Branche wird kreativ

Die Trends des großen Caravan-Salons

Motor
18.08.2016 18:14

Die Caravaning-Branche wächst und ist weiter auf Rekordkurs. Der Run speziell auf Reisemobile legt sogar immer noch an Tempo zu. Da verwundert es nicht, dass der Düsseldorfer Caravan-Salon der größte seiner Geschichte wird. Und seine Besucher vermutlich überraschen wird.

(Bild: kmm)

So manch fachfremdes Metier wird neidvoll zu den Reisemobil- und Wohnwagen-Herstellern herüberschielen, die vom 27. August bis zum 4. September ihre große Show auf dem 55. Caravan-Salon in Düsseldorf feiern. Europas wichtigste Branchenmesse zeigt sich so groß und so bunt wie nie. Dass die Branche sich seit Jahren über steten Zuwachs freut, einen Rekord nach dem anderen meldet und selbst in ihren optimistischsten Prognosen regelmäßig von der Realität überholt wird - im ersten Halbjahr 2016 wurde die Vorjahresbestmarke bereits wieder um rund 24 Prozent getoppt - hat nun wohl auch die Kreativabteilungen wachgerüttelt. Neben dem anhaltenden Trend zu kompakten Reisemobilen sind Bemühungen um ein schickeres Außendesign, das sich an automobilem Styling orientiert, unverkennbar. Und aus einer Position der wirtschaftlichen Stärke heraus werden auch die Innenarchitekten wieder mutiger und beeindrucken mit einer ebenfalls noch nie dagewesenen Grundriss-Vielfalt.

Doch der Reihe nach. Der Trend zu kompakten Freizeitfahrzeugen ist nicht neu. "Teilintegrierte Reisemobile und Kastenwagen zählen zu den absoluten Publikumslieblingen und machen etwa 70 Prozent der Zulassungen aus", erläutert Hans-Karl Sternberg, Geschäftsführer des Caravaning Industrie Verbandes (CIVD). Das verwundert nicht. Sie werden fast ausschließlich in der Gewichtsklasse bis 3,5 Tonnen angeboten und sind besonders wichtig für Menschen, die für schwerere Fahrzeuge einen Zusatzführerschein benötigen.

Allerdings verschiebt sich der Schwerpunkt immer mehr zu den Kastenwagen-Ausbauten, die diesmal in der großen Halle 15 sogar ein eigenes Refugium haben. Natürlich wird hier auch Camper-Primus VW mit seinem Bestseller California, dessen Palette lediglich um die Ocean-Sondermodelle Red, Blue und Grey mit entsprechend farbigen Aufstelldächern erweitert wird, beheimatet sein. Allerdings wird die Konkurrenz immer größer.

So stellt Kastenwagen-Spezialist Pössl seinen ersten Campingbus vor und greift mit seinem Campster auf Citroen-Spacetourer-Basis den Hannoveraner Bestseller mit einem variableren Grundriss an, bei dem sich zwecks bequemerem Personentransport der Küchenblock schnell ausbauen lässt. 38.000 Euro in Deutschland sind ein echter Kampfpreis.

Der slowenische Hersteller Adria versucht mit dem Active auf Basis des Renault Trafic in der California-Klasse sein Glück. Und die zu Eura-Mobil gehörende Marke Karmann legt sogar schon eine zweite Variante des Colibri nach und hat das Kunststück fertig gebracht, eine Winkelküche nebst Bad und Toilette im Heck des Renault-Vans unterzubringen.

Eine Kategorie höher bei den ausgebauten Kastenwagen gehören der Hymercar Grand Canyon S auf dem Mercedes Sprinter, der La Strada Avanti L, der Malibu-Van 600 LE und der Weinsberg Caratour zu den interessantesten Objekten. Sie basieren allesamt auf dem Fiat Ducato, der endlich flächendeckend mit Euro-6-tauglichen Motoren verfügbar ist.

