, von einem guten, einfachen Leben zu träumen. Davon, dass ich Zeit in der Natur verbringe, ohne dafür stundenlang im Stau stehen zu müssen. Dann habe ich gemerkt, dass mich der Leistungsdruck immer mehr stresste und ich dem ewigen Streben nach Materiellem immer weniger abgewinnen konnte. Kurzum: Ich habe keinen Sinn mehr in dem gesehen, was ich tat.

Vielleicht wäre es sogar beim Träumen geblieben. Aber 2015 wurde mein Vater krank. Er hat damals alleine in meinem Elternhaus in Bruck an der Leitha gelebt. Wenn man 1000 Kilometer weit weg ist, kann man dem anderen nicht beistehen. Also habe ich beschlossen, Paris den Rücken zu kehren.

"In mir hat sich ein Gefühl von Freiheit breitgemacht"
40 Jahre war ich alt, als ich noch einmal ganz von vorne angefangen habe. Zunächst habe ich in Papas Garten damit begonnen. Die Sonne hat gescheint, die Pfingstrosen haben geblüht, und die Schmetterlinge sind herumgeflattert. Acht Wochen habe ich damit verbracht, Sträucher zuzuschneiden, Unkraut zu jäten, Blumen umzutopfen. Mein Vater hatte sich währenddessen erholt. Und ich? In mir hat sich ein Gefühl von Freiheit breitgemacht. Es war ein Befreit-Sein.

Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch bin ich dann zum AMS. Schließlich musste ich damit anfangen, meinen Lebensunterhalt zu finanzieren.

"Hier draußen ist Stress ein Tabu"
Gleich am Eingang bin ich auf ein Plakat gestoßen. Darauf stand, dass Frauen für den Fachbereich "Bienenwirtschaft" gesucht werden. Eine Woche später hatte ich eine Lehrstelle. Im Burgenland. Seitdem verbringe ich fast den ganzen Tag im Freien. Ich ernte Honig, züchte Königinnen, schütze die Larven vor Schädlingen. Hier draußen ist Stress ein Tabu, weil jede hektische Bewegung den Schwarm beunruhigen würde. Blüht der Raps oder die Akazie? Regnet es, oder scheint die Sonne? Sind die Bienen entspannt oder aggressiv?

Heute bestimmt nur noch die Natur meinen Alltag. Ich bin zurückgekommen und tanze. Das fühlt sich für mich stimmig an.

RUND UM DIE BIENE:

  • Ein einziger Tropfen Honig ist das Lebenswerk einer Arbeitsbiene.
  • Eine Biene muss etwa 1000 Blüten anfliegen, um ihren Magen ganz mit Nektar zu füllen. Danach wiegt sie ein Drittel mehr als zuvor.
  • Im Bienenstock angekommen, würgt die Arbeitsbiene den Nektar heraus. Die Stockbienen entziehen ihm durch Schlucken und Verdauen Wasser - so entsteht schließlich Honig.
  • Der Honig wird zur Aufzucht der Bienenlarven und zur Ernährung der Königin im Stock eingelagert.
  • Die Bienenkönigin ist das einzige geschlechtsreife weibliche Tier im Volk der Honigbienen.

Brigitte Quint, Kronen Zeitung

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