Sternsinger-Debatte:

“Warum darf es keinen schwarzen König mehr geben?”

Österreich
06.01.2017 07:32

Am Dreikönigstag und am kommenden Wochenende sind in Österreich noch die Sternsinger unterwegs. Am Dienstag haben sie beim unterlegenen Bundespräsidentschaftskandidaten Norbert Hofer (FPÖ) vorbeigeschaut, der ein Foto davon auf Facebook gestellt hat. Seine Fans nahmen das sogleich zum Anlass, das Fehlen des Dunkelhäutigen der Heiligen Drei Könige zu beanstanden. Sie fragen sich: "Warum darf es keinen schwarzen König mehr geben?"

"Gerade haben mich die Sternsinger besucht. Ich freue mich, dass sich junge Menschen auf diese Art und Weise einsetzen, an unseren Traditionen festhalten und dabei auch noch Gutes tun", schrieb Hofer zu dem Bild, das er auf Facebook teilte:

Es zeigt vier Teenager, drei von ihnen, die Mädchen, als die Heiligen Drei Könige Caspar, Melchior und Balthasar. Mehr als 300 Facebook-Fans des Dritten Nationalratspräsidenten haben das Bild kommentiert - und die meisten fragen sich, warum keines der Mädchen schwarz bzw. schwarz geschminkt ist. Der Tenor: Österreich lasse sich diktieren, wie es mit seinem Brauchtum umzugehen habe.

"Ich spende nichts, wenn kein Mohr dabei ist"
"Wie blöd sind wir eigentlich?", fragt etwa ein Facebook-User. Eine Userin sagt: "Da sind nicht die Heiligen Drei Könige, wenn kein Mohr dabei ist. Und deshalb gebe ich auch keine Spende, wenn bei uns kein Mohr mitgeht." "Ist doch sehr traurig, dass es in Österreich so weit gekommen ist ... wir schaffen alles schön langsam ab. Heute der Mohr, morgen die Sternsinger und irgendwann wir uns selbst?", fragt sich ein weiterer User.

"Keine Satire kann toppen, was sich hier abspielt"
Lustig findet die Wortmeldungen eine weitere Userin: "Sorry, aber keine Satire kann toppen, was sich hier abspielt. Gerade hier, wo des Öfteren tiefrassistische Bemerkungen fallen, wird sich stundenlang darüber echauffiert, dass bei den Sternsingern kein Mohr oder 'Moor' dabei ist?"

Ähnlich geht es Twitter-Usern:

"Die Gründe sind meist ganz trivial"
Dabei ist meistens gar nicht die Angst, wegen des "Blackfacings" - dem schwarz Anmalen von Gesichtern, um Menschen dunkler Hautfarbe darzustellen - als rassistisch bezeichnet zu werden, der Grund, warum es nicht in jeder Sternsingergruppe einen schwarzen König gibt: "Ich war 15 Jahre selbst sternsingen und hab danach noch zehn Jahre die Sternsinger betreut", postet eine Frau auf Facebook unter dem Foto Hofers. "Bei uns gab es auch immer wieder mal Gruppen ohne Mohr." Die Gründe seien "meist ganz trivial".

"Die Eltern wollten nicht, dass ihre Kinder geschminkt werden (Farbe geht schwer ab, man braucht eine halbe Stunde zum Abschminken), oder die Kinder wollten nicht geschminkt werden, oder sie reagierten allergisch darauf, oder sie waren danach eingeladen und hatten keine Zeit zum Abschminken, oder oder oder. Eine Verschwörung gegen unser Brauchtum schließe ich auch in diesem Fall aus. Aber", so die Dame weiter, "man kann sich über alles aufregen. Das Wichtige, nämlich dass Kinder hier ihre Freizeit zur Verfügung stellen, um uns mit ihrem Besuch eine Freude zu bereiten und gleichzeitig Geld für Kinder sammeln, die nicht auf der richtigen Seite der Erde zur Welt kamen, wertet man mit diesen bescheuerten und aufgeregten Kommentaren halt ab."

"Es kann zu Ausschlägen kommen"
Auch dem Bayerischen Rundfunk haben Sternsinger und ihre Begleiter von der Regensburger Dompfarrei mögliche Allergien als den einen Grund angeführt, warum sich immer weniger der Heiligen Drei Könige das Gesicht schminken lassen: "Heute darf man das nicht mehr, denn es gibt Leute, die haben eine Allergie dagegen und wissen das nicht. Da kann es zu Ausschlägen kommen. Da haben wir die Verantwortung dafür, deswegen können wir das nicht mehr machen."

Auf Twitter sehen viele die Diskussion so, wie man sie eigentlich sehen sollte: mit Humor.

Die katholische Kirche in Deutschland veröffentlichte am Montag fünf Tipps für den Besuch der Sternsinger. Darin verraten sie ernst gemeint, aber mit heiterem Unterton, wie - und vor allem wie nicht - der Sternsingerbesuch "auch für den Hausherrn ein Erfolg wird": von "Nehmen Sie sich Zeit" statt eines "Passt scho!" bis "Notfalls ziehen Sie sie an den Ohren an den Kaffeetisch".

Der Mohr stellt den dritten Kontinent dar
Übrigens waren es nicht immer drei Könige, die dem Jesuskind ihre Gaben dargebracht haben sollen. In manchen Überlieferungen sind es vier, dann auch wieder nur zwei. Und es war auch nicht schon immer einer von ihnen schwarz. Erst ab dem 12. Jahrhundert wurde einer der Könige, die stellvertretend für die damals bekannten drei Kontinente Europa, Asien und Afrika standen, zum Mohren - meistens der jüngste von ihnen, Caspar. Aber auch Melchior oder Balthasar wurde bereits als Vertreter Afrikas auserkoren.

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