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Vertauschte Babys: “Wahrheit wichtiger als Geld”

Österreich
20.03.2016 12:16

Noch wurde die leibliche Mutter von Doris Grünwald nicht gefunden. Dabei würde sich die 25-jährige Oststeirerin, die kurz nach ihrer Geburt am LKH Graz mit einem anderen Baby vertauscht wurde, nichts sehnlicher wünschen. Der Anwalt der Familie, Gunther Ledolter, will nun von der KAGes die Herausgabe der Daten aller in Frage kommenden Mütter erreichen. Um die Spurensuche selber in die Hand zu nehmen...

"Krone": Herr Dr. Ledolter, diese Woche fand das erste Gespräch mit Vertretern der Klinikleitung statt, und es verlief laut Ihren Aussagen konstruktiv. Worum ging's?
Gunther Ledolter: Wir haben in erster Linie einmal alle wesentlichen Punkte des Falles durchbesprochen. Da die Angelegenheit recht komplex ist und es keine juristischen Vergleichsfälle in Österreich gibt, werden für die Details wohl noch viele weitere Gespräche notwendig sein.

"Krone": Aber das heißt, dass der Wunsch Ihrer Mandantschaft nach einer außergerichtlichen Einigung realistisch erscheint.
Ledolter: Ja, den Eindruck habe ich. Dass es zu einer Klage kommt, will vermutlich keiner der Beteiligten.

"Krone": In Frankreich sorgte kürzlich ein ähnlicher Fall für Aufsehen. Die betroffenen Familien bekamen knapp zwei Millionen Euro als Schadenersatz zugesprochen. Summen, die auch für Österreich realistisch erscheinen?
Ledolter: Eher nein. Es gibt bekanntlich in jedem Land eine andere Judikatur. Summen in Millionenhöhe sind für Österreich nicht denkbar. In Amerika wiederum bekäme man wohl das zigfache. Wir werden sehen.

"Krone": Nachdem es keine vergleichbaren Fälle in Österreich gibt - wonach kann man sich beim Schadenswert dann überhaupt richten?
Ledolter: Das ist die Frage. Mein Kanzleipartner Manfred Rath und ich diskutieren jeden Tag darüber. Was ist ein vertauschtes Leben wert? Das Thema wird für die Familie, so wie es aussieht, leider nie abgeschlossen sein. Die 25-jährige Doris Grünwald wird schon bald selber Mutter. Ihr Kind wird zu einer Frau 'Oma' sagen, die aber in Wahrheit nicht ihre Oma ist. Jedes Mal wenn Doris Grünwald zum Arzt geht und nach Erbkrankheiten gefragt wird, kann sie diese Frage nicht beantworten. Wir haben überlegt, den Fall an Trauerschmerzensgeld zu bemessen. Das wird seelisch beeinträchtigten Angehörigen nach einem fremdverschuldeten Todesfall zugesprochen. Für die Familie Grünwald ist zwar niemand gestorben, aber es ist zumindest eine vergleichbare Situation eingetreten. Plötzlich sind die Eltern nicht mehr die Eltern, das Kind nicht mehr das eigene Kind. Der Schadensrahmen liegt beim Trauerschmerzensgeld bei rund 50.000 Euro.

"Krone": Um die Suche nach dem Gegenstück der Familie Grünwald vielleicht doch noch positiv enden zu lassen, wollen Sie nun die Herausgabe der Daten sämtlicher Betroffenen erreichen. Sprich, die Namen jener Mütter, die im betroffenen Zeitraum im LKH Graz geboren haben. Das macht die KAGes doch nicht freiwillig, oder?
Ledolter: Das müssten wir sicher einklagen. Aber es wäre interessant, juristisch zu überprüfen, welches Recht höher einzustufen ist - jenes auf Datenschutz oder das Grundrecht auf Privat- und Familienleben. Aus unserer Sicht umfasst Letzteres auch das Wissen darüber, wer meine leiblichen Eltern sind, beziehungsweise, wer mein leibliches Kind ist. Wobei: Zwingen würden wir natürlich niemanden zu einem Test. Das wäre auch nicht im Sinne meiner Mandanten. Aber man könnte zumindest jede einzelne Frau persönlich darum bitten, bei der Klärung des Falles behilflich zu sein.

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