Massenpanik in Mekka

Schuldzuweisungen zwischen Iran und Saudi-Arabien

Ausland
25.09.2015 17:36
Saudi-Arabien und der Iran geben sich gegenseitig die Schuld an der tödlichen Massenpanik bei der islamischen Wallfahrt nach Mekka. Die saudische Presse machte am Freitag iranische Pilger für die Katastrophe mit mehr als 700 Toten verantwortlich. Irans oberster Führer Ajatollah Ali Chamenei erklärte hingegen, "schlechte Koordinierung und unüberlegtes Handeln" der saudischen Behörden seien schuld. Das sunnitische Saudi-Arabien und der schiitische Iran sind Erzrivalen in der Region.

Die saudische Nachrichtenseite Al-Sabq meldete am Freitag, eine große Gruppe von Iranern sei entgegen der Vorgaben in eine falsche Richtung gelaufen und dort mit anderen Pilgern zusammengestoßen. Sie berief sich dabei auf nicht näher genannte Augenzeugen.

Wütende Proteste gegen Saudi-Arabien
Das Unglück war die schlimmste Katastrophe bei einer Mekka-Wallfahrt seit 25 Jahren. Unter den Toten waren auch mehr als 130 Iraner. Die saudische Regierung müsse für das Unglück die Verantwortung übernehmen, sagte Irans oberster Führer Ajatollah Chamenei. In Teheran kam es nach dem Freitagsgebet zu Demonstrationen. "Tod der saudischen Dynastie", schrien wütende Demonstranten. Beim Gebet selbst forderte der Vorprediger sogar eine Anklage des saudischen Regimes vor dem Internationale Strafgerichtshof.

Drei Tage Staatstrauer im Iran
Der iranische Präsident Hassan Rohani, derzeit in New York bei der UNO-Vollversammlung, rief drei Trauertage aus. Außerdem bildete er einen Krisenstab. Dieser soll die Leichen zurück in den Iran bringen und sich um die Familien der Opfer kümmern. Außerdem forderte Rohani von der saudischen Seite, Maßnahmen zu ergreifen, damit solche Tragödien bei einer Wallfahrt nicht wieder vorkommen.

Die genaue Ursache der Katastrophe ist bisher unklar. Nach offiziellen Angaben kam es Donnerstagfrüh an einer Straßenkreuzung im Ort Mina bei Mekka zu einem Stau von Pilgern, der eine Massenpanik auslöste. Dramatische Bilder eines Amateurvideos zeigten, wie Dutzende leblose Körper übereinanderlagen und andere Gläubige einklemmten. Mehr als 860 Menschen wurden verletzt.

Tore zu Zeltlager von Saudis versperrt?
Der saudische Gesundheitsminister Khaled al-Falih hatte Pilgern schon am Donnerstag vorgeworfen, sie hätten zeitliche Vorgaben missachtet. Um den Massenstrom der Gläubigen in Mekka zu steuern, gibt es für Pilgergruppen eigentlich einen festen Zeitplan für den fünftägigen Hadsch. Die pakistanische Internetseite Dawn zitierte hingegen einen Pilger, der die saudische Polizei beschuldigte, Ein- und Ausgänge zu einem Lager mit Zelten geschlossen zu haben.

Nach der Katastrophe steigt auch der Druck auf das saudische Königshaus und seinen Herrscher König Salman, der im Frühjahr den Thron bestiegen hatte. Es war bereits das zweite Unglück bei der diesjährigen Wallfahrt. Kurz vor Beginn des Hadsch war bei einem Unwetter ein Kran auf die Große Moschee in Mekka gestürzt. Mehr als 100 Gläubige starben. Salman ordnete jetzt an, die Sicherheitskonzepte für die Wallfahrt zu überprüfen.

Pilgerreise am Freitag ohne Zwischenfälle
Hunderttausende setzten am Freitag ihre Pilgerreise mit der symbolischen Steinigung des Teufels fort. An einer fünfstöckigen Fußgängerbrücke warfen sie Steine auf Säulen, die das Böse symbolisieren. Der Pilgerstrom laufe reibungslos, meldete der von Saudi-Arabien finanzierte Nachrichtenkanal Al-Arabija. In diesem Jahr sind mehr als zwei Millionen Muslime nach Mekka gepilgert, darunter 1,4 Millionen Gläubige aus anderen Ländern. Etwa 1500 kommen aus Österreich.

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