Wahr oder falsch?

Algorithmus soll Fake News in Echtzeit erkennen

Web
26.01.2017 12:18

Der Faktencheck wird anspruchsvoller: Über soziale Medien kann inzwischen jeder zum Spaß, aus politischen Gründen oder schlichweg für Geld falsche Informationen veröffentlichen. Ein internationales Forscherteam unter Beteiligung der Modul University Vienna hat daher nun ein Online-Tool entwickelt, mit dem sich herausfinden lassen soll, ob eine Geschichte wahr oder falsch ist - und das in Echtzeit.

Das Tool soll unter anderem auswerten, welche Quelle hinter einem Gerücht steht, deren Geschichte und Hintergrund, wie sich ein Gerücht geografisch verbreitet bzw. welche Online-Meinungsführer zu dieser Verbreitung beigetragen haben. So könnten sich auch sogenannte Social Bots identifizieren lassen. Außerdem werden die Kommentare und Reaktionen analysiert, um die Glaubwürdigkeit besser einschätzen zu können.

Vier Typen sollen dabei unterschieden werden: Spekulation (etwa ob die Zinsen steigen), Kontroverse (beispielsweise über Impfungen), Fehlinformation (etwas Unwahres wird unwissentlich verbreitet) und Desinformation (mit Vorsatz). "Wichtig ist: Das System ist so konzipiert, dass es Hilfestellungen bieten kann, aber nicht automatisch zensurieren soll. Wir erzeugen zusätzliche Metadaten, um Menschen die Beurteilung zu erleichtern", stellte Arno Scharl, Leiter des Instituts für Neue Medientechnologie an der Modul University Vienna klar.

Umfassende Analyse
Das Tool kann demnach einerseits eine Übersicht aller neuen Themen liefern, die gerade entstehen, andererseits aber auch gezielt nach bestimmten Geschichten suchen. Dabei würden nicht nur das ursprüngliche Posting oder der für die Diskussion verantwortliche Tweet analysiert, sondern auch alle Reaktionen und zusammengehörenden Dokumente. "Wenn man nur einen einzigen Tweet betrachtet, hat man sehr wenig Information. Für Rückschlüsse über den Wahrheitsgehalt muss man umfassender vorgehen", so Scharl.

Untersucht werde daher, wer die Geschichte ins Rollen gebracht habe, wie sie sich verbreitet und wie viele Personen diese kommentiert haben. "Dann klassifiziert man diese Kommentare danach, ob sie die Originalaussage unterstützen, sie bezweifeln bzw. sagen, das stimmt nicht, und andere, die beispielsweise eine Frage dazu stellen", erläutert der Experte. So lasse sich nicht nur der Wahrheitsgehalt abfragen, sondern beispielsweise auch herausfinden, wie viele Pro- und Kontra-Stimmen es gebe, beziehungsweise unterstützende Erklärungen herausfiltern.

Empirischer Abgleich mit dem Bauchgefühl
Anwendung finden soll das System unter anderem im Medienbereich. So wurde ein Tool entwickelt, mit dem Journalisten Nachrichten nach dem Wahrheitsgehalt sortieren können. "Das Bauchgefühl lässt sich mit empirischen Daten abgleichen. Ich muss mir nicht alle Tweets durchlesen, sondern kann mir durch die strukturierte Analyse der Pro- und Kontra-Stimmen schneller ein Bild machen. Das macht die Arbeit der Journalisten effizienter", ist Scharl überzeugt.

Ideal wäre so etwas laut Scharl auch für Dienstleister, die im Auftrag von Plattformen Falschmeldungen identifizieren sollen. So will Facebook künftig "Fake News" kennzeichnen, aber nicht entscheiden, "was die Wahrheit ist". Also wird diese Entscheidung an Dritte ausgelagert - in Deutschland beispielsweise an das Recherchezentrum Correctiv. "Für ein Team, das diese Aufgabe hat, sind Indikatoren, ob etwas wahr oder falsch ist, sehr hilfreich. Aber keinem Tool sollte die endgültige Beurteilung überlassen werden."

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