Biathlon-Nachlader

Eichhörnchen-Attacke und Siegestränen

Salzburg
20.03.2017 17:20

Simon Eder glänzt auch beim Finale in Oslo mit toller Form. Mari Laukkanen weint vor Glück und Trauer, ein Nagetier sorgt für Aufregung.

Krone.at blickt ein letzes Mal in dieser Saison zurück auf den Biathlon-Weltcup. Die großen Helden, die bitter Enttäuschten - dazu gibt's Kuriositäten und Zahlenspielereien.

HELDEN

1. Eine solche Saison hätte sich Laura Dahlmeier wohl nicht in ihren kühnsten Träumen ausgemalt. Mit fünf Goldmedaillen und einer Silbernen avancierte sie zur uneingeschränkten Königin von Hochfilzen. Ihr Gewinn im Gesamtweltcup war nach einem atemberaubenden Winter mit neun Einzelsiegen und acht weiteren Podestplätzen die logische Konsequenz. So ganz nebenbei entschied sich auch noch die Einzel- und Verfolgungswertung zu ihren Gunsten. "Ich bin total kaputt, aber super glücklich über eine grandiose Saison", erklärte der DSV-Superstar nach dem Weltcupfinale in Oslo.

1. Es fällt schwer, Superlative zu finden, die Martin Fourcade gerecht werden. Deshalb lassen wir Zahlen sprechen: 14 Saisonsiege (Rekord!), fünf WM-Medaillen, die sechste große Kristallkugel in Folge (Rekord), zum dritten Mal in seiner Karriere den Grand Slam mit Siegen in allen Weltcupwertungen (Rekord), dazu mit insgesamt 26 Kristallkugeln einen weiteren Allzeitrekord von Ole Einar Björndalen eingestellt. "Diese Saison war eine der aufregendsten, aber auch eine der schwierigsten", resümierte der Franzose.

1. So faszinierend der Kampf um Sekunden und Treffer auch sein mag, am Ende ist es "nur" Sport. Bernhard Leitinger musste einen viel härteren Kampf ausfechten. Als er die Schockdiagnose Krebs bekam, kämpfte der Salzburger um sein Leben. Er gewann den wichtigsten "Wettkampf" seiner Karriere und feierte beim IBU-Cup in Beitostölen sensationell sein sportliches Comeback. Dass er dort mit den Rängen 31 und 36 auf Anhieb Punkte sammeln konnte, kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Mit Fortdauer der Saison verließen ihn zwar etwas die Kräfte ("Vielleicht habe ich zu viel verlangt"), doch in der neuen Saison will er wieder angreifen und "Gas geben, damit mehr rausschaut".

ENTTÄUSCHTE

1. Ein höchst komplexes, für Fans aber auch irrsinnig nervendes Thema war die Dopingproblematik. Welche Russen sind in den großen Skandal verwickelt? Welches Vergehen wird ihnen genau vorgeworfen? Wer wird gesperrt und wer darf weiter an Wettkämpfen teilnehmen? Zu allem Überfluss gab es bei der WM um die Kasachen viel Lärm um nichts. Und überall sah man Verlierer. Die IBU, weil ihr schlechtes Management im Umgang mit der Problematik vorgeworfen wurde. Die Sportler, deren Leistungen hinterfragt wurden. Und natürlich die Fans, die sich notgedrungen mit dem leidigen Thema auseinandersetzen mussten.

2. In den letzten Jahren war Veronika Vitkova eine Bank für Spitzenplätze. Dreimal in Folge in den Top-10 des Gesamtweltcups, wurde sie auch vor dem Winter 2016/17 in den Kreis der Mitfavoritinnen gehievt. Was folgte, war die (inklusive Staffeln) erste podestlose Saison seit sechs Jahren! Immerhin gelang ihr in Oslo mit den Rängen vier (Massenstart) und fünf (Sprint) ein versöhnlicher Abschluss.

3. "Toxoplasmose 1 - Simon 0", postete der ältere der beiden Fourcade-Brüder Ende Dezember. Die Infektionskrankheit machte dem 32-Jährigen wochenlang zu schaffen. Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klaffte eine große Lücke. Zwei Top-10-Plätzen in Östersund sollte kein weiterer folgen, bei der WM kam er nur im Sprint zum Einsatz - und wurde 85.

