Wie geht's weiter?

Die Griechen-Krise: Tag eins nach dem Referendum

Ausland
06.07.2015 21:39
Für den griechischen Premier Alexis Tsipras ist das deutliche Nein der Griechen zu den Forderungen der internationalen Geldgeber beim Referendum am Sonntag ein großer Sieg - für seine Regierung und für Griechenland selbst. Denn, so Tsipras: Von einem solchen Ergebnis werde die Botschaft ausgehen, dass die Griechen nicht nur in Europa bleiben, sondern in Würde dort leben wollen. Davon sind aber nicht alle überzeugt. Was sich am ersten Tag nach dem Referendum in Sachen "Grexit", Schuldenschnitt und Co. getan hat, können Sie hier nachlesen.

Unmittelbar nach Bekanntwerden des Ergebnisses des Referendums hat die griechische Regierung jedenfalls neue Verhandlungen mit den Geldgebern angekündigt. Man wolle nun substanzielle Gespräche mit den internationalen Partnern beginnen, erklärte Regierungssprecher Gabriel Sakellaridis. Aus Deutschland etwa gab es dafür aber schon ablehnende Stimmen. Im Folgenden die Ereignisse des ersten Tages nach dem Referendum im Live-Ticker zum Nachlesen:

  • 21.13 Uhr: Der neue griechische Finanzminister Evklidis Tsakalotos hat sich für eine Fortsetzung der Verhandlungen Athens mit seinen Gläubigern ausgesprochen. "Ich denke, dass sich etwas in Europa ändern kann", sagt der 55-Jährige kurz nach seiner Ernennung am Montagabend in Athen. Die Griechen hätten bei dem Referendum am Sonntag deutlich gemacht, dass sie "Besseres verdient haben" und eine "nicht-lebensfähige Lösung nicht akzeptieren" könnten.
  • 20.09 Uhr: Die EZB hält die Notkredite für griechische Banken auf dem aktuellen Stand von knapp 90 Milliarden Euro, wie die Notenbank nach Beratungen des EZB-Rates am Montagabend in Frankfurt mitteilte.
  • 19.47 Uhr: Die US-Regierung drängt die Eurogruppe und Athen erneut zu einem Kompromiss. "Das ist die Verantwortung der Europäer", sagt der Sprecher von Präsident Barack Obama, Josh Earnest, am Montag in Washington. Nötig sei ein "Bündel aus Finanzhilfen und Reformen", das Griechenland auf den "Pfad von Wirtschaftswachstum und Schuldentragfähigkeit" bringe. Eine Lösung der Griechenland-Krise sei "im Interesse der USA und im globalen Interesse".
  • 19.36 Uhr: Die Europäische Zentralbank (EZB) hält laut Informationen aus Kreisen eine größere finanzielle Unterstützung des griechischen Bankensystems vorerst für unnötig. Die Banken könnten bis Mittwoch ohne zusätzliche Notfallkredite überleben, berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg am Montag und beruft sich auf mit dem Vorgang vertraute Personen.
  • 19.12 Uhr: Nach dem Nein der griechischen Bevölkerung sind die Ölpreise am Montag im Tagesverlauf weiter gesunken. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im August kostete am frühen Abend 58,29 US-Dollar (52,53 Euro). Das waren um 2,03 US-Dollar weniger als am Freitag.
  • 18.11 Uhr: Die griechischen Banken sollen nach einem Medienbericht für zumindest zwei weitere Tage bis Mittwochabend geschlossen bleiben. Die Regierung in Athen habe entsprechende Pläne mit den Banken des Landes abgesprochen, berichtet der staatliche Rundfunksender ERT unter Berufung auf Kreise des Finanzministeriums.
  • 18.13 Uhr: Bundeskanzler Werner Faymann sieht nach dem Referendum in Griechenland große Herausforderungen auf die Regierung in Athen zukommen. "Ein neues Programm zu starten, zusätzlich Geldversorgungen zu organisieren, damit Banken wieder öffnen können, ist ungleich schwieriger als Verhandlungen bis zum letzten Moment zu führen", erklärt der Bundeskanzler gegenüber dem Ö1-Abendjournal.
