"Eine gmahte Wiesn"

Hasspostings: Grüne klagen erstmals Facebook

Web
16.09.2016 17:54

Nach mehreren Klagen gegen Facebook-Hassposter gehen die Grünen nun erstmals gegen das soziale Netzwerk selbst rechtlich vor. Wie der grüne Mediensprecher Dieter Brosz und die Anwältin der Grünen, Maria Windhager, am Freitag erklärten, hat Parteiobfrau Eva Glawischnig am Freitag am Handelsgericht Wien Klage gegen Facebook eingereicht. Der Streitwert: 69.500 Euro. Seitens Facebook gab es am späten Freitagnachmittag zwar eine Reaktion, näher auf die Klage eingehen wollte man dort allerdings nicht.

Geklagt wird die Facebook Ireland Limited mit Sitz in Dublin, eine englische Übersetzung der Klage haben die Grünen bereits beigelegt. Somit müsste der Fall in letzter Instanz vor dem Obersten Gerichtshof landen, führte Windhager aus. Die Grünen wollen, dass Facebook seine Geschäftspraxis ändert und mehr gegen Hasspostings unternimmt.

"Eine gmahte Wiesn"
Den Fall selbst sehen die Grünen als unstrittig, es handle sich um den Tatbestand der üblen Nachrede sowie der Ehrenbeleidigung. "Eine gmahte Wiesn", so Windhager. Facebook sei in der Verantwortung, weil ein Posting trotz Aufforderung der Grünen nicht gelöscht wurde. Darüber hinaus stellten die Grünen einen Antrag auf Herausgabe der Userdaten.

Hassposting via Fakeprofil
Die Facebook-Userin "Michaela Jaskova" - ein Fakeprofil - hatte Glawischnig im April dieses Jahres als "miese Volksverräterin" und "korrupten Trampel" bezeichnet. Das Posting ist nach wie vor abrufbar. Laut den Grünen hat dieses Facebook-Profil auch die Krebsgerüchte gegen Präsidentschaftskandidat Alexander Van der Bellen als erstes verbreitet. Aus Sicht der Grünen also ein guter Anlassfall.

"Es reicht", sagte Brosz. Viele Hassposter stünden in einem Naheverhältnis zur FPÖ, seien Mitglieder in Gruppen wie "Unsere Blaue Seite". Wenn der Urheber nicht bekannt sei, sei ein rechtliches Vorgehen gegen Hassposter fast unmöglich. Facebook gebe Nutzerdaten von Fakeprofilen nur auf richterliche Anordnung heraus, ein Fakeprofil könne man aber nicht klagen. "Hier beißt sich die Katze in den Schwanz", sagte Windhager. Facebook verhindere so eine Strafverfolgung.

Die Grünen sehen es als ihre politische Aufgabe, gegen Hass im Internet vorzugehen. Im vergangenen Jahr wurden 40 Verfahren, meist gegen Privatpersonen, geführt. Das Zwischenfazit: Die österreichische Rechtslage biete grundsätzlich einen guten Schutz, problematisch sei aber, dass Facebook sich mit nationalen Gesetzen wie dem E-Commerce-Gesetz oder dem Verbotsgesetz nicht oder nicht ausreichend auseinandersetze.

So hat ein Facebook-Nutzer für Glawischnig eine Gaskammer gefordert. Die Grünen meldeten den Kommentar, Facebook sah aber keinen Vorstoß gegen die "Community Standards". Brosz beklagt, dass Facebook zwar PR-Agenturen in den Ländern beschäftigt, aber keine Rechtsanwälte. "Ein internationaler Konzern kann darauf nicht pfeifen", sagte Brosz. Ein weiterer Kritikpunkt: Facebook lösche nicht, sondern sperre lediglich den Zugriff, aus anderen Ländern seien "gelöschte" Postings weiter abrufbar. Für Windhager keine grundlegende Entfernung.

"Verzögerungstaktik" absehbar
Für die Grünen ist für die Facebook-Klage ein Gericht jenes Landes zuständig, in dem sich das Unrecht verwirklicht hat, also Österreich. Zudem sei Glawischnigs Interessensmittelpunkt Wien. Brosz rechnet aber mit einer "Verzögerungs- und Verschleierungstaktik" seitens Facebook. "Das werden wir aushalten, auch finanziell", so Brosz. Es könne auch nicht im Sinne Facebooks sein, "Betreiber der größten Hassplattform zu sein".

Facebook verweist auf "laufendes Verfahren"
Äußerst knapp reagierte Facebook am späten Nachmittag in einer schriftlichen Stellungnahme auf die Klage der Grünen. Es wäre nicht angemessen, sich zu einem laufenden Verfahren zu äußern, ließ ein Sprecher wissen. Weiter wurde betont, dass auf Facebook kein Platz für "Hate Speech" sei. Es gebe mehrere Möglichkeiten, Inhalte zu melden, die gegen die Community-Standards von Facebook verstoßen.

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