Boko-Haram-Terror

2.000 Frauen entführt und zwangsverheiratet

Ausland
14.04.2015 12:55
Die islamistische Terrorgruppe Boko Haram hat laut einem drastischen Bericht von Amnesty International seit dem vergangenen Jahr in Nigeria rund 2.000 Frauen und Mädchen entführt. Viele von ihnen würden von den sunnitischen Extremisten als Sexsklaven gehalten, zwangsweise verheiratet oder zum bewaffneten Kampf gezwungen, heißt es in dem am Dienstag veröffentlichen Report der Menschenrechtsorganisation.

Die ursprünglich als Sekte ins Leben gerufene Terrormiliz Boko Haram ("Westliche Bildung verboten") kämpft für einen islamischen Gottesstaat im bereits zu großen Teilen von ihr kontrollierten Norden Nigerias sowie den angrenzenden Staaten Niger, Tschad und Kamerun. In diesem "Kalifat" soll dann einzig und allein eine radikale Auslegung der Scharia, der islamischen Rechtsprechung, gelten.

Zur Heirat gezwungen
Der nunmehrige Amnesty-Bericht basiert auf Interviews mit knapp 200 Augenzeugen, darunter auch 28 Frauen und Mädchen, die zeitweise in der Gewalt von Boko Haram waren. Er erschien genau ein Jahr nach der Entführung von 276 überwiegend christlichen Schülerinnen aus dem nigerianischen Ort Chibok. Die von der Miliz verschleppten Mädchen wurden bis heute nicht gefunden. Einer Augenzeugin zufolge wurden die meisten dazu gezwungen, zum Islam überzutreten, und danach zwangsverheiratet. Die 23-Jährige war nach eigenen Angaben selbst mehrere Monate in der Gewalt der Islamisten und musste einen der sunnitischen Kämpfer heiraten, später gelang ihr die Flucht.

Mädchen immer wieder vergewaltigt
Die 19-jährige Aisha Yusuf wiederum schilderte in dem Report, dass sie in ihrem Heimatort im Bundesstaat Adamawa an der Grenze zu Kamerun auf der Hochzeit einer Freundin entführt wurde - gemeinsam mit ihrer Schwester, der Braut und der Schwester der Braut. Während ihrer dreimonatigen Gefangenschaft sei sie immer wieder vergewaltigt worden, teils von bis zu sechs Männern. Zudem sei sie zum Kampf gezwungen worden: "Ich war unter den Mädchen, die an der Waffe ausgebildet wurden. Drei Wochen lang wurden wir trainiert. Wie man schießt, wie man einen Sprengsatz zündet. Dann gingen die Missionen los. Auf einer davon musste ich in mein eigenes Dorf."

"Ungläubige" gesteinigt
Weiters gab die 19-Jährige in dem 90 Seiten starken Amnesty-Bericht zu Protokoll, sie habe zusehen müssen, wie Boko Haram mehr als 50 Menschen getötet habe, darunter auch ihre Schwester. "Die Toten wurden dann in ein Massengrab im Busch geworfen", wird Aisha zitiert. Laut Amnesty würden alle Bewohner von eingenommenen Dörfern und Städten, die sich den strikten Scharia-Regeln von Boko Haram verweigern, hart bestraft. So schilderte der 15-jährige Mustapha Saleh, wie er in der Stadt Bama im Nordosten Nigerias an der öffentlichen Steinigung von fünf Männern und fünf Frauen teilnehmen musste. "Sie haben die Anrainer herbeigerufen und ihnen das Steinigen befohlen."

Städte zerstört, Einwohner ermordet
Neue Satellitenbilder zeigen laut Amnesty auch das Ausmaß der Zerstörung nach einem Boko-Haram-Angriff auf Bama im März. Mindestens 5.900 Gebäude - das entspreche etwa 70 Prozent der Kleinstadt - seien entweder beschädigt oder dem Erdboden gleichgemacht worden. Auf den Straßen seien Hunderte Leichen gelegen. Im Jänner veröffentliche Satellitenbilder von einem ähnlich verheerenden Angriff auf die Stadt Baga am Tschadsee hatten weltweites Entsetzen ausgelöst. Bei der Attacke waren ebenfalls Hunderte Menschen getötet und Tausende Häuser zerstört worden. Damals vermeldete Boko-Haram-Anführer Abubakar Shekau in einer Videobotschaft: "Wir haben sie in der Tat getötet, so wie unser Gott es in seiner Heiligen Schrift angeordnet hat. Wir werden nicht aufhören. Ihr werdet schon sehen."

Mehr als 14.000 Tote seit 2009
Seit 2009 wurden bei Anschlägen und Angriffen der Fundamentalisten mehr als 14.000 Menschen getötet, rund 1,5 Millionen sind auf der Flucht. Im März 2015 gelobte die Gruppe der vor allem im Irak und in Syrien aktiven Terrormiliz Islamischer Staat die Bündnistreue. Die nigerianischen Streitkräfte vermeldeten gemeinsam mit militärischen Einheiten ihrer drei ebenfalls vom Terror betroffenen Nachbarstaaten seit Februar zwar zahlreiche Erfolge im Kampf gegen Boko Haram - doch die Fundamentalisten sind längst nicht besiegt.

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