"Krone"-Interview

Clueso: "Bei mir gibt es keine Gummidrachen"

Musik
27.10.2014 14:08
Thomas Hübner alias Clueso ist nicht nur optischer Berufsjugendlicher, sondern auch musikalisch an der Spitze seiner bisherigen Karriere. Nachdem er sich von seiner alten Plattenfirma trennte und alles selbst in die Hand nahm, erreichte sein aktuelles Album "Stadtrandlichter" Platz eins der deutschen Albumcharts und die Hallen füllen sich. Im ausführlichen "Krone"-Talk bekannte sich der sympathische 34-Jährige zu seiner Heimat Erfurt, verriet, wie er seine Liveshow nun auf das nächste Level bringt, warum er Kindern böse sein kann und warum er weder mit Beatrice Egli noch mit einem Vorstadspießer-Leben zurechtkommen würde.
(Bild: kmm)

"Krone": Clueso, dein aktuelles Album "Stadtrandlichter" landete auf Platz eins der deutschen Charts. Bedeutet dir das etwas?
Clueso: Dieses Mal ja, ansonsten war es mir egal. Für gewöhnlich feiere ich andere Erfolge. Die Verkaufszahlen sind erstmal zweitrang, aber der Klang "Platz eins" ist großartig. Als Label-Chef habe ich auch versucht, die Produktion klein zu lassen, damit ich mich auf die Musik fokussieren kann. Wenn ich das später einmal lese, klingt Platz eins natürlich geil. (lacht)

"Krone": Warum eigentlich die Veränderung hin zur Unabhängigkeit und der eigenen Plattenfirma?
Clueso: Ich hatte die Wahl - das haben ja nicht alle. Ich war vertragslos und das war auch sehr gut. Wir haben die Hand nie zu weit aufgehalten. Es gab viele schöne Angebote von Plattenfirmen, aber für mich stand fest, das selber zu machen. Es gehört heute nicht mehr viel dazu. Ein Freund sagte zu mir: "In deinem Alter sollte man den landschaftlich schöneren Weg fahren." Ein geiles Statement, das auch sehr logisch klang. In so vielen Entscheidungsprozess drinnen zu sein macht mir Spaß, aber für mein Team ist es gerade der absolute Horror. Meine Freunde sind an der Belastungsgrenze.

"Krone": Ist es mittlerweile obsolet, bei einem großen Major-Label zu unterschreiben?
Clueso: Mein Manager, der mehr eine Art Mentor für mich ist, und ich haben in Hamburg ein Seminar für Musikmanagement gemacht und dort hieß es: "Die besten Verträge sind keine Verträge." (lacht) Das war auch unser Motto. Ich habe tatsächlich Geschäftspartner, mit denen habe ich keinen Vertrag, sondern alles basiert auf Vertrauen. Ich bin der Meinung, man kommt immer irgendwie raus, auch wenn man nicht mehr kann. Ich habe auch erfahren, wie es ist, übers Ohr gehauen zu werden, und das war lehrreich. Plattenfirmen kommen ursprünglich aus dem Rotlichtmilieu und haben sich verbessert. (lacht) Du kannst dir als Künstler bei denen Geld borgen und sie haben das Risiko, das nicht wieder einzunehmen. Nirgendwo außerhalb der Musikindustrie funktioniert das so. Ich war bei Four Music und das war ein schönes Zuhause. Ich habe nichts dagegen, wenn sich junge Leute Geld borgen, um ihren Traum zu erfüllen, aber sie sollen keine langen Verträge unterschreiben. Das finde ich ganz schlecht – ein junger Mensch sollte keinen Vertrag haben, der länger als zwei Jahre dauert.

"Krone": Eigentlich heißt es ja, sobald man viel mit der Business-Seite zu tun hat, leidet die Kreativität. Bei dir scheint das nicht der Fall zu sein?
Clueso: Gar nicht. Klar – der Fisch stinkt vom Kopf an, aber ich habe ein Büro mit starken Leuten und kann ganz befreit Musik machen. Ich stoße dann einfach dazu und komme mit Ergänzungen. Mir liegt das. Frontmänner erspüren ganz gut, was so vor sich geht, und das kommt mir auch zugute. Ich kann völlig angstfrei mit Leuten reden, ich duze jeden wie Pippi Langstrumpf. (lacht) Der Stress ist erst jetzt da – als es von mir noch keine Musik gab, mussten auch noch keine Entscheidungen getroffen werden.