  • 17.57 Uhr: Das Nein im Griechenland-Referendum hat den Eurokurs nur wenig belastet. Die europäische Gemeinschaftswährung wurde am späten Nachmittag mit 1,1065 US-Dollar gehandelt.
  • 17.54 Uhr: Die Wiener Börse schließt im tiefroten Bereich. Der ATX fiel 59,18 Punkte oder 2,43 Prozent auf 2.374,06 Einheiten.
  • 17.38 Uhr:Evklidis Tsakalotos wird neuer griechischer Finanzminister, wie das Präsidialamt in Athen bestätigt. Tsakalotos war zuletzt Chefunterhändler in den Gesprächen mit den Gläubigern und löst damit Yanis Varoufakis ab, der kurz zuvor zurückgetreten war.
  • 17.16 Uhr: Die Griechenland-Krise wirkt sich zunehmend auch auf die Balkanstaaten aus. Der bulgarische Wirtschaftsminister Boschidar Lukarski sagte am Montag in Sofia, er befürchte wegen der zusammenbrechenden Wirtschaft des Euro-Landes einen Rückschlag für den bilateralen Handel mit dem Nachbarland.
  • 16.44 Uhr: Der Internationale Währungsfonds beobachtet die Lage in Griechenland aufmerksam, sagt IWF-Chefin Christine Lagarde. "Wir stehen bereit Griechenland zu helfen, falls wir darum gebeten werden", so Lagarde.
  • 16.37 Uhr: ÖGB-Präsident Erich Foglar kritisiert die von den Gläubigern Griechenlands verlangte Sparpolitik in einer Aussendung. Dennoch fordert er die griechische Regierung dazu auf mit neuen Vorschlägen weiter zu verhandeln. "Die strikten Auflagen der Troika (...) haben wesentlich zu der humanitären Katastrophe beigetragen, die wir jetzt in Griechenland beobachten können." Foglar sieht das Nein der griechischen Bevölkerung zu den geforderten Sparmaßnahmen der Gläubiger als ein in "Votum gegen den sozialen Kahlschlag". Die griechische Regierung fordert der Gewerkschaftspräsident dazu auf, "mit konstruktiven und plausiblen Vorschlägen an den Verhandlungstisch zurückzukehren und dringend notwendige Strukturreformen im eigenen Land anzugehen".
  • 16.19 Uhr: Griechische Oppositionsparteien stärken Tsipras für die anstehenden Verhandlungen mit den Geldgebern den Rücken. Verteidigungsminister Panos Kammenos teilt mit, dass sich die Vorsitzenden fast aller Oppositionsparteien auf eine gemeinsame Haltung mit der Regierung verständigt hätten. Die Kommunisten (KKE) schlossen sich der gemeinsamen Haltung nicht an. Die rechtsradikale Goldene Morgenröte war zu dem Treffen nicht eingeladen worden.
  • 16.07 Uhr: Der nach dem Sieg der Regierung beim griechischen Volksentscheid am Montag überraschend zurückgetretene Finanzminister Giannis Varoufakis hofft, dass der stellvertretende Außenminister Evklidis Tsakalotos sein Nachfolger wird.
  • 15.09 Uhr: Großanleger sehen im möglichen Euro-Abschied Griechenlands eher eine Stärkung der Gemeinschaftswährung. "Es ist erstaunlich, wie unglaublich stabil der Euro ist", sagt der Leiter der Investmentstrategie von Sal. Oppenheim, Lars Edler, der Nachrichtenagentur Reuters.
  • 15.07 Uhr: Experten vom European Policy Centre - einer Brüsseler Denkfabrik - sehen in dem Konflikt zwischen Griechenland und seinen Gläubigern eine Gefahr für die EU. "Ein Deal sollte gemacht werden, weil die Alternative zu kostspielig ist", schreiben Fabian Zuleeg und Janis Emmanouilidis am Montag in einer Analyse.
  • 14.44 Uhr: Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und der griechische Ministerpräsident Tsipras haben sich bei einem Telefonat darauf geeinigt, dass Athen auf dem Sondergipfel der Eurozone neue Vorschläge vorlegen soll.
