Die Ferkel-Fabrik:

Auf Besuch im größten Schweinestall Österreichs

Steiermark
11.03.2016 18:22

Billig, billiger, Schnitzel: Weil sich ein paar Schweine nicht mehr rentieren, müssen immer mehr Bauern aufhören. Oder sich zusammentun. Die "Steirerkrone" besuchte den größten Schweinestall Österreichs in der Südsteiermark.

"Bitte ausziehen. Hier finden Sie die Dusche, steriles Gewand wurde im nächsten Raum für Sie hinterlegt. Und bitte auch die Haare waschen!" Schon der Auftakt zu unserem Lokalaugenschein im südsteirischen Hainsdorf verläuft ungewöhnlich.

Bekleidet mit einer weißen Montur und noch mit Seifenduft in der Nase dürfen wir nun endlich eintreten: in den größten Schweinestall Österreichs. 1500 Muttersauen bringen hier auf 15.000 Quadratmeter etwa 45.000 Ferkel pro Jahr zur Welt. Dimensionen, die sich nur schwer beschreiben lassen. Dimensionen, wie man sie in der kleinstrukturierten Steiermark sonst nicht kennt. An die man sich aber wohl wird gewöhnen müssen: "Ich bekomme oft zu hören, das, was ich mache, sei abartig. In Deutschland stehen Ställe mit 60.000 Schweinen und noch viel mehr. Das ist die Realität. Wir leben in Österreich ja nicht separiert, wir leben alle in der EU, das ist nun einmal so", stellt Geschäftsführer Franz Reinisch trocken fest.

Statt mit der Mistkabel am Fahrrad unterwegs
Reinischs’ wichtigster Mann im Stall ist Elmar Ochmann. Auch er entspricht nicht dem Bild des typischen Bauern. Statt mit der Mistgabel kommt der Betriebsleiter mit einem Fahrrad daher: "Zu Fuß würde es einfach zu lange dauern, von A nach B zu gelangen", sagt der gebürtige Deutsche. Die Genauigkeit, die man seiner Nationalität zuschreibt, kommt ihm hier zugute: "Bei einem Betrieb dieser Größenordnung muss alles genau getaktet sein. Montags wird besamt, donnerstags erfolgen die Geburten. Die Luft wird über einen Computer kontrolliert, ebenso Bodenheizung und Futter", erzählt er.

Während er uns die einzelnen Kojen zeigt, die übrigens allesamt überraschend sauber sind, redet sich der gestandene Mann den Frust von der Seele: "Es ärgert mich maßlos, permanent als Tierquäler dazustehen. Ich kenne meine Sauen genau, arbeite 15 Stunden am Tag. Und das sicher nicht, um die Tiere zu quälen. Auf unsere Schweine wird weit besser geschaut als auf vielen ,normalen’ Höfen. Müssen wir ja auch, weil nur der kleinste Fehler große finanzielle Verluste bedeuten würde".

Das Tier als Massenware
Dass die Art der Tierhaltung nur noch wenig mit Landwirtschaft im herkömmlichen Sinn zu tun hat und schon vielmehr einer industriellen Massenfertigung gleicht, wissen die Verantwortlichen: "Natürlich könnte ich mir eine schönere Art der Tierhaltung vorstellen. Die Parameter bestimmen aber Umfeld und Konsument. Und solange der nicht bereit ist, mehr Geld für Lebensmittel auszugeben, müssen die Bauern wohl oder übel vergrößern", sagt Reinisch. "Ansonsten bleibt ihnen nur noch das Zusperren."

Zum Schluss unseres Besuches zündet Reinisch noch eine kleine Bombe: Auch er wolle sich noch vergrößern. Und das um gleich 50 Prozent. "Das mache ich allerdings nur am Papier", relativiert der Südsteirer auch gleich wieder. "Vielleicht bringe ich ja so endlich jemanden dazu, bei mir eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen. Seit vier Jahren bemühe ich mich darum, um endlich meine Ruhe zu haben, bislang vergeblich. Offenbar traut sich im Land niemand d’rüber".

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