Tourismus skeptisch

Was das Burkaverbot für Wien bedeutet

Österreich
31.01.2017 16:55

"In meinem Heimatbezirk, in Ottakring, habe ich noch gar keine Burkaträgerin gesehen", sagte Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) erst im August des Vorjahres. Nach dem Koalitionspakt und dem darin festgehaltenen Verbot der Vollverschleierung wird er das wohl auch so schnell nicht mehr. Die Frage, die sich stellt: Was bedeutet das neue Gesetz für die Bundeshauptstadt?

150 Euro sollen Burka- oder Niqab-Trägerinnen bezahlen müssen, wenn sie mit dem Gesichtsschleier erwischt werden - Kritik kommt etwa von Carla Amina Baghajati, der Sprecherin der Islamischen Glaubensgemeinschaft.

"Zum Teil schadet das dem Tourismus!"
Sorgen bereitet das Verbot vor allem den Touristikern. Während man in Wien noch bis zur Ausformulierung des Gesetzes warten will, bevor man Stellung bezieht, sagt etwa Albert Ebner von der Wirtschaftskammer Salzburg: "Zum Teil schadet das dem Tourismus!" Zell am See sei, wie eben auch Wien, bei arabischen Touristen besonders beliebt.

Wobei die Phase des großen Ansturms womöglich vorbei ist: Im Vorjahr kam es in der Bundeshauptstadt zu 117.000 Nächtigungen von Gästen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, das sind um 5 Prozent weniger als 2015. Noch eindeutiger wird die Bilanz bei anderen Herkunftsländern wie Saudi-Arabien mit 83.000 Nächtigungen (-8%) oder anderen arabischen Ländern wie Jemen, Irak, Jordanien und Katar mit insgesamt 156.000 Nächtigungen (-21%).

Einer der Gründe für den Rückgang sind laut Wien Tourismus Terroranschläge wie in Paris, Berlin oder Brüssel, die den europäischen Markt für arabische Touristen unattraktiver werden lassen.

Positive Erfahrungen in der Schweiz
Die momentane Sorge vieler Hoteliers: Mit dem Vollverschleierungs-Verbot reisen ganze Familien, die aus bis zu 15 Mitgliedern bestehen, in andere Länder. Die Erfahrung, etwa aus der Schweiz aber zeigt: Arabische Touristen akzeptieren die neue Gesetzeslage. Die erste Bilanz der Tessiner Polizei: In sechs Fällen seien verschleierte Frauen angehalten worden und mittels eines Flugblattes informiert worden. Alle sechs Frauen hätten den Schleier abgelegt und sich entschuldigt.

"Betrifft Frauen in der City und in Lech"
Als Stadtrat für Bildung und Integration hat Jürgen Czernohorszky (39) alles andere als ein Ressort mit "Wohlfühlthemen" übernommen. Im "Krone"-Interview nimmt er Stellung zur aktuellen Burka-Diskussion und dazu, wer Häupl als Bürgermeister folgen soll.

"Krone": Herr Stadtrat, Sie werden oft als "Zukunftshoffnung" und als Bürgermeister-Nachfolger beschrieben. Ehrt oder nervt das?
Jürgen Czernohorszky: Ganz ehrlich, es nervt. Und ich habe eine klare Überzeugung, wer Bürgermeister bleiben soll: Michael Häupl.

Im neuen Regierungsprogramm wurde die Vollverschleierung untersagt. Braucht Wien ein Burka-Verbot?
Es handelt sich dabei nicht mehr als um Symbolpolitik. Es betrifft mehr Frauen in der Wiener Innenstadt und in Lech am Arlberg als sonst wo. Es haut mich deshalb nicht vom Hocker. Viel wichtiger ist, dass das Integrationsjahr - also Integration ab dem ersten Tag - beschlossen wurde. Insgesamt sind mir diese konkreten Maßnahmen viel wichtiger.

Außerdem hat die Regierung ein Kopftuchverbot für Angestellte im öffentlichen Dienst beschlossen. Kommt das Verbot für Lehrerinnen?
Es handelt sich um ein Neutralitätsgebot. Das finde ich für Berufsfelder mit Kleidungsvorschriften legitim. Wenn gemeinsam mit den Religionsgemeinschaften diskutiert wird, ob und wie diese Verordnung auf andere Bereiche umzulegen wäre, ist das ein guter Weg.

Wenn sich die Religionsgemeinschaften für ein Kopftuchverbot in Schulen aussprechen, wären Sie dafür?
Ich bin dafür, es gemeinsam zu klären. Es gibt in Schulen keine Kleidungsvorschrift und es gelten Freiräume für Religionen. Ob es für diesen großen Raum am Ende eine Einigung für ein Neutralitätsgebot gibt, wird man sehen.

Soll das Kreuz dann im Klassenzimmer runtergenommen werden?
Besonders im Zusammenhang mit Integration gibt es für den Wiener Bildungsstadtrat viele Aufgaben. Mit welchen Mehrheiten Kreuze abgenommen werden müssen, ist zum Glück eine Angelegenheit des Bundes und nicht meine.

Was werden Sie besser machen als Ihre Vorgängerin Sandra Frauenberger?
Mein Ziel ist es, die Aufgabe gut zu machen und an meinen eigenen Taten gemessen zu werden.

Michael Pommer, Maida Dedagic und
Isabella Kubicek (Interview), Kronen Zeitung

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