Trump-Knalleffekt

Nahost: USA wenden sich von Zweistaatenlösung ab

Ausland
15.02.2017 07:17

Die US-Regierung besteht nach Angaben eines ranghohen Vertreters des Weißen Hauses nicht mehr auf einer Zweistaatenlösung im Nahostkonflikt. Das Weiße Haus werde die Bedingungen für einen möglichen Friedensschluss zwischen Israel und den Palästinensern nicht länger vorgeben, sagte der Vertreter, der nicht namentlich genannt werden wollte, am Dienstag.

Die US-Regierung werde das unterstützen, was die Konfliktparteien vereinbarten. "Eine Zweistaatenlösung, die keinen Frieden bringt, ist kein Ziel, das jemand erreichen will", sagte der Regierungsvertreter. Er schloss aber eine US-Unterstützung für eine Zweistaatenlösung auch nicht aus. "Frieden ist das Ziel, ob er nun in der Form einer Zweistaatenlösung kommt, wenn es das ist, was die Parteien wollen, oder etwas anderes, wenn es das ist, was die Parteien wollen." Es sei nicht Aufgabe der Vereinigten Staaten, ihnen eine solche Vision aufzudrängen.

Damit rückt Trump offenbar von der jahrzehntelangen Haltung der USA ab, dass eine Zweistaatenlösung die einzige Möglichkeit ist, dauerhaft Frieden zwischen Israel und den Palästinensern zu schaffen. Die radikalislamische Hamas, die den von Israel abgeriegelten Gazastreifen beherrscht, bezeichnete die Kursänderung der USA als "Bestätigung, dass der sogenannte Friedensprozess eine Illusion ist". Die Bewegung forderte die Palästinenserführung im Westjordanland erneut dazu auf, ihre Bereitschaft zu Verhandlungen aufzugeben. Anders als die PLO erkennt die Hamas den Staat Israel nicht an.

Experte: "Kurswechsel setzt Israel unter Druck"
Der Kurswechsel der neuen US-Regierung im Nahostkonflikt setzt laut Ansicht eines Experten Israel unter Druck. "Ich denke, das ist eine größere Bürde auf den Schultern Israels", sagte Kobi Michael vom renommierten Institut für israelische Sicherheitsstudien INSS am Mittwoch. Wenn die USA nicht an der Zweistaatenlösung festhielten und die Palästinenser jede andere Lösung ablehnten, müsse Israel nun einen neuen Vorschlag machen. "Und es gibt keine Option, dass Israel mit einer Idee kommt, die nicht irgendwelche eigenen Zugeständnisse fordern wird", sagte Michael.

Bisher hat sich Israel aus seiner Sicht in einer relativ komfortablen Situation befunden. "Solange die Zweistaatenlösung die einzige war, war es sehr viel leichter für Israel zu sagen, das ist nicht machbar wegen der Palästinenser", so der Wissenschaftler. Er betonte zudem, dass noch immer eine Mehrheit der Israelis die Zweistaatenlösung unterstütze.

Israels Ministerpräsident zu Gast bei Trump
Am Mittwoch kommt der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu zu seinem ersten Treffen mit dem neuen US-Präsidenten Donald Trump im Weißen Haus zusammen. Netanyahu dürfte sich von dem Besuch unter anderem eine Klärung der US-Haltung zu den international kritisierten jüdischen Siedlungen in den Palästinensergebieten erhoffen. Trump hatte im Wahlkampf den Siedlungsbau gutgeheißen, vor einigen Tagen aber erklärt, der Bau neuer Siedlungen sei "nicht gut für den Frieden". Der Siedlungsbau wird international als eines der größten Hindernissen für eine Zweistaatenlösung angesehen.

Trump erwartet Rückgabe der Krim an Ukraine
Auch zu einem anderen außenpolitisch brisanten Thema hat Trump am Dienstag Stellung genommen. Er forderte, dass Russland die Halbinsel Krim an die Ukraine zurückgibt. "Präsident Trump hat sehr deutlich gemacht, dass er von der russischen Regierung erwartet, dass sie die Gewalt in der Ukraine deeskaliert und die Krim zurückgibt", sagte der Pressesprecher des Weißen Hauses, Sean Spicer.

Trump steht wegen Verbindungen von Mitarbeitern nach Russland noch vor seiner Amtsübernahme unter Druck. Der Nationale Sicherheitsberater Michael Flynn war am Montag zurückgetreten, nachdem herausgekommen war, dass er nach Trumps Wahlsieg mit dem russischen Botschafter in Washington über US-Sanktionen gegen Russland gesprochen und später falsche Angaben darüber gemacht hatte. Er habe "unbeabsichtigt den designierten Vizepräsidenten und andere mit unvollständigen Informationen über meine Telefongespräche mit dem russischen Botschafter unterrichtet", hieß es in Flynns Rücktrittsschreiben.

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