Der große Rückblick

Das waren die knappsten US-Wahlen der Geschichte

Ausland
08.11.2016 07:16

Die letzten Stunden im US-Wahlkampf sind angebrochen: Mit einem Sprint durch umkämpfte Bundesstaaten wollen die Kontrahenten Hillary Clinton und Donald Trump die möglicherweise entscheidenden Stimmen für ihren Sieg (Ergebnis steht in der Nacht auf Mittwoch fest) gewinnen. Alle Umfragen deuten auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen hin. Möglicherweise wird es sogar ähnlich knapp wie im Jahr 2000, als nur ein winziger Promille-Anteil der amerikanischen Wähler den Ausschlag für den Sieg von George W. Bush gegen Al Gore gegeben hatte. Damals gewann Bush sogar ohne Stimmenmehrheit. Die knappsten Entscheidungen im Rennen um das Weiße Haus im krone.at-Rückblick:

Die Debatte um die Gerechtigkeit des Wahlmännersystems bei US-Präsidentschaftswahlen flammt immer dann wieder verstärkt auf, wenn die Wahlergebnisse besonders knapp sind oder sich Diskrepanzen zwischen dem Ergebnis der Volkswahl und jenem der Wahlmänner ergeben. Auch bei der Wahl am Dienstag zwischen Clinton und Trump deuten die Umfragen auf ein Fotofinish hin. In der Vergangenheit ging es bei US-Wahlen schon mehrfach sehr knapp zu.

2000: George W. Bush vs. Al Gore
Damals hatte der Demokrat Al Gore 543.895 Stimmen Vorsprung auf George W. Bush, das waren ganze 0,33 Prozent der insgesamt 103 Millionen abgegebenen Stimmen ("popular vote"). Genützt hat es ihm bekanntlich nichts, denn nach dem indirekten US-Wahlsystem erhielt er dafür nur 266 Wahlmänner ("electoral vote"). Zu wenig, Bush holte mit 271 die Mehrheit. Die Wahlbeteiligung lag bei 51,21 Prozent. Erst nach mehrwöchigem Streit um das Wahlergebnis im Bundesstaat Florida, in einem der sogenannten Swing States, entschied der Oberste Gerichtshof zugunsten von Bush. Am Ende lag der Republikaner in Florida mit 537 Stimmen vor Al Gore. Trotz höchstrichterlicher Überprüfung und Anordnung von Nachzählungen in einigen Wahlkreisen durch den Supreme Court ist der Wahlausgang bis heute umstritten.

2004: George W. Bush vs. John Kerry
Obwohl Amtsinhaber George W. Bush wegen seiner umstrittenen Außenpolitik ziemlich in der Kritik stand, gelang ihm die Wiederwahl. Das Ergebnis fiel weniger dramatisch aus als vier Jahre zuvor. Knapp wurde es dennoch: Bush siegte mit 286 Elektorenstimmen gegen 251 für seinen demokratischen Herausforderer John Kerry. Übrigens: George W. Bush gelang das, was seinem Vater verwehrt blieb - die Wiederwahl. Im Jahr 1992 vertrieb Bill Clinton George Bush senior mit "nur" 43 Prozent der Wählerstimmen aus dem Weißen Haus. Der Amtsinhaber unterlag mit 37,5 Prozent. 18,9 Prozent der Wähler stimmten für den unabhängigen Kandidaten H. Ross Perot. Da dieser aber in keinem Staat die Mehrheit errang, erhielt er auch keine Wahlmännerstimmen.

1960: John F. Kennedy vs. Richard Nixon
Auch 1960 war es ein äußerst knapper Wahlausgang nach Wählerstimmen, als der Demokrat John F. Kennedy den republikanischen Vizepräsidenten Richard Nixon um nur 118.574 Stimmen oder 0,17 Prozent der insgesamt 69 Millionen abgegebenen Stimmen distanzierte. Damals profitierte - anders als 2000 - der in Führung liegende Mann vom Wahlsystem: Kennedy hängte Nixon mit 303 zu 219 Wahlmännerstimmen ab.

1948: Harry S. Truman vs. Thomas Dewey
Dass auf Umfragen nicht immer Verlass ist, zeigt eine Anekdote von 1948. Damals hatten die Meinungsforscher vorausgesagt, der demokratische Präsident Harry S. Truman werde dem Republikaner Thomas Dewey unterliegen. Die "Chicago Tribune" ging so weit, am Morgen nach der Wahl auf der Titelseite den Sieg Deweys zu verkünden. In Wirklichkeit hatte Truman gewonnen: Er schlug den Republikaner damals mit 49,5 zu 45,1 Prozent.

1916: Woodrow Wilson vs. Charles Evans Hughes
Ein nach Wahlmännern knappes Rennen waren die Wahlen 1916. Damals schlug Amtsinhaber Woodrow Wilson seinen Herausforderer Charles Evans Hughes mit 277 zu 254 Elektoren. Er lag nach Wählerstimmen mit 49,2 zu 46,1 Prozent vorn.