WAS SONST NOCH AUFFIEL

  • 205 Weltcup-Starts waren notwendig, bis sie endlich aufs oberste Podest klettern durfte. Mari Laukkanen gelang in Oslo der Durchbruch, denn nur 24 Stunden nach dem Sprint gewann sie auch die Verfolgung. Für die 29-jährige Finnin, die in Salzburg lebt, das wohl emotionalste Rennen ihres Lebens. In der Nacht zwischen ihren Erfolgen schied Laukkanens langjähriger Schießtrainer Asko Nuutinen aus dem Leben. "Ich war in Gedanken nur bei ihm. Ich habe alles umgesetzt, was er mir immer gesagt hat. Dieser Sieg war nur für ihn", erklärte sie mit Tränen in den Augen.
  • Ein US-Powerduo machte in den letzten Monaten von sich reden. Lowell Bailey, der im letzten Sommer ein Karriereende in Erwägung zog, erlebte den Winter seines Lebens. Mit Gold im Einzel von Hochfilzen bescherte er seinem Heimatland die erste Goldmedaille, im Gesamtweltcup landete er auf dem achten Platz. Teamkollegin Susan Dunklee stand ihm nur wenig nach. Die 31-Jährige beendete die Gesamtwertung auf dem zehnten Rang und erkämpfte sich die Silbermedaille im WM-Massenstart.

KURIOS

  • Mit ihren Erfolgen ist Laura Dahlmeier längst auch Sportfans über die deutschen Landesgrenzen hinaus ein Begriff. Das heißt aber nicht, dass sie innerhalb Deutschlands jedem bekannt ist. Zumindest zweifeln wir stark daran, dass das folgende Foto die Garmisch-Partenkirchenerin ablichtet. Unabhängig vom gelben Trikot ...

  • Das gab’s noch nie! Als Martin Fourcade im Massenstart am Holmenkollen zum ersten Liegendschießen kam, suchte er vergeblich nach dem Magazin. Der französische Superstar hatte es vergessen. Sein Trainer warf es ihm zu, Fourcade blieb fehlerfrei und gewann sowohl das Rennen als auch die Kristallkugel. Simon Schempp, der vor dem Finale in Führung lag, war zwar nicht begeistert, verzichtete aber auf einen Protest. "Ich muss Simon und dem deutschen Team für ihr Fairplay danken. Es bedeutet mir viel und ich werde mich immer daran erinnern", war Fourcade seinem Kontrahenten dankbar.
  • Kuriose Szene beim Damen-Massenstart von Oslo. Justine Braisaz befand sich gerade in der Spitzengruppe, als sie Zielscheibe einer Eichhörnchen-Attacke wurde. Nun gut, das kleine Nagetier hatte es bestimmt nicht bewusst auf die Französin abgesehen, überquerte aber just in dem Moment die Strecke, als Braisaz aus der Abfahrt herangedonnert kam. Beide berührten sich, wobei das Eichhörnchen einen ungewollten Salto schlug (siehe Video), kamen aber mit dem Schrecken davon.
  • ZAHLENSPIELEREIEN

    • 2 - erstmals in seiner Karriere gelang Andrejs Rastorgujevs der Sprungs aufs Stockerl. Im letzten Saisonrennen wurde der laufstarke Lette hinter Martin Fourcade und vor Simon Eder Zweiter.
    • 48 - so viele Plätze machte Artem Pryma im Verfolger von Oberhof gut. Vom 57. kämpfte sich der Ukrainer auf den neunten Platz vor - Saisonrekord! Auf den Plätzen folgen Henrik L’Abee-Lund, der in Östersund 39 Ränge wettmachte (von 58 auf 19), und Marte Olsbu, der bei der WM ein Sprung von Position 54 auf 16 gelang.
    • 106 - So vielen Herren gelang in diesem Winter der Sprung in die Weltcupränge. Das ist die exakt selbe Zahl wie im letzten Winter. Bei den Damen waren es 102 (Vorjahr 104).

