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16.02.2015 11:43

"Hungriges Herz"

Gefangen zwischen Bulimie und Selbstfindung

  • Sara Schätzl schrieb das Buch "Hungriges Herz - Mein Leben mit der Bulimie".
    Sara Schätzl schrieb das Buch "Hungriges Herz - Mein Leben mit der Bulimie".
    (Bild: APA/HERBERT PFARRHOFER)
Jedes Jahr versuchen Tausende Österreicher, noch vor dem Sommer ihre Fettpölsterchen loszuwerden. Was mit einer einfachen Diät beginnt, endet für viele mit einer handfesten Essstörung. Auch Sara Schätzl, Liebling der Münchner Schickeria, litt über ein Jahrzehnt an Bulimie und macht ihre Krankheit nun öffentlich.
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Die 27-Jährige, die vor allem durch die inszenierte Affäre mit dem deutschen Schauspieler Bernd Herzsprung bekannt wurde und die anschließend als Münchner Schätzchen und Glamourgirl auf vielen roten Teppichen zu Hause war, erzählt nun in "Hungriges Herz - Mein Leben mit der Bulimie" ihre Geschichte von Nulldiät, Fressanfällen und dem anschließenden Übergeben. "Ich hab Diät gehalten, seit ich zehn Jahre alt bin", erzählte Schätzl über die Anfänge. Sie habe auf Brot verzichtet, vermehrt Gemüse gegessen und sich dann überhaupt nur noch flüssig ernährt, indem sie Shakes zu sich nahm, die eigentlich für adipöse Menschen gedacht waren, um vor einer Operation rasch an Gewicht zu verlieren.

Völlig ausgehungert und mangelernährt habe sie sich über die bayerische Hausmannskost ihrer Großmutter hergemacht, um sie kurze Zeit später wegen ihres schlechten Gewissens wieder loszuwerden. "Ich kann diesen Moment, in dem ich mich das erste Mal absichtlich übergeben habe, geradezu greifen. Ich kann in die Szene hineinlaufen, so präsent ist sie für mich", schreibt sie. "Das erste Mal (sich zu übergeben, Anm.) war nicht schön. Am Anfang denkt man, man hat es unter Kontrolle." Und: "Ich wollte dünn sein und zwar am besten gestern."

Tipps für ein schmerzfreies Erbrechen holte sich Schätzl ihren Erzählungen nach aus dem Internet. In Foren mit Gleichgesinnten, die sie verstanden und mit denen sie das Geheimnis der Bulimie teilte, sei "jede Art von Einsamkeit aufgefangen" worden, erzählt Schätzl. Und die Essstörung sei ihre beste Freundin gewesen. "Ich war gefangen in einer extrem ungesunden Beziehung und nicht fähig, Schluss zu machen", beschreibt es die Autorin. Aber: "Ich hatte die Regeln neu geschrieben und einen Weg gefunden, mehr Macht über meinen Körper zu besitzen, als es Hunger und Essen je gelingen würde."

Essen und Erbrechen
Täglich habe sie ihr Ritual durchgeführt. Sie habe die sonst so verbotenen Lebensmittel eingekauft, gegessen und erbrochen. "Der Gedanke, dass etwas drinnen bleiben könnte, ist der Horror." Innerhalb kürzester Zeit habe sie immer mehr essen können, um überhaupt ein Völlegefühl zu bekommen. Erst mit zwei Big-Mac-Menüs oder einem Liter Eis sei ihr Magen gefüllt gewesen.

Die Folgen des jahrelangen Erbrechens seien nicht im Verborgenen geblieben, Schätzl gibt an, ihre Haare verloren zu haben, ihre Sehkraft sei schwächer geworden, sie habe massive trockene Haut gehabt, sodass sie eine Tube Feuchtigkeitscreme pro Tag gebraucht habe, und ihre Zähne seien aufgrund der Magensäure so schlecht geworden, dass sie täglich Schmerzmittel habe nehmen müssen. Aber wegen fehlender Haarbüschel aufhören? "Man lügt sich verdammt gut in die Tasche", sagt Schätzl.

