Turbulente Zeiten!

Finanzskandal: 6 Fragen zu den jüngsten Anklagen

Salzburg
05.02.2017 11:00

Wer wusste wann über den Stadt-Land-Deal Bescheid? Das ist nur eine der Fragen, auf die das Gericht jetzt eine Antwort finden muss. Sechs andere Fragen rund um die jüngsten Anklagen im Finanzskandal können allerdings jetzt schon beantwortet werden.

1. Worauf stützt sich die Anklage überhaupt?
Vorrangig auf E-Mails, die die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft  bei insgesamt drei Hausdurchsuchungen im Schloss Mirabell sichergestellt hat.  Auslöser hierfür war eine anonyme Anzeige. Aus rund zwei Dutzend  E-Mails aus dem Jahr 2007 zitiert die Staatsanwaltschaft dabei in ihrer 69-seitigen Anklageschrift. Aber auch sichergestellte Unterlagen, wie Kalendereinträge für Besprechungen werden angeführt. Zudem  werden sieben Zeugen für die Hauptverhandlung benannt, darunter jener Mann, der behauptet, er wäre 2007 Ohrenzeuge bei einem Gespräch zwischen dem Bürgermeister und der damaligen Landeshauptfrau Gabi Burgstaller gewesen, wo es um die Übernahme "fauler Papiere" ging. Außerdem beantragt die Staatsanwaltschaft die Ladung des Sachverständigen Dr. Christian Imo. Er hatte in ihrem Auftrag ein Gutachten erstellt, worin er die Schadenssumme für das Land durch die Übernahme der Derivatgeschäfte auf 4,8 Millionen Euro bezifferte.

2. Was muss das Gericht nun klären?
Vorrangig geht es auch um die Frage, wer wann über den Stadt-Land-Deal Bescheid wusste und wer ihn veranlasst hat.  Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass es eine politische Einigung im Vorfeld gegeben hat,  die Beschuldigten sprechen hingegen von einer Einigung auf Beamten-Ebene. Konkret geht es dabei um den Vorwurf, es habe eine mündliche Vereinbarung für die Übernahme von sechs negativen Zinstauschgeschäften  zwischen Bürgermeister Schaden und seinem Parteikollegen, Ex-Landesrat Othmar Raus,  gegeben, was beide aber bestreiten. Geklärt werden muss auch, welches Interesse das Land  damals gehabt haben könnte, das negative Portfolio von der Stadt zu übernehmen.

3. Wann wird es eine Entscheidung geben?
Das kann noch einige Zeit dauern. Das Gericht muss jetzt erst  entscheiden, ob es das Hauptverfahren eröffnet, einen zuständigen Richter benennen und einen Termin festlegen. Aktuell  läuft noch die in der Prozessordnung vorgeschriebene 14-tägige Einspruchsfrist.  Die Anklageschrift selbst ist  auf den 1. Februar 2017 datiert. Vor Gericht werden dann die Beweise aufgenommen, Zeugen angehört, die Angeklagten kommen zu Wort und  die Urkunden werden in Augenschein genommen.  Weil insgesamt sieben Personen angeklagt sind und die Beweisführung in diesem Fall sehr umfangreich ist, wird es voraussichtlich mehrere Termine geben. Der Vorwurf lautet bei zwei der Beschuldigten, nämlich Monika Rathgeber und einem früheren Mitarbeiter von ihr, auf Untreue. Bei den anderen fünf Angeklagten, darunter  der Bürgermeister, der jetzige Magistratsdirektor und der frühere LH-Stellvertreter (seit 2007 im Ruhestand), auf  Beteiligung an der Untreue. Der Strafrahmen dabei liegt hierbei zwischen einem und zehn Jahren Freiheitsstrafe.

4. Wer wurde als Anwalt beauftragt?
Bürgermeister Schaden wird in dieser Angelegenheit von der Linzer Kanzlei Haslinger vertreten, Ex-LHstv. Othmar Raus von dem Grazer Anwalt Dr. Gerald Ruhri und Monika Rathgeber erneut  von dem Salzburger Anwalt Dr. Herbert Hübel.

5. Ist die Anklage ein Rücktrittsgrund?
Rein rechtlich nicht, denn eine Anklage ist keine Verurteilung. Innerhalb der politischen Landschaft in Salzburg ist man gespalten in dieser Frage. Während Bürgerliste und ÖVP derzeit keinen Rücktrittsgrund erkennen können, fordert die FPÖ politische Konsequenzen. Die NEOS drängen, dass der Bürgermeister das Amt ruhend stellen soll, damit seine beiden Stellvertreter übernehmen können. "Das ist die alleinige Entscheidung des Bürgermeisters", hält sein Vize Harald Preuner (ÖVP) in der "Krone" dagegen. "Wir müssen uns das jetzt rechtlich erst sehr genau anschauen. Es geht derzeit auch um die Frage, ob und wie sich die Stadt im Falle einer Verurteilung als Privatbeteiligte anschließt."  Der Bürgermeister selbst schließt einen Rücktritt aus: Er bestreitet die Vorwürfe  "Ich bin mir keiner Schuld bewusst"  und möchte mit "aller Kraft" für die Stadt weiter arbeiten. Allerdings wird er sowieso regulär mit dieser Amtsperiode ausscheiden, weil er schon 2016  angekündigt hatte, nicht mehr kandidieren zu wollen.

6. Was kommt da noch auf die Stadt zu?
Ein Thema, das gerade innerparteilich diskutiert wird, ist die Übernahme der Verteidigungskosten der Beschuldigten durch die Stadt. Hierzu gibt es laut "Krone"-Infos scheinbar unterschiedliche Auffassungen über die Rechtskonformität. Die Entscheidung geht auf einen Beschluss des Stadtsenats von  2016 zurück. FPÖ und NEOS waren damals dagegen, SPÖ, ÖVP und Bürgerliste dafür. "Aus rechtlicher Sicht ist es klar, dass die Stadt als Dienstgeber im Rahmen der Fürsorgepflicht die Kosten der Verteidigung bei einem Mitarbeiter  vorläufig übernimmt", so GR und Juristin Ingeborg Haller (BL).  Rückforderungen wären im Falle einer Verurteilung möglich. Diskussionen habe es im Vorfeld über die Frage gegeben, ob das auch für politische Funktionäre gilt.

ANNA DOBLER, Kronen Zeitung

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