Iran vs. Saudis

Üble Beschimpfungen kurz vor dem Hadsch

Ausland
08.09.2016 13:00

Kurz vor Beginn der muslimischen Pilgerfahrt Hadsch, von der iranische Gläubige heuer ausgeschlossen sind, liefern sich der schiitische Iran und das sunnitische Saudi-Arabien einen heftigen verbalen Schlagabtausch. Das geistliche Oberhaupt des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, attestierte der "verfluchten, bösen" saudi-arabischen Königsfamilie am Mittwoch "Inkompetenz" und forderte zudem die "Bestrafung" der Saudis für "Verbrechen" in der Region. Der saudi-arabische Großmufti wiederum warf den Iranern vor, "keine Muslime" zu sein.

Hintergrund des Streits ist die tödliche Massenpanik im Vorjahr in Mekka, bei der fast 2300 Pilger ums Leben gekommen waren, unter ihnen Schätzungen zufolge rund 460 Iraner. Saudi-Arabien hatte eine Gesamtzahl von 769 Opfern genannt, obwohl Angaben aus mehr als 30 Ländern auf eine deutlich höhere Opferzahl schließen ließen.

Der Iran warf Saudi-Arabien deshalb Versagen vor. Nach dem Scheitern bilateraler Verhandlungen über die Sicherheit und Logistik verweigerte Saudi-Arabien schließlich iranischen Gläubigen heuer die Teilnahme an der am Samstag beginnenden wichtigsten Pilgerfahrt für Muslime.

Khamenei wettert gegen "verfluchte, böse" Königsfamilie
Ayatollah Khamenei sagte am Mittwoch mit Blick auf das saudi-arabische Königshaus, die Massenpanik habe einmal mehr gezeigt, "dass diese verfluchte, böse Familie es nicht verdient, diese heiligen Stätten zu verwalten". Wenn die Behörden schon nicht verantwortlich für das Unglück seien, so müssten sie wenigstens eine "internationale Untersuchungskommission" zulassen. Präsident Hassan Rohani sagte, das Blutvergießen der "Märtyrer der Hadsch" werde der Iran "nie verzeihen".

Irans Führung fordert "Bestrafung" von Saudi-Arabien
Khamenei warf Saudi-Arabien zudem vor, für das Blutvergießen von Muslimen im Jemen, in Syrien, im Irak und in Bahrain verantwortlich zu sein. Das Land müsse dafür "bestraft" werden. Die USA unterstützten dieses Vorgehen und seien damit "Komplizen der saudi-arabischen Verbrechen". Auch Rohani kritisierte die Führung in Riad wegen deren "Verbrechen in der Region" und rief die muslimischen Länder dazu auf, gemeinsam gegen Saudi-Arabien vorzugehen.

Der Golf-Kooperationsrat, ein Zusammenschluss von sechs Golfmonarchien um Saudi-Arabien, warf dem Iran daraufhin vor, die jährliche Pilgerfahrt "politisieren" zu wollen. Die Äußerungen Khameneis zum Hadsch seien "beleidigend". Saudi-Arabiens Großmufti Abdulaziz al-Sheich sprach den Iranern gar ab, Muslime zu sein. Er spielte dabei auf den Zoroastrismus an, eine Religion, die vor der Verbreitung des Islam im Iran praktiziert wurde. Der iranische Außenminister Mohammad Javad Zarif reagierte scharfzüngig: "In der Tat gibt es keine Ähnlichkeit zwischen dem Islam der Iraner und der meisten Muslime und dem bigotten Extremismus, den die wahhabitischen Geistlichen und saudi-arabischen Terroranführer predigen."

Verbissenes Ringen um Vorherrschaft in der Region
Der Krieg der Worte ist ein Ausdruck der tiefen Rivalität zwischen dem schiitischen Iran und dem sunnitischen Nachbarn Saudi-Arabien. Die Länder vertreten nicht nur unterschiedliche Strömungen des Islam, sondern ringen auch seit Langem um die politische Vorherrschaft in der Region. In den vergangenen Jahren haben sich die Gräben weiter vertieft. In den Konflikten in Syrien und im Jemen etwa unterstützen Saudi-Arabien und der Iran einander bekämpfende Gruppierungen.

Auch um den Hadsch hatte es schon früher Streit gegeben. Der Iran hatte die Pilgerfahrt zu den heiligen Stätten in Mekka und Medina mehrmals boykottiert. Nach der Hinrichtung eines schiitischen Geistlichen in Saudi-Arabien und dem anschließenden Angriff auf die saudi-arabische Botschaft in Teheran Anfang dieses Jahres wurden die diplomatischen Beziehungen schließlich abgebrochen.

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