1880: James Garfield vs. Winfield Hancock
1880 gab es das in absoluten Zahlen bis heute knappste Ergebnisse bei einer US-Präsidentenwahl: Der Republikaner James Garfield triumphierte über den Demokraten Winfield Hancock mit einem Vorsprung von nur 0,2 Prozent (48,27 zu 48,25 Prozent) - weniger als 2000 der insgesamt 8,9 Millionen abgegebenen Stimmen gaben den Ausschlag. Garfield sicherte sich damit 214 Wahlmänner, Hancock nur 155.

1876: Rutherford Hayes vs. Samuel Tilden
Um ein noch knapperes Ergebnis zu finden, muss man bis ins Jahr 1876 zurückgehen: Wie im Jahr 2000 hatte auch damals der Demokrat, Samuel Tilden, seinen republikanischen Gegner, Rutherford Hayes, nach Stimmen geschlagen. Nach einem undurchsichtigen Parteienkompromiss um die Stimmen mehrerer Staaten wurden diese aber alle Hayes zugeschlagen: Der Republikaner gewann mit 185 zu 184 Wahlmännerstimmen.

Video: Die Geschichte der US-Wahlen seit 1964

43 Präsidenten, aber 44 Einträge
Nicht zuletzt zählt auch die traditionelle Nummerierung der US-Präsidenten zu den Eigenheiten im Zusammenhang mit dem mächtigsten Staatsoberhaupt der Welt. Sie bezieht sich auf die fortlaufende Zahl der Präsidenten und nicht auf die Zahl der Amtszeiten. Wenn also ein Präsident zwei (oder, wie Franklin D. Roosevelt, mehr) Amtszeiten in Folge absolvierte, wird er trotzdem nur einmal gezählt. Grover Cleveland, der zwei Amtszeiten absolvierte, die nicht direkt aufeinanderfolgten, wird daher als 22. und als 24. Präsident geführt, somit hat die Liste für 43 Präsidenten 44 Einträge.

1. George Washington, 1789 - 1797
2. John Adams, 1797 - 1801 (Föderalist)
3. Thomas Jefferson, 1801 - 1809 (Demokrat)
4. James Madison, 1809 - 1817 (Demokrat)
5. James Monroe, 1817 - 1825 (Demokrat)
6. John Quincy Adams, 1825 - 1829 (Demokrat)
7. Andrew Jackson, 1829 - 1837 (Demokrat)
8. Martin Van Buren, 1837 - 1841 (Demokrat)
9. William Harrison, 1841 (Whig)
10. John Tyler, 1841 - 1845 (Demokrat)
11. James Polk, 1845 - 1849 (Demokrat)
12. Zachary Taylor, 1849 - 1850 (Whig)
13. Millard Fillmore, 1850 - 1853 (Whig)
14. Franklin Pierce, 1853 - 1857 (Demokrat)
15. James Buchanan, 1857 - 1861 (Demokrat)
16. Abraham Lincoln, 1861 - 1865 (Republikaner)
17. Andrew Johnson, 1865 - 1869 (Demokrat)
18. Ulysses Grant, 1869 - 1877 (Republikaner)
19. Rutherford Hayes, 1877 - 1881 (Republikaner)
20. James Garfield, 1881 (Republikaner)
21. Chester Arthur, 1881 - 1885 (Republikaner)
22. Grover Cleveland, 1885 - 1889 (Demokrat)
23. Benjamin Harrison, 1889 - 1893 (Republikaner)
24. Grover Cleveland, 1893 - 1897 (Demokrat)
25. William McKinley, 1897 - 1901 (Republikaner)
26. Theodore Roosevelt, 1901 - 1909 (Republikaner)
27. William Taft, 1909 - 1913 (Republikaner)
28. Woodrow Wilson, 1913 - 1921 (Demokrat)
29. Warren Harding, 1921 - 1923 (Republikaner)
30. Calvin Coolidge, 1923 - 1929 (Republikaner)
31. Herbert Hoover, 1929 - 1933 (Republikaner)
32. Franklin Roosevelt, 1933 - 1945 (Demokrat)
33. Harry Truman, 1945 - 1953 (Demokrat)
34. Dwight Eisenhower, 1953- 1961 (Republikaner)
35. John F. Kennedy, 1961 - 1963 (Demokrat)
36. Lyndon Johnson, 1963 - 1969 (Demokrat)
37. Richard Nixon, 1969- 1974 (Republikaner)
38. Gerald Ford, 1974 - 1977 (Republikaner)
39. Jimmy Carter, 1977 - 1981 (Demokrat)
40. Ronald Reagan, 1981 - 1989 (Republikaner)
41. George H.W. Bush, 1989 - 1993 (Republikaner)
42. Bill Clinton, 1993 - 2001 (Demokrat)
43. George W. Bush, 2001 - 20.1.2009 (Republikaner)
44. Barack Obama, seit 20.1.2009 (Demokrat)
45. Hillary Clinton oder Donald Trump?

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