Journalisten-Legende

Hugo Portisch (88) präsentierte Autobiografie

Österreich
16.10.2015 14:17
Bundespräsident, zweimal Minister und ORF-Generalintendant hätte Hugo Portisch Zeit seines Lebens werden können. Österreichs bekanntester Journalist und "Geschichtelehrer" schlug jedoch alle Angebote aus der Politik aus. Er wollte immer nur eines bleiben: Journalist, so der 88-jährige Portisch in seiner Autobiografie "Aufregend war es immer".

Am Freitag stellte Portisch die Geschichte seines Lebens und seiner Tätigkeit im Dienste der Öffentlichkeit in der Bel-Etage des Wiener Café Landtmann vor. Portischs Geschichte folgt dabei der Zeitgeschichte: Reisen in die USA, nach China, Russland, Kuba, Vietnam oder Afrika und seine Reportagen von diesen Schauplätzen der Weltgeschichte sowie Meilensteine der Zweiten Republik in Österreich bilden den chronologischen Rahmen des Buches, in dem Portisch auch einige Neuigkeiten verrät.

Hans Dichand als beruflicher Weggefährte
Seine journalistische Laufbahn begann Portisch in einer Zeit, als sich manche Zeitungen den "Luxus" leisteten, Journalisten für mehrere Wochen an die Brennpunkte der Welt zu entsenden. Es sei darum gegangen, nicht nur zu berichten, sondern auch etwas zu bewegen, "den Leuten zu helfen, die Dinge, die im Land und in der Welt vor sich gehen, zu verstehen", so der legendäre ehemalige "Kurier"-Chefredakteur. Und Portisch wollte nicht bloß Journalist werden, sondern auch "einen Beruf ausüben, der es mir erlaubt, in die Welt hinauszugehen, fremde Länder zu sehen, andere Kulturen zu erleben". Einer der ersten beruflichen Weggefährten war dabei der ebenso legendäre "Krone"-Gründer Hans Dichand. "Wir lehrten uns gegenseitig Journalismus", so Portisch.

Dichand war es auch, der Portisch während eines USA-Aufenthalts 1954 per Telegramm zum "Kurier" lotste. "Bin Chefredakteur des 'Neuen Kurier' und lade Dich ein, mir zu helfen. Schon die Türken fanden, dass es sich lohnt, von weit her zu kommen, um Wien zu erobern", schrieb Dichand. Portischs Antwort: "Bin Türke, komme! Hugo."

Arbeit von Unabhängigkeit geprägt
Portischs Arbeit als Journalist war vom angelsächsischen Ideal der Unabhängigkeit geprägt: keine Verbrüderung mit Politikern, der Wahrheit verpflichtet, check, re-check, double-check und dazu Grundsätze des römischen Rechts - "Audiatur et altera pars", immer auch die andere Seite hören, "In dubio pro reo", im Zweifel für den Angeklagten.

Wenn es um die Grundsätze Unabhängigkeit und Objektivität ging, dann konnte Portisch auch selbst zum politischen Akteur werden. In den 1960er-Jahren initiierte er das Rundfunkvolksbegehren, das von etwa 50 Zeitungen unterstützt wurde. "Es gab die Machtergreifung des totalen Proporzes in Radio und Fernsehen. Das Rundfunkvolksbegehren war wegweisend und begründete die heutige Unabhängigkeit des ORF", so Portisch heute. Bundeskanzler Josef Klaus setzte in Folge des erfolgreichen Volksbegehrens eine Rundfunkreform um, die dem ORF Unabhängigkeit brachte und ihm zunächst Luft vor politischem Druck verschaffte.

Klaus trug Portisch auch gleich das Amt des ORF-Generaldirektors an. Portisch schlug Gerd Bacher vor, der es schließlich wurde. Und Bacher holte Portisch später als Chefkommentator in den ORF, wo Portisch mit den Doku-Reihen "Österreich I" und "Österreich II" zum obersten "Geschichtelehrer" der Nation avancierte. Daneben erklärte Portisch einer ganzen Generation von Fernsehkonsumenten die Weltpolitik.

"Journalismus freister Beruf der Welt"
Ein Fernsehkommentar Portischs war es auch, der Bundeskanzler Franz Vranitzky im Juli 1991 zu seiner berühmten Rede über die Mitschuld Österreichs am Zweiten Weltkrieg animierte. Vranitzky trug Portisch nach den für Österreich politisch schwierigen Jahren der Bundespräsidentschaft Kurt Waldheims sogar das höchste Amt im Staate an. Portisch lehnte dies aber ebenso ab wie er zuvor schon Minister-Angebote von Klaus und Bundeskanzler Bruno Kreisky zurückwies. Für Portisch gab es nur ein Motiv für diese Entscheidungen: "Freiheit. Und dass Journalismus der freiste Beruf der Welt ist. Jedenfalls in einer freien, demokratischen Welt. Von keinem Protokoll beschränkt, zu keiner Rücksichtnahme gezwungen."

Zu brennenden aktuellen Themen nahm sich Portisch auch am Freitag kein Blatt vor den Mund. In der aktuellen Flüchtlingskrise sprach sich Portisch für ein stärkeres militärisches Engagement in Syrien und gegen die islamistische Terrormiliz IS aus. Man könne das Problem nur "an der Wurzel" lösen. Europa müsse "militärisch drohen und diplomatisch vorgehen", sonst stehe die EU vor einer Zerreißprobe. "Wenn du den Frieden willst, dann bereite den Krieg vor", zitierte der Journalist römische Geschichte. Keine Aussagen wollte Portisch hingegen zur aktuellen politischen Lage in Österreich machen: "Ich will mich ja nicht aller Welt unbeliebt machen."

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