Doch auch wenn die Kastenwagen wahrscheinlich schon bald die teilintegrierten Modelle als beliebteste Reisemobil-Kategorie ablösen werden, die rollenden Heime mit dem Führerhaus des Basisfahrzeugs und dem Wohnaufbau dahinter bilden nach wie vor die größte Gruppe unter den Düsseldorfer Neuheiten. Und das aus gutem Grund. Hier zeigen sich die Konstrukteure am kreativsten und innovativsten. Hier rücken die beiden anderen großen Trends der weltgrößten Messe rund um den mobilen Urlaub am deutlichsten ins Rampenlicht: Design und Vielfalt.

Musterbeispiel für ein schickeres Außendesign ist der neue Smove von Niesmann und Bischoff, zweifellos ein echter Blickfang und ein Highlight des Caravan-Salons. Mit dem nahtlosen Übergang vom Fahrerhaus zum Aufbaudach wirkt der Teilintegrierte fast schon wie ein voll integriertes Fahrzeug, aber längst nicht so klobig. An der Frontpartie und mit den Sicken in der Seitenlinie erkennt man zudem Stilelemente aus dem Pkw-Bereich. Ähnliches es gilt für den Hobby Optima de Luxe, bei dem die Kunden neben einem ansehnlichen Outfit auch noch ein "All-Inclusive-Paket" dazu bekommen.

Aber auch den integrierten Globebus von Dethleffs kann man sich als GT-Variante optisch verschönern lassen. Und dass selbst ein Luxus-Liner im Format eines Reisebusses schnittig daherkommen kann, beweist Morelo mit dem 10,29 Meter langen Empire Liner für die Kleinigkeit von 380.000 Euro.

In puncto Nutzwert profitieren potenzielle Kunden freilich am meisten von der großen Auswahl neuer, vielfältiger Grundrisse. Vorbei scheint die Zeit, da sich die Innenräume der Reisemobile bestenfalls noch darin unterschieden haben, ob im Heck Einzel- oder Doppelbetten, Letztere längs oder quer, eingebaut sind. Dem Mainstream versuchen die Hersteller zum Teil mit durchaus gewagten Konstruktionen entgegenzutreten, was unter anderem zu einer wahren Renaissance der gemütlichen Hecksitzgruppe führt.

Möglich gemacht wird die neue Wohnvielfalt überhaupt erst durch die absenkbaren Hubbetten. Die gab’s zwar schon immer, fanden aber bisher hauptsächlich recht eindimensional bei integrierten Fahrzeugen im Fahrerhaus Verwendung. Jetzt wird in allen denkbaren Richtungen experimentiert, allerdings nicht in Konzeptstudien, sondern schon in der Serie. Bürstner etwa verbaut das Doppelbett in seiner neuen Baureihe Lyseo, die es vorerst als Alkoven und Teilintegrierten gibt, in Zukunft aber auch als Integrierter geplant ist. Im Lounge-Grundriss T744 verwandelt es die zweite Sitzgruppe im Heck mit Couchtisch und TV nach dem Absenken in ein Schlafzimmer.

In den Challenger-Modellen Genesis und Mageo 270 sowie den verwandten Modellen der Schwestermarke Chausson aus der Trigano-Gruppe können zwei Einzelbetten über der üppigen Mittelsitzgruppe auch einzeln heruntergelassen werden, so dass sich ein Reisender schon schlafen legen kann, während der andere sich noch in die Zweiercouch lümmelt.

Im Hymer-Debütanten Duo-Mobil, ein Integrierter, der zu Preisen ab 84.000 Euro freilich nichts für schmale Geldbeutel ist, gibt es noch eine andere Lösung: Um für die geräumige Rundumsitzgruppe im hinteren Teil Platz zu schaffen, platzierten die Innenarchitekten das Hubbett über dem Fahrerhaus so, dass es sowohl quer als Doppelbett zu verwenden ist oder mit Hilfe variabler Verlängerungen auch längs als Einzelkojen.