    ROT-WEISS-ROTE BRILLE

    ▲ Was Julian Eberhard in den letzten Monaten ablieferte, war großes Kino. Dem 30-Jährigen gelang noch einmal ein enormer Entwicklungsschritt, wie der sechste Platz im Gesamtweltcup eindrucksvoll untermauert. Zwei Weltcupsiege durfte der Saalfeldener feiern, zwei weitere Male stand er am Podest. Besonders stark: Sein Sprintsieg bei der Olympia-Generalprobe in Pyeongchang mit rund 40 Sekunden Vorsprung! Im großen Krone-Doppelinterview mit Simon Eder erklärte Eberhard: "Ich bin stolz darauf, dass ich meine Stehendserien so durchgezogen habe. Auch dann, wenn es um den Sieg ging."

    ▲ Erst bremste ihn ein Weisheitszahn aus, dann auch noch eine heftige Erkältung. Bis Ende Jänner lief bei Simon Eder wenig bis gar nichts zusammen. Doch dann kam die WM und der Salzburger meldete sich just zum Saisonhöhepunkt zurück! Zweimal Bronze durfte er mit nach Hause nehmen und verblüffte sich damit selbst. "Ich habe nicht daran geglaubt", gestand er. Als Sahnehäubchen holte er sich gemeinsam mit Lisa Hauser sogar noch einen Weltcupsieg - in Kontiolahti gab es den historisch ersten rot-weiß-roten Erfolg in der Single-Mixed-Staffel.

    ▼ Ein über weite Teile verkorkster Winter liegt hinter Sven Grossegger. Der 29-Jährige, vergangene Saison noch im Weltcup gesetzt, pendelte ständig zwischen der Beletage und dem IBU-Cup, kam dabei aber nie richtig auf Touren. Schlussendlich blieb er gar ohne Weltcupzähler.

    ▲ Einen fantastischen Start erwischte Lisa Hauser. Die Tirolerin stand in den ersten acht Rennen fünf Mal in den Top-10, hatte dann eine kleine Schwächeperiode und kam gegen Ende des Winters wieder richtig in Schwung. Neben dem Mixed-Sieg mit Eder durfte sie sich mit zwei fünften Plätzen über die besten Weltcupergebnisse ihrer Karriere freuen.

    ▼ Umso bitterer verlief die WM für die Reitherin. Ausgerechnet vor Heimpublikum ging so gut wie nichts, verzeichnete sie liegend eine Trefferquote von nur 50 Prozent. Es passte irgendwie zum Rest des Damenteams, das in Hochfilzen deutlich hinter den Erwartungen blieb.

    ▲ Positive Ausnahme war Dunja Zdouc. Fehlerfrei lief sie im Einzel zu Rang elf und damit ihrer besten Platzierung überhaupt. "Das war sicher ein Karrierehighlight", erklärte die 23-Jährige, die nach holprigem Saisonstart immer stärker wurde.

    ▲ Für Furore sorgte der Nachwuchs! Sebastian Trixl gewann EM-Silber im Sprint von Nove Mesto. Anna Gandler landete bei der WM in Brezno-Osrblie in der Jugendklasse ebenfalls auf dem Silberrang und tat es damit Julia Schwaiger gleich, der dieses Kunststück im Einzel der Juniorinnen gelang. Die 21-Jährige durfte auch am Saisonende noch einmal jubeln, als sie mit Platz 14 im Sprint von Oslo ihr bestes Weltcupergebnis fixierte. Ein "Career High" verbuchten überdies Christina Rieder (28. im Verfolger von Östersund) und Fabienne Hartweger mit Rang 22 im Einzel in Östersund.

    ▼ Trotz alledem muss klar festgehalten werden, dass Österreichs Damen zwar im Schießen längst zu den Besten und vor allem Schnellsten der Welt zählen, in der Loipe aber immer noch viel zu viel Zeit aufgebrummt bekommen.

    ▲ Eine deutliche Steigerung gelang dem ÖSV-Team im IBU-Cup. Gab es im Vorjahr nur einen Podestplatz durch Julia Schwaiger, so standen diesmal vier zu Buche. Neben Schwaiger, die erneut einmal den Sprung aufs Treppchen schaffte, durfte sich auch Daniel Mesotitsch über ein derartiges Erfolgserlebnis freuen. Für die größten Überraschungen sorgten Fabienne Hartweger mit ihrem Sieg und Klaus Leitinger mit Rang zwei in Martell.

    Christoph Nister, Kronen Zeitung

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