"Krone": Dein Label hast du "Text und Ton" benannt, so wie dein Debütalbum. Soll das eine Art Klammer deiner Karriere darstellen?
Clueso: Hoffentlich nicht und die Klammer bliebt offen. Jetzt liegt der Schwerpunkt auf mir, es geht in erster Linie um Clueso. Mir liegt die deutsche Sprache sehr am Herzen und mir fällt es immer noch schwer, mit ihr geschmeidig umzugehen. Also kann ich mir selber schwer vorstellen, einen englischen Künstler auf meinem Label rauszubringen.

"Krone": Du hast dich auch um Produktion, Sounddesign und allem drum und dran gekümmert. Brauchst du diese totale Kontrolle?
Clueso: Jein, ich kann abgeben, wenn ich mich erklären kann. In den Produktionsprozessen kann ich das eben nicht, deshalb musste ich das selber machen. Bei mir steht immer die Lernphase im Vordergrund. Ich mache Alben, um mich zu entwickeln, und nicht für die Leute. Das ist vielleicht das Enttäuschende für viele, aber es ist nun einmal so. Das hier ist ein Pop-Album. Ein großes Album mit einem großen Sound. Ich habe auch kleinere Alben, die ich nachschießen werde.

"Krone": Sprichst von den beiden Alben, die du in den letzten Jahren aufgenommen, aber nicht rausgebracht hast?
Clueso: Das eine ist für meinen Opa und wird nicht rauskommen, das andere ist mein Reise-Album, das unterwegs entstand. Es gibt aber auch elektronische Sachen, die ich vielleicht rausbringe unter einem anderen Pseudonym, damit ich sehe, wie sich das entwickelt. Ich produziere auch viele Beats, weiß aber nicht, was ich mit denen mache. Die liegen bei mir herum. Musik ist für mich ein Bedürfnis wie Essen und Schlafen. Ich wollte immer Konzeptalben machen und meine Freunde haben mir davon abgeraten. Vielleicht trenne ich jetzt in der Größenordnung, zwischen dem typischen Clueso-Pop-Band-Sound und einem kleinen Jazz-Trio oder so. Es wird viel passieren und nicht mehr lange dauern, bis ich ein Album raushaue.

"Krone": Was ist eigentlich das "Opa-Album"?
Clueso: Mein Opa hat in Kneipen Arbeitersongs gemacht, die so witzig sind, dass die Leute am Boden liegen. Liegt auch daran, wie er das macht. Es wird aber nicht rauskommen, weil ich nicht will, dass dieses Material einer Wertung unterliegt. Opa ist 84 Jahre alt, spielt seitdem er 20 ist und singt uralte Seemannslieder, deren Urheber man oft gar nicht mehr kennt. Er hat die Lieder nie festgehalten. Es gibt so einen Song über den alten Joe, einen Vampir, der alle Zähne verliert und sich die Gewerkschaft nur mehr darüber beschwert, dass er Knutschflecken hinterlässt. Wenn das dann ein Typ mit einer Johnny-Cash-Stimme singt, ist das geil. Ich werde mal einen Song ausklammern und rausbringen, aber wohl kein ganzes Album. Er hat gar kein Bedürfnis, das veröffentlichen, und meint immer, so alte Menschen wie er sollten sich nicht zu stark an junge Leute klammern. (lacht) Oma hat auch keinen Bock, weil der Opa ohnehin schon so oft so lange wegbleibt. Ich will aber natürlich auch Opa schützen.

"Krone": War dein Opa die prägendste Persönlichkeit in deiner musikalischen Erziehung?
Clueso: Mein Vater und mein Opa. Meine Eltern haben mich zum Gitarrenunterricht geschickt, aber die Lehrerin war so langweilig, dass ich danach immer zu Opa ging, um die richtigen Griffe zu lernen. Die Lehrerin hat mir immer Milch mit Keksen gemacht, ihre Kohle kassiert und wirklich spielen gelernt habe ich dann bei Opa. (lacht) Er ist schon ein krasses Vorbild, ich mag den Typen. Ich kann mit dem auch gut abhängen.

