Europarat rüffelt:

“Bundesregierung muss Korruption besser bekämpfen”

Österreich
13.02.2017 07:10

Rüffel für die Bundesregierung in Wien: Der Europarat hat Österreich zu mehr Anstrengungen beim Kampf gegen Bestechung von Parlamentsabgeordneten aufgefordert. Außerdem sollen Mandatare Vermögen melden müssen, beim Thema Geschenkannahmen werden zu viele "Schattenzonen" geortet. Das Lobbying-Gesetz soll daher nachgeschärft werden.

Mit dem in der Nacht auf Montag veröffentlichten Bericht der Staatengruppe gegen Korruption (Greco) kommen weitere Empfehlungen für Abgeordnete, Richter und Staatsanwälte dazu. So vermissen die Antikorruptionsexperten einen Ethik- und Verhaltenskodex für Parlamentsabgeordnete.

Geschenke, Zuwendungen, Begünstigungen
Sie müssen zwar seit 2013 melden, welche Nebenjobs sie ausüben. Doch gebe es weiterhin "Schattenzonen" was Geschenke, Zuwendungen und Begünstigungen betreffe. Zudem sei nicht geregelt, wie mit Interessenskonflikten umzugehen ist - also ob es für einen Abgeordneten problematisch wäre, Gesetze zu Themen vorzuschlagen, an denen er wirtschaftlich interessiert ist.

Wert mancher "Geschenke" schwer messbar
Das Antikorruptionsgesetz erlaube Geschenke mit einem Wert unter 100 Euro, stellten die Experten weiter fest. Diese Grenze sei aber "problematisch", weil bestimmte Begünstigungen oder Vorzugsbehandlungen nicht beziffert werden könnten.

Verhaltenskodex für Parlamentarier gefordert
Die Expertengruppe fordert einen klaren Verhaltenskodex für die österreichischen Parlamentarier, der auch veröffentlicht werden sollte. Notwendig seien unter anderem strengere Regeln hinsichtlich der Kontakte von Abgeordneten mit Dritten, die ihre Entscheidungen beeinflussen könnten - etwa Lobbyisten, Gewerkschaften oder Nichtregierungsorganisationen.

Keine Mittel gegen Interessenskonflikte
Auch gebe es "keine politische Linie", um Interessenskonflikte bei der Verabschiedung bestimmter Gesetze zu unterbinden, heißt es in dem Bericht weiter. Das gelte etwa für den Fall, dass ein Abgeordneter oder sein Partner wirtschaftliche Interessen in einem bestimmten Bereich hätten. Die Abgeordneten sollten daher verpflichtet werden, bei bestimmten Gesetzgebungsverfahren mögliche Interessenkonflikte ad hoc öffentlich zu erklären - in den Ausschüssen oder im Plenum.

Mängel auch in der Justiz
Mängel sehen die Europarats-Experten auch in der Justiz - konkret bei den neuen Verwaltungsgerichten. Deren Richter fallen nämlich nicht unter das Richterdienstrecht, sondern gelten (außer in Wien) als Vertragsbedienstete. Der Bericht plädiert daher sowohl für einheitliche Schutzmechanismen als auch für Vorgaben bezüglich Unabhängigkeit und Integrität, denn der Berufsverhaltenskodex der Richter gilt für Verwaltungsrichter nicht.

Außerdem wollen die Experten, dass Verfahren an Verwaltungsgerichten öffentlich abgehalten werden. Öffentliche Verhandlungen seien "eine wichtige Absicherung gegen das Risiko willkürlicher Entscheidungen und Parteilichkeit eines Richters", heißt es im Bericht. Für alle Richter wünschen sich die Experten außerdem regelmäßige Leistungsbeurteilungen.

Der Bericht beruht auf einer mehrtägigen Informationsreise von vier Mitgliedern der Greco im April 2016. Dabei hatten die Experten des Europarats in Wien unter anderem mit Vertretern der Regierung, des Parlaments sowie von Nichtregierungsorganisationen gesprochen. Österreich gehört der Greco seit 2006 an. Seither hat das Gremium die Regierung in Wien wiederholt aufgefordert, aktive und passive Bestechung energischer zu bekämpfen. Drei frühere Berichte befassten sich mit Korruptionsaffären im öffentlichen Dienst - etwa bei Polizei und Justiz, Zoll- und Steuerbehörden.

Der 1999 gegründeten Greco gehören Experten aus den 47 Europaratsländern sowie aus den USA an. Sie bewerten in regelmäßigen Abständen die Bemühungen der Staaten im Kampf gegen Korruption, formulieren Empfehlungen an die Regierungen und prüfen, inwieweit diese umgesetzt werden.

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