Als Schätzl - inzwischen Mutter eines Sohnes - mit Herz-Rhythmus-Störungen zusammenbrach, kam der entscheidende Satz von den Ärzten: "Wenn Sie noch einmal eingeliefert werden, müssen wir überlegen, Ihnen das Sorgerecht Ihres Sohnes zu entziehen", zitiert Schätzl die Mediziner. "Da war für mich klar, dass es so nicht weitergehen konnte." Seit einem Jahr ist die Autorin ihren Angaben nach in Behandlung, sie sagt, sie habe erkannt, "eine Süchtige" zu sein.

"Der Grundauslöser ist die fehlende Selbstliebe, weil wir in dem Glauben aufgewachsen sind, nicht gut genug zu sein", meint Schätzl. Sie habe sich darauf die "Kunstfigur" Sara Schätzl zurechtgelegt, eine laute, immer gut gelaunte Frau. "Man hofft halt, wenn die Scheinwerfer hell genug sind, dass sie die Schatten im inneren auch erhellen." Das Buch sei keine Geschichte rein um Bulimie, sondern eine von Selbsthass und fehlendem Selbstbewusstsein. "Und ich glaube, das Problem haben viele Menschen", so Schätzl.

Zahl der Betroffenen in 20 Jahren verzehnfacht
200.000 Österreicher waren laut Gesundheitsministerium zumindest einmal in ihrem Leben an einer Essstörung erkrankt. Betroffen sind vor allem sehr junge Menschen, 90 bis 97 Prozent sind Mädchen bzw. junge Frauen. Die Zahl der Erkrankten hat sich in den vergangenen Jahren dramatisch erhöht. Innerhalb von 20 Jahren hat sich diese mehr als verzehnfacht. Die Dunkelziffer dürfte noch viel höher sein.

Von allen 15- bis 20-jährigen Mädchen in Österreich leiden 2.500 an einer Magersucht, über 5.000 an einer subklinischen Essstörung, also an einer leichteren Verlaufsform. Unter 20- bis 30-jährigen Frauen findet man mindestens 6.500 mit Bulimie. In Wien besteht für mehr als 2.000 Mädchen und rund 100 Burschen ein akutes Risiko, an Magersucht oder Bulimie zu erkranken.

Die Betroffenheit von Essstörungen bei Mädchen beginnt laut Frauengesundheitsbericht ab elf Jahren, steigt kontinuierlich an und hat ihren Höhepunkt mit 16 Jahren. Je länger die Erkrankung andauert, umso schlechter ist laut Bericht die Prognose.

Schreckliche Folgen von Essstörungen
Die Liste der Folgen von Essstörungen ist lang und beunruhigend: Den Betroffenen ist ständig kalt (Untertemperatur), sie haben niedrigen Blutdruck oder Amenorrhoen (Ausbleiben der Menstruation). Im schlimmsten Fall kann das zur Unfruchtbarkeit führen. Die Patienten haben zudem ein erhöhtes Risiko des Knochenabbaus (Osteoporose), verbunden mit einer verstärkten Neigung zu Knochenbrüchen. Durch das ständige Erbrechen ist der Elektrolythaushalt gestört, die Speiseröhre erhält Risse und es kommt zu Zahnproblemen wie Karies.

Besonders erschreckend ist, dass die Krankheit bereits früh zuschlägt. Immer mehr Kleinkinder leiden unter massiven Essstörungen. Etwa an der Universitätsklinik in Graz werden jährlich mehr als 120 Kleinkinder ambulant mit mittleren bis schweren Essverhaltens- und Fütterungsstörungen behandelt, wie im Frauengesundheitsbericht ausgeführt wird. 285 Kinder werden mit lebensbedrohlichen Essstörungen stationär behandelt.

(Bild: thinkstockphotos.de)
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