Als weiterer Trend lässt sich auch in der Caravanbranche ein verstärkter Hang zur Vernetzung feststellen, allerdings ist die Digitalisierung im Vergleich zum automotiven Sektor hier eher noch ein junges Pflänzchen. Ein WLAN-Hotspot an Bord ist schon verschiedentlich erhältlich. Hobby bietet ab Frühjahr 2017 aber auch eine eigene Connect App an, mit der das Smartphone zum Kontrollpaneel wird. So können nicht nur Licht, Heizung und Klimaanlage übers mobile Display gesteuert werden, sondern auch die Füllstände von Frisch- und Abwassertank abgefragt werden. Kostenpunkt für das Bordmanagement-System: knapp 700 Euro.

Überschaubar bleibt das Angebot an Alkoven-Fahrzeugen. Doch selbst hier zaubert Dethleffs eine neue Idee aus dem Hut und konzipiert den 8,60 Meter langen Grand Alpa A7820-2 für allein reisende Paare mit hohem Platzbedarf. Ungewöhnlich sind die Einzelbetten im Alkoven, die ähnlich wie beim Hymer Duo-Mobil mit einer großen Hecksitzgruppe den Platz für noch mehr Wohnzimmer auf Rädern schaffen. Weitere Novitäten wie der bereits erwähnte Bürstner Lyseo und der Robel K59 auf VW-T6-Basis beweisen, dass das Segment gewiss nicht aussterben wird. Zumal die "Nasenbären" im Vermietgeschäft nach wie vor in ihrer eigentlichen Bestimmung als Familienmobil gefragt sind.

Nicht zum auf die Spitze treibt. Auf einem Mercedes-Actros-Lkw-Chassis bietet das 428 PS starke Monstrum mit drei seitlichen Slide-outs allen erdenklichen Luxus und beherbergt in der Heckgarage standesgemäß einen SL-Roadster, am besten natürlich in der AMG-Version. Mit einem Preis von 1,23 Millionen Euro dürfte es das teuerste Stück der insgesamt über 2.100 ausgestellten Freizeitfahrzeuge in Düsseldorf sein.

Auch bei den Wohnwagen wird der Besucher eine deutlich größere Anzahl an Grundriss-Varianten feststellen. Moderneres Design schlägt sich hier vor allem im Innenraum nieder, wie etwa in der neuen Tabbert-Baureihe Pep. Mit einem Blick in die Zukunft steht die bedeutsamste Neuerscheinung aber am Knaus-Stand: Mit dem Travelino revolutioniert der Hersteller aus dem Bayrischen Wald die Fertigungsmethoden. "Fibre Frame" heißt das Schlagwort, ein hochfester Glasfaserrahmen, der für einen verwindungssteifen, selbsttragenden Aufbau sorgt und kompromisslosen Ultraleichtbau ermöglicht. Er soll nach und nach in alle Knaus-Baureihen einfließen, auch im Reisemobilbau eingesetzt werden und dürfte über kurz oder lang auch viele Nachahmer bei der Konkurrenz finden.

Es gibt also viel zu sehen auf dem Caravan-Salon. Obwohl erst im vergangenen Jahr erstmals die 200.000er-Marke geknackt wurde, rechnet die Messe Düsseldorf deshalb mit einem neuen Besucherrekord und hat sich entsprechend gerüstet. Die Ausstellungsfläche wurde um eine weitere Halle erweitert. Die Besucher können sich wie gewohnt auch über Zubehör, technisches Equipment, Ausbauteile, Vorzelte, Mobilheime, Campingplätze, Reisemobilstellplätze und Reisedestinationen, vor allem in die diesjährigen Benelux-Partnerschaftsländer, informieren. Eine Oldtimer-Show lädt zu einer Reise durch fünfeinhalb Jahrzehnte Caravan-Geschichte ein. Und da die Zuwachsraten viele Neueinsteiger in die Caravaning-Welt erwarten lassen, sollen speziell für diese Zielgruppe neutrale und herstellerunabhängige Experten in einer eigenen "Starter-Welt" wichtiges Know-how rund um das mobile Reisen vermitteln.

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