Putsch vereitelt?

Prowestliches Lager gewinnt Wahl in Montenegro

Ausland
17.10.2016 08:57

Bei der Parlamentswahl in Montenegro ist die prowestliche Partei von Ministerpräsident Milo Djukanovic erneut stärkste Kraft geworden. Nach Auszählung fast aller Stimmen kam die Demokratische Partei der Sozialisten (DPS) am Sonntagabend auf gut 40 Prozent. Überschattet wurde der Wahlgang von einem angeblichen Putschversuch einer Gruppe serbischer Extremisten.

Djukanovic, der trotz des Widerstands der Opposition sein Land in die NATO führen will, wird somit erneut auf Partner angewiesen sein. Im Zentrum der Wahl in dem Kleinstaat mit rund 640.000 Einwohnern stand die Frage, ob sich das Balkanland enger an den Westen oder an Russland binden soll. Djukanovic strebt zum Missfallen Moskaus den Beitritt zur NATO sowie zur EU an. Die prorussische Demokratische Front (DF) lehnt dies vehement ab, doch kam die Oppositionspartei nur auf etwa 20 Prozent.

Wahlbeteiligung bei rund 73 Prozent
Die beiden anderen Oppositionsparteien Kljuc (Schlüssel) und die Demokraten Montenegros, die einen EU-Beitritt befürworten, aber ein Referendum über den NATO-Beitritt fordern, erhielten jeweils etwa zehn Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 73 Prozent. Djukanovic, der "das Ausmaß des Siegs der DPS" feierte, zählt auf die kleinen Parteien der bosnischen, albanischen und kroatischen Minderheiten, um eine Koalition zu bilden. Mit dem Wahlsieg werde es möglich sein, "das Protokoll zum Beitritt zur NATO zu ratifizieren", sagte er. Auch könne die Regierung die Beitrittsgespräche mit der EU verstärken. Djukanovic führt Montenegro bereits seit einem Vierteljahrhundert, Kritiker werfen ihm autoritäres Gebaren vor.

Vor Wahl 20 Serben festgenommen
Zu der Mitteilung der Polizei, durch Festnahmen ein Komplott einer serbischen Extremistengruppe zum Sturz der Regierung verhindert zu haben, äußerte sich der Ministerpräsident nicht. Der DF-Vorsitzende Andrija Mandic hingegen bezeichnete sie als "plumpe Propaganda". Serbiens Ministerpräsident Alexander Vucic äußerte sich überrascht, "dass dies heute geschieht", und sagte, es sei besser, dass "ich mir drei Mal auf die Zunge beiße und schweige".

Die Polizei hatte mitgeteilt, in der Nacht auf Sonntag 20 Serben verhaftet zu haben, die bewaffnete "Angriffe" geplant hätten. Demnach wollten die Verschwörer die Menge attackieren, die vor dem Parlament am Abend die Verkündung der Wahlergebnisse erwartet. Zudem hätten sie Djukanovic gefangen nehmen, die Kontrolle über das Parlament ergreifen und den "Sieg gewisser Parteien" verkünden wollen.

Als Anführer der Gruppe wurde laut Medienberichten der frühere serbische Gendarmerie-General Bratislav Dikic identifiziert, der sich in einem Veteranverband engagiert und öffentlich gegen den Beitritt Montenegros zur NATO geäußert hatte. Nach der Festnahme der Verdächtigen riefen das Innenministerium ebenso wie die orthodoxe Kirche und die DF die Bürger auf, nicht zu Kundgebungen auf die Straße zu gehen.

Serbien und Montenegro unterhalten seit langem schwierige Beziehungen. Zum einen hatte sich Podgorica vor zehn Jahren vom Staatenbund Serbien-Montenegro losgesagt. Zum anderen sorgt für Spannungen, dass Montenegro die Unabhängigkeit des Kosovo anerkannt hat. Serbien und Russland betrachten den Kosovo dagegen nach wie vor als serbische Provinz.

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