Korruptionsskandal

GB: Ex-Minister tappten in Journalisten-Falle

Ausland
23.02.2015 11:00
Zwei frühere britische Außenminister und aktuell einflussreiche Abgeordnete haben sich gegen Geld vor den Karren einer fiktiven chinesischen Firma spannen lassen wollen. Labour-Politiker Jack Straw und Tory-Spitzenmann Malcolm Rifkind tappten in eine Falle, die ihnen verdeckte Reporter des TV-Senders Channel 4 und der Zeitung "The Daily Telegraph" gestellt hatten, wie beide Medien am Sonntag berichteten. Die Mandatare müssen sich nun einer parlamentarischen Untersuchung stellen.

Straw bot den Berichten zufolge der fiktiven Hongkonger Firma seine Verbindungen zur Politik an - gegen 5.000 Pfund (rund 6.800 Euro) pro Tag. Dabei soll sich der Ex-Minister in Treffen mit den verdeckten Journalisten regelrecht angepriesen haben. So habe er erklärt, sich bereits für 60.000 Pfund pro Jahr "unter dem Radar" für eine Rohstofffirma eingesetzt zu haben, um EU-Auflagen zu verändern. Demnach will er einen früheren ukrainischen Regierungschef "mit Charme und Androhungen" bedrängt haben, zugunsten des Konzerns Gesetze zu ändern.

Straw: "Zu Unrecht Fehlverhalten unterstellt"
Straw rechtfertigte sich am Sonntagabend, er habe gegenüber den Undercover-Journalisten lediglich erklärt, er würde für deren vermeintliche Firma erst nach der Wahl im Mai arbeiten, wenn er wie geplant zurückgetreten sein werde. Nun werde ihm "zu Unrecht ein Fehlverhalten unterstellt".

Als Konsequenz aus Fraktion zurückgezogen
Straw war unter Tony Blair und Gordon Brown Außen- und Justizminister. Seine Labour-Partei bezeichnete die nunmehrigen Vorwürfe als "verstörend". Der Abgeordnete habe sich selbst beim parlamentarischen Kommissar für Verhaltensregeln gemeldet und sich aus der Fraktion zurückgezogen, sagte ein Parteisprecher.

Rifkind empört: "Bin mir keiner Schuld bewusst"
Tory-Politiker Rifkind wiederum habe laut Channel 4 und "Daily Telegraph" der fiktiven Firma in Aussicht gestellt, ihr die Tür zu "jedem britischen Botschafter in der Welt" zu öffnen. Montag früh empörte sich Rifkind dann gegenüber der BBC, er habe sich auf kein Angebot der getarnten Journalisten eingelassen, die Gespräche mit ihnen seien nur eine "vorläufige Diskussion" gewesen. Channel 4 warf er vor, Zitate aus dem Kontext gerissen zu haben. Es handle sich um sehr schwerwiegende Vorwürfe, gegen die er mit aller Kraft vorgehen werde. Er sei sich "keiner Schuld bewusst".

Parlamentarische Untersuchung angeordnet
Rifkind, der 1997 in den Ritterstand gehoben wurde, war unter John Major Verteidigungs- und Außenminister. Derzeit ist er als Mandatar auch Vorsitzender des Geheimdienst- und Sicherheitsausschusses im Parlament. Ein Sprecher von Tory-Premier David Cameron sagte zu den Enthüllungen, Rifkind habe sich wie Straw beim Parlamentskommissar gemeldet, damit untersucht werde, ob er gegen die Regeln für Abgeordnete verstoßen habe.

Die beiden Ex-Minister sind die bisher prominentesten britischen Politiker, die sich von als Geschäftsleuten getarnten Journalisten täuschen ließen. Der "Daily Telegraph" berichtete, die Journalisten hätten insgesamt zwölf Parlamentarier kontaktiert. Sechs von ihnen hätten überhaupt nicht reagiert, nur einer habe den vermeintlichen Geschäftsleuten gesagt, seine Kontakte seien "nicht zu verkaufen".

Erinnerungen an Strassers Lobbyistenaffäre
Der nunmehrige Skandal ist nicht der erste seiner Art. Der "Daily Telegraph" hatte vor sechs Jahren aufgedeckt, dass sich zahlreiche britische Abgeordnete viele Privatvergnügen vom Steuerzahler ersetzen ließen. Gegenüber verdeckten Reportern der "Sunday Times" zeigten sich zudem mehrere EU-Parlamentarier willig, gegen Geld im Auftrag einer fiktiven Firma auf die EU-Gesetzgebung einzuwirken. Der ehemalige ÖVP-Delegationsleiter im Europäischen Parlament, Ernst Strasser, wurde in der "Lobbygate-Affäre" der Bestechlichkeit für schuldig befunden und verbüßt derzeit eine dreijährige Freiheitsstrafe.

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