Nach Gerichtsurteil

Bei ehrenamtlichen Funktionären geht die Angst um

Tirol
28.02.2015 17:04
Das Urteil im Falle eines 12-jährigen Buben, der beim Skirenntraining in Seefeld schwer verunglückte, hat in den vergangenen Wochen für große Unsicherheit unter Tausenden Sportfunktionären, vielen Veranstaltern und Betreibern von Sportstätten, aber auch bei zahlreichen Eltern gesorgt. Im großen "Krone"-Interview nimmt der erfahrene Innsbrucker Anwalt in Sporthaftungsfragen, Hansjörg Mader, ausführlich dazu Stellung.

Herr Mader, hat das Urteil neue Erkenntnisse gebracht, die ein Umdenken erfordern?

Mader: Nein. Das Urteil entspricht der ständigen Rechtsprechung und stellt keine wesentliche Neuerung dar. Bereits in der Vergangenheit wurden in zahlreichen Urteilen Haftungen von Veranstaltern, Funktionären und Betreibern von Sportstätten ausgesprochen.

Zum Beispiel?

Das bekannteste ist sicher das Stemmle-Urteil, in dem der Kitzbüheler Ski Club für die schweren Verletzungen im Zuge eines Hahnenkammrennens wegen mangelnder Absicherung zivilrechtlich verurteilt wurden. Ähnliche Beispiele gibt es aber auch in anderen Sportarten. Aber immer nur dann, wenn schwere Fehler begangen wurden.

Wie wird beurteilt, ob ein schwerer Fehler vorliegt?

Es gibt im Sport typische und atypische Gefahren. Typische Gefahren sind solche, die üblicherweise mit der Ausübung des Sportes verbunden sind und die der Teilnehmer bewusst in Kauf nimmt. Etwa ein Sturz beim Skifahren, ein Zusammenprall beim Fußball oder auch Verletzungen bei Kampfsportarten.

Also etwa ein Nasenbeinbruch beim Boxkampf?

Genau. Hier spricht man von einem erlaubten Risiko, das der Sportler in Kauf nimmt und das zu keiner Haftung führt.

Was versteht man dann unter atypischen Gefahren?

Das sind solche, die der Sportler nicht ohne weiteres erkennen kann. Sowohl der Betreiber einer Sportstätte, als auch der Veranstalter sind verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass diese Gefahren mit adäquaten Mitteln in zumutbarer Weise beseitigt werden. Dies ist dann der Fall, wenn der zeitliche und finanzielle Aufwand zumutbar ist.

Aber passieren kann letztlich immer etwas oder?

Klar. Aber: Kein Sportstättenbetreiber und kein Sportfunktionär wird bewusst eine gefährliche Situation herbeiführen. Er muss aber darauf achten, dass die Sicherheitsvorschriften eingehalten werden.

Wenn er trotzdem einen Fehler macht?

Dann sind die Tiroler Veranstalter und Funktionäre durch ausreichende Haftpflichtversicherungen abgedeckt. Gerade der Tiroler Skiverband und das Land Tirol haben mit hohen Haftungssummen vorgesorgt, dass niemand wegen seiner ehrenamtlichen Tätigkeit finanziell zur Verantwortung gezogen wird.

Bleibt aber noch die strafrechtliche Verantwortung. Wie sieht es damit aus?

In sehr seltenen Fällen kommt es zu Strafverfahren, die aber bisher immer ohne Verurteilung in der Form der Diversion geregelt wurden. Das heißt, dass der Beschuldigte eine bedingte Strafnachsicht ohne Vorstrafe erhalten hat. Aber auch für das Strafverfahren gibt es Rechtsschutzversicherungen, sodass kein finanzieller Schaden entsteht.

Besteht also kein Grund zur Sorge für Vereine, Verbände und Funktionäre?

Diese Frage kann ich eindeutig mit Ja beantworten. Dennoch ist aufgrund einiger Medienberichte eine gewisse Verunsicherung spürbar. Wir sind vermehrt mit Anfragen konfrontiert, wie es weitergehen soll.

Wie soll es weitergehen? Nachdem Sie auch Präsident des ASVÖ Tirol sind, können Sie sicher beantworten, was die Verbände aktuell konkret machen?

Nicht nur der ASVÖ, sondern auch andere Verbände und das Land Tirol sind derzeit dabei, in zahlreichen Veranstaltungen die Vereine und deren Organe aufzuklären und zu beruhigen. Mit dem Ziel, dass die Tausenden Funktionäre und Helfer auch in Zukunft ohne Angst vor gerichtlicher Verfolgung ihre ehrenamtlichen Aktivitäten zum Wohle des Tiroler Sports ausüben können. Und wir uns auch künftig über tolle Erfolge unserer heimischen Sportler freuen.

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