Hat sie raubkopiert?

Oma (86) soll 5000 Dollar für Mutanten-Game zahlen

Web
02.11.2016 11:41

In der kanadischen Provinz Ontario hat eine 86-jährige Rentnerin ein Anwaltsschreiben erhalten, in dem sie beschuldigt wird, das Mutanten-Computerspiel "Metro 2033" illegal heruntergeladen zu haben. Die betagte Dame kennt das Game nicht einmal, soll aber 5000 Dollar für den entstandenen Schaden zahlen.

In Kanada ist seit einigen Monaten ein neues Gesetz in Kraft, das Internet-Provider dazu verpflichtet, Anwaltsschreiben wegen angeblicher Urheberrechtsverstöße in Zusammenhang mit einer bestimmten IP-Adresse an die Inhaber des Anschlusses weiterzuleiten. Wie das Filesharing-Nachrichtenportal "Torrentfreak" berichtet, haben so bereits Zehntausende Bürger Abmahnungen erhalten. Eine der Empfängerinnen war die 86-jährige Christine McMillan.

Im Gespräch mit dem TV-Sender CBC erklärt McMillan: "Sie haben mir nicht gesagt, wie viel ich ihnen schulde. Sie haben nur gesagt, dass ich, wenn ich nicht kooperiere, mit einer Strafe von 5000 Dollar rechnen muss und sofort mit meiner Kreditkarte bezahlen kann." Dabei kenne sie das fragliche Spiel nicht einmal. Sie sagt: "Ich fand das ziemlich schockierend. Ich bin 86 Jahre alt, niemand außer mit hat Zugang zu meinem Computer. Warum sollte ich ein Kriegsspiel runterladen?"

Gesetz erzeugte Hunderttausende Abmahnungen
Die Rentnerin forschte bei ihrem Internet-Provider nach. Dort erklärte man ihr, das Anwaltsschreiben sei echt und man komme lediglich der gesetzlichen Pflicht nach, es an den Anschlussinhaber weiterzuleiten. Identifiziert werden die Anschlussinhaber auf Basis der IP-Adresse, der die Content-Industrie Verstöße gegen das Urheberrecht anlastet. Das ursprüngliche Ziel des Gesetzes war, der Content-Industrie einen schnellen und zuverlässigen Weg zu bieten, um gegen Filesharing vorzugehen.

Seit der Einführung des Gesetzes wurden Hunderttausende Abmahnschreiben verschickt - oft mit Geldforderungen wie im Fall von Christine McMillan. Die Jagd auf angebliche Raubkopierer wird dabei von privaten Unternehmen durchgeführt, die im Auftrag der Film-, Musik- und Spiele-Industrie im Netz nach Filesharern suchen. Für die Rentnerin ist das unverständlich. "Für mich sieht das nach dummer Gesetzgebung aus. Dass einen jemand über das Internet bedrohen kann, ist für mich Einschüchterung und ich kann nicht glauben, dass die Regierung so etwas unterstützen würde", klagt McMillan.

Kanadier zahlten bereits Hunderttausende Dollar
Piraterie-Jäger wie Barry Logan von der Firma Canipre sehen das naturgemäß anders. Sie sehen in ihrer Arbeit ein Mittel, um ihren Kunden zu helfen, die Öffentlichkeit über Piraterie und Diebstahl aufzuklären, erklärt Logan. Dass in den Abmahnungen, die sein Unternehmen verschickt, Empfänger bedroht würden, weist er zurück. Die bedrohliche Sprache in den Abmahnungen überschreite keine Grenzen.

Ausgezahlt haben sich die Hunderttausenden Abmahnungen für Firmen wie Canipre und die Content-Industrie jedenfalls bereits. Seit Inkrafttreten des Gesetzes habe man mit Schreiben wie jenem an Christine McMillan bereits 500.000 Dollar für die Rechteinhaber erstritten.

Christine McMillan will nicht für "Metro 2033" zahlen
Die 86-Jährige will allerdings nicht für ein Mutanten-Game zahlen, das sie nicht einmal kennt. Sie ging mit den Abmahnungen, die sie erhalten hat, an die Öffentlichkeit - und könnte damit dazu beigetragen haben, dass der Gesetzgeber das Anti-Piraterie-Gesetz, das Provider zur Weitergabe von Abmahnungen verpflichtet, im kommenden Jahr nochmals unter die Lupe nehmen will.

Unklar bleibt derweil, wie die Piraterie-Jäger überhaupt auf die 86-Jährige aufmerksam wurden. Im Gespräch mit CBC äußert der Netzwerktechniker Will Knoll aber den Verdacht, ein Dritter könnte über das ungesicherte WLAN der Christine McMillan das Spiel heruntergeladen haben. Generell gibt er zu bedenken: "Es ist schwer bis unmöglich, einen Zusammenhang zwischen der IP-Adresse und einem Individuum in einem Haus herzustellen oder das forensisch zu beweisen. Vor allem, wenn die Verletzungen Monate zurückliegen." Der Download, der McMillan vorgeworfen wird, soll sich im Mai zugetragen haben.

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