  • 14.28 Uhr: Den geschlossenen Banken zum Trotz läuft das Leben in den griechischen Tourismusgebieten ohne Probleme weiter. "Es ist so normal, dass es unheimlich ist", sagt etwa die Schauspielerin Evgenia Stavropoulou-Traska, die in Wien arbeitet und derzeit in Rhodos auf Urlaub ist.
  • 14.19 Uhr: Erste Details zum Telefongespräch von Tsipras mit Putin werden bekannt: Der russische Präsident sagte demnach Hilfe bei der Überwindung der griechischen Probleme zu. Genauere Details wurden aber nicht veröffentlicht.
  • 14.13 Uhr: Für Österreichs Außenminister Sebastian Kurz ist das Ergebnis des griechischen Referendums ein "gefährlicher Pyrrhussieg". Er hofft, Uhr: Die Ölpreise befinden sich auf dem tiefsten Stand seit Mitte April. Analysten der Commerzbank führen den Preisrückgang auf das Nein der griechischen Bevölkerung beim Referendum, auf das Minus an den chinesischen Aktienmärkten und auf das weiterhin bestehende Überangebot zurück.
  • 13.56 Uhr: Der Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Christoph Neumayer, fordert von den Institutionen der EU, dass sie "mehr denn je entschlossenes Leadership zeigen". Die "völlig verfahrene Situation" gehöre gemeinsam gelöst, um zu stabilisieren. Nur für strukturelle Reformen könne es weitere Unterstützung geben. Das Votum sei zur Kenntnis zu nehmen.
  • 13.34 Uhr: Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem sieht keine rasche Lösung im Schuldenstreit mit Athen. Das Ergebnis des Referendums mache eine Lösung demnach "noch schwieriger".
  • 13.30 Uhr: Der Präsident des deutschen ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, rät Griechenland zur Rückkehr zu einer eigenen Währung. "Die Drachme sollte sofort als virtuelle Währung eingeführt werden", erklärt der Wissenschaftler. Da die neue Währung rasch abwerten würde, käme es vermutlich schon nach ein bis zwei Jahren zu einem "kräftigen Wirtschaftsaufschwung". Der Tourismus würde durch die neue Währung gestärkt und Griechenland müsste weniger Waren importieren, so Sinn.
  • 13.21 Uhr: Der italienische Premier Matteo Renzi ist der Ansicht, dass die EU den Weg des Wachstums einschlagen muss, will sie noch eine Zukunft haben. "Die EU braucht Politik, nicht nur Regeln. Werte, nicht nur Zahlen. Wenn wir still stehen und im Bann von Regeln und Bürokratie bleiben, ist Europa zu Ende", schreibt Renzi auf Facebook.
  • 13.17 Uhr: Der griechische Premier Alexis Tsipras hat nach dem für ihn siegreichen Volksentscheid mit dem Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, und Russlands Präsident Wladimir Putin gesprochen. Über den Inhalt der Gespräche ist noch nichts bekannt.
  • 13.11 Uhr: Das überraschend klare Nein der griechischen Bevölkerung zu den Reformvorschlägen der Gläubiger hat die Aktien der Banken in Europa auf Talfahrt geschickt. Der Index für Papiere der Geldhäuser der Eurozone sackte bisher um bis zu 3,2 Prozent ab.
  • 12.04 Uhr: Österreichs Notenbankchef Ewald Nowotny sieht nun verhärtete Fronten im Streit mit Griechenland. Die Hoffnung der griechischen Regierung, binnen zweier Tage zu einem Deal mit den Gläubigern zu kommen, verweist Nowotny ins Reich der Illusionen. Für ein neues Hilfsprogramm unter dem Euro-Rettungsschirm ESM müssten bestimmte Bedingungen erfüllt sein. "Vor allem muss man sich bewusst sein, dass so etwas Zeit braucht. Es geht um Dutzende Milliarden, die kann man nicht im Schnellverfahren vergeben", erklärt Nowotny.
  • 11.42 Uhr: Die deutsche Regierung sieht nach dem Nein der Griechen im Referendum vom Sonntag derzeit keine Grundlage für Verhandlungen über ein neues Hilfsprogramm. "Zur Zeit" seien die Voraussetzungen dafür nicht gegeben, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Die Regierung bleibe aber gesprächsbereit, fügte er hinzu.
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