"Krone": "Stadtrandlichter" klingt nach Grenze. Hat das mit deiner Heimat Erfurt zu tun?
Clueso: Das Wort weniger, aber es würde gut in die DDR-Lyrik reinpassen. Das Wort an sich gibt es gar nicht, aber jeder hat ein Bild dazu. Jeder sieht seine eigene Stadt an dem Ort, wo er am liebsten reinfährt. Einerseits heißt das Album wegen dem Song so und wegen dem Abstand, den ich brauchte. Vor Jahren war ich nur auf Achse und in letzter Zeit habe ich mich einfach mal entspannt, "GTA" gezockt und alles laufen lassen. Das ist ein Luxus, den ich mir gegönnt habe. Es heißt aber nicht, man muss im Wald wohnen – ich wohne gerne in der Stadt. Wenn man 30 ist, läuft man durch alle Zimmer seiner Jugend und ich beschäftige mich gerade viel mit der Vergangenheit, weil ich mich auch viel mit der Zukunft beschäftige. Mit Mitte 30 lernt man, dass das Leben endlich ist, man nicht immer auf diesem Planeten sein wird. Als Jugendlicher rennt man einfach los und die Welt ist ein Riesenspielplatz und man denkt, man lebt 1.000 Leben.

"Krone": Denkst du denn schon wehmütig an damals zurück? An die Unbeschwertheit der Jugendtage?
Clueso: Eigentlich nie, dafür hänge ich zu viel menenleben zurückholen müssen. Wehmut taucht auf, wenn man im Bett liegt und über früher sinniert.

"Krone": Du lebst ja nach wie vor mit fünf anderen Typen in einer WG – also wirklich extrem jung.
Clueso: Die sind alle um die 30 und sind Berufsjugendliche. Mit Spielzeug spielen ist bei Künstlern wichtig, wir haben jede Woche einen anderen Blödsinn. Vom Trampolin, in den Pool, auf den Basketballkorb zurück zur Tischtennisplatte und zur Spritzpistole. Das hält kreativ und bei Laune. Wir sind Grafiker, Musiker, Jazzdrummer – es geht viel um Spiele und Wettbewerb und das hält jung.

"Krone": Bleibt dabei nicht zu wenig Privatsphäre?
Clueso: Eigentlich nicht, ich habe einen eigenen Raum und das ist bei so vielen Egos auch ganz wichtig. Ich habe meine eigenen Katzentür und da kriegt keiner mit, wie oft ich da rein- und rausrenne.

"Krone": Das typische Vorstadtspießer-Leben wäre für dich also die Hölle?
Clueso: Direkt gegenüber gibt es das bei mir zu Hause. Ich kann das nicht begreifen, dass die teilweise jünger sind als ich und in einem Haus der Marke "Truman-Show" leben. Selbes Haus, selber Baum, selbes Auto und im besten Falle selbe Frau. (lacht) Alles ist gleich. Ich verstehe es zwar in gewisser Weise, aber eigentlich kapiere ich das nicht.

"Krone": Du bist noch immer in Erfurt verwurzelt – ein Wunder, dass Berlin dich als Musiker nicht schon längst aufgesaugt hat?
Clueso: Für mich ist Berlin wie Hotelzimmer. Ich liebe es, dort zu sein, und könnte Wochen dort verbringen, aber nur, weil ich es nicht muss. Berlin ist eine Art Luxus, den ich mir gönne. Ich muss dann nicht jeden Tag durch diesen Verkehr und muss mich nicht von einer Welle an Eindrücken wegspülen lassen. Es ist sehr gesund, dass ich in Erfurt wohne. Ich finde Berlin interessant und uninteressant zugleich.

"Krone": Du behältst also deine jugendliche Leichtigkeit und bist trotzdem sehr heimatverwurzelt?
Clueso: Genau, ich habe bei mir schon eine Art Angekommensein. Aber ich könnte auch sofort weg, wenn mein Umfeld nicht passt. Ich kann in Erfurt meine Halbjahres-Träume erfüllen und wenn das nicht mehr gehen würde, könnte ich auch woanders hin.

"Krone": Planst du gerne, weil du von Halbjahres-Träumen sprichst?
Clueso: Weniger eigentlich. Ganz ehrlich weiß ich aber oft nicht einmal, wann ich wo auftrete und was als nächstes ansteht. (lacht)

"Krone": Kommen wir zurück zum Album. Du hast jegliche Stilgrenzen durchbrochen und machst im Prinzip, was du willst. Von deinen Hip-Hop-Anfängen hört man indes am allerwenigsten.
Clueso: Hip-Hop gab es auf dem letzten Album schon kaum, jetzt gibt es nicht einmal mehr einen Song. Ich schreibe immer Rap-Songs, finde aber, dass diese Songs mehr mit Tagesgeschehen zu tun haben und mir leichter fallen als die Songwriter-Songs. Rappen ist viel einfacher, dort muss nicht jede Zeile mit Inhalt gefüllt sein. Ich fühle mich im Gesang viel mehr zu Hause und finde die Geschichten viel tiefer. Ich kann mir aber vorstellen, dass so ein Rap-Album mal kommt. Jemand müsste sich aber bei mir einnisten und mich dazu zwingen, indem er den ganzen Tag rappt. (lacht)

"Krone": Wenn Beatrice Egli bei dir einzieht, wirst du zum Schlager-Musiker?
Clueso: Das glaube ich nicht. Im umgehe extrem Sachen, wo ich glaube, dass sie mir nicht guttun. Deshalb sehe ich auch nicht fern und bei Schlagermusik würde ich schon die Türen verrammeln oder wen rausschmeißen. Ich versuche nicht einmal aus Neugierde, so etwas zu hören, es soll tatsächlich keine Melodie hängenbleiben. (lacht) Ich finde jede Musik cool, die ehrlich ist, aber Ehrlichkeit alleine reicht nicht aus. Ich mag es, wenn sich Leute den Brustkorb aufreißen und riskieren, sich eine Infektion zu holen. Das gibt es bei Schlager weiß Gott nicht, die tun nur so. Ich habe auch nicht so viele Sehnsüchte, die mich befriedigen in solchen Aussagen wie im Schlager, die so einfach sind. (lacht)

"Krone": Ein Song auf dem Album nennt sich etwa "Lass den Kopf nicht hängen". Kennst du die Situation der Ausweglosigkeit?
Clueso: Absolut, ständig sogar, weil ich jede Woche vor einer Aufgabe stehe, die ich niemals zuvor so gesehen habe. Als Solokünstler gibt es keine direkten Endgegner und man fechtet ins Nichts. Dann kommen plötzlich ganz neue Aufgaben, und denen fühlt man sich oft nicht gewachsen. Dann gibt es noch einen weiteren Zwiespalt. Als Musiker versuchst du dir das Kindliche, das Naive zu bewahren, musst aber dennoch erwachsene Entscheidungen treffen. Dazu gehört auch, mal jemandem abzusagen. Das kann sehr hart sein. Da hilft mir der Song schon. Der Song ist aber eigentlich ein expliziter Vergleich zum Fußball, obwohl ich kein Fan davon bin. Es gibt im Sport einen Sieger und einen Verlierer und beide stehen nebeneinander auf einem Platz. Ich habe das versucht, auf eine Beziehung umzumünzen. Ich wollte wachrütteln, dass Menschen Gewinner lieben und verehren, dabei aber vergessen, das es viele Misserfolge gibt, bis man Erfolg haben kann.

"Krone": Was löst denn bei dir die Emotionen aus, die ein Fußballfan mit seinem Verein erleidet?
Clueso: Kickern. Du musst aber gewinnen wollen, sonst spiele ich nicht mit dir. Wenn ich alles gebe und trotzdem verliere, kein Problem. Wenn ich aber mit jemandem nur verliere, dann tausche ich den Partner. (lacht)

"Krone": "Alles leuchtet" dreht sich um das Älterwerden und das Aufschieben von Entschlüssen. Bist du ein professioneller Prokastrinierer?
Clueso: Ich habe oft das Gefühl, dass sich meine Gedanken mit der Angst vor Konsequenzen vermischen. Das ist etwas rein Menschliches, das jeder verstehen kann. Wenn ich für etwas brenne, ist mir das egal, da bin ich rigoros. Ich habe auch die Lehre hingeschmissen und folgte meiner Nase.

"Krone": Du hast auch die Schule abgebrochen.
Clueso: Ich bin in der Hauptschule raus, von der Schule geflogen und habe dann auch die Friseurs-Lehre abgebrochen. Ich habe die Theