Der Golf ist los

120.000 Fans und eine Weltpremiere: GTI-Treffen!

Motor
26.05.2017 13:23

Es ist das vielleicht weltweit größte Autotreffen. Mehr als 100.000 Fans reisen alljährlich an den Wörthersee in Kärnten, um dem VW Golf GTI zu huldigen. Ein Dorf bzw. eine Gegend im Ausnahmezustand, eine Blechlawine mit VW-Logo und viel Schrilles aus der Tuner- und Clubszene. Und VW-Chef Herbert Diess überraschte sogar mit einer Weltpremiere.

(Bild: kmm)

Larry aus Recklinghausen hat seinem Golf II GTI eine völlig verrostete Motorhaube spendiert und nennt das "Kunst", Tommy aus Niederösterreich öffnet die Heckklappe seines 80er-Jahre-Schmuckstücks und zeigt eine Soundanlage, die keinen Platz mehr für die kleinste Reisetasche lässt. Und Jana aus Ungarn sitzt breitbeinig auf einem gewaltigen Alu-Rad und lässt das Fotohandy-Gewitter in Richtung ihrer ebenso gewaltigen Oberweite geduldig über sich ergehen. GTI-Treffen in Reifnitz am Wörthersee, eine Mischung aus gelebter Nostalgie, Hommage an die Ikone aus Wolfsburg, Verkaufsmesse für ernsthafte und schräge Tuner. Das alles gemixt mit einem fröhlichen Familientreffen, das mancherorts zu einer Ballermann-Fete ausufert, wenn sich die Sonne hinter den Alpengipfeln verkriecht.

Erwin Neuwirth, der mit der Organisation von Events sein Geld verdient, hatte vor 35 Jahren die Idee, die Fans des Golf GTI an den 17 Kilometer langen Wörthersee einzuladen. 1982 quälten sich immerhin fast 100 Autos mit dem GTI-Emblem durch die engen Straßen der kleinen Gemeinde Reifnitz, drei Jahre später waren es schon über 1000 Fahrzeuge. In diesem Jahr, so rechnet Neuwirth, haben sich gut 120.000 Besucher zur Himmelfahrt nach Kärnten aufgemacht und stellen mit einer kaum noch zu zählenden Zahl an Karossen jeden Parkplatz, jeden Hinterhof und jedes Stück Wiese zu. Gegen Gebühr natürlich, für die nicht einmal 2000 Reifnitzer eine willkommene Einnahmequelle.

Längst hat der VW-Konzern das Zepter im Schatten des 120 Jahre alten Schlosses "Klein Miramar" in der Hand. "Wir suchen hier den unmittelbaren Kontakt mit unseren treuesten Kunden", sagt Vertriebsvorstand Jürgen Stackmann. "Nirgendwo wird die Kraft der Marke VW und des Kürzels GTI so sichtbar". Der edle firmeneigene Stand gegenüber der Bootsanleger ist die eine Welt, die andere ist die der Normalos, der Fans vor allem aus Österreich und Deutschland. Nur wenige ihrer Autos aus allen Golf-Generationen tragen ein Oldtimer-Kennzeichen. Denn das GTI-Treffen ist vor allem der Laufsteg für die Kreativen und Bastler unter den Enthusiasten. Riesige Endrohre, grelle Folien, dicke Räder und Anbauten an Bug und Heck, die den Behörden hohe Gebühren sichern.

Dazwischen die Profis, die ihre Neuheiten anpreisen. Wie ein Bausatz mit Innen- und Außenlautsprecher, der über eine Smartphone-App angesteuert wird und dem Auto jeden gewünschten Sound verleiht. Da klingt ein Golf I mit 110 PS beim Gasgeben schon mal wie ein Lamborghini Murcielago. Ein Knopfdruck und bei der Polizeikontrolle säuselt der GTI wieder ganz brav. Oder der bekannte Tuner Oettinger, der einen neuen Golf GTI mit einem Fünfzylinder-Audi-Motor bestückt hat. 518 PS schickt der 500 R an alle vier Räder. 680 Nm, in 3,4 Sekunden auf 100 km/h und eine Spitze von über 300 km/h. Wer 200.000 Euro dabei hat, kann die Rakete gleich mitnehmen. Die flanierenden Fans haben ihre eigenen Favoriten auf der Einkaufsliste. Aufkleber aller Art, von brav und witzig bis politisch bedenklich und nicht jugendfrei. Pflegemittel für den sorgsam aufgetragenen Mattlack, Bezüge für Sitze und Kopfstützen in allen Farben und natürlich alles, was das Tunerherz begehrt: Scheinwerfergehäuse samt Innenleben mit Tagfahrlicht, chromglänzende Abgasanlagen, die schon optisch Lärm verheißen, und wild gestylte Räder überall.

Das alles längst nicht mehr nur für eben jenen Golf GTI. Dessen Treffen in der Idylle ist längst zum Konzernmekka geworden. Seat Leon sind zu sehen, jede Menge Audis bis hin zum Ur-Quattro, seltener dagegen die Skodas. Aber auch ein gutes Dutzend ultraflache "Lambos" warten mit brüllenden Gasstößen in der Endlos-Schlange, die im Schritttempo ihre Runden durch Reifnitz dreht. Auch Jettas, Käfer und was sonst noch das VW-Emblem trägt, darf sich zwischen den Golfs einreihen. Sehen und gesehen werden lautet das Motto.

Natürlich muss Volkswagen offiziell ganz seriös daherkommen. Marken-Chef Herbert Diess, selbst Österreicher, lässt zwar Sakko und Krawatte im Schrank, präsentiert aber mit aller gebotenen Ernsthaftigkeit eine Weltpremiere. Der kleine Up bekommt einen Ableger, der die Buchstaben GTI tragen darf.

Gründer Erwin Neuwirth hat schon für 2018 eingeladen und gibt zu: "Das Treffen verselbstständigt sich mehr und mehr. Rund um den See gibt es inzwischen eigene Events von den Fans, die jedes Jahr hierherkommen und gemeinsam zu feiern. Das Herz des Ganzen ist immer hier in Reifnitz."

(SPX)

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(Bild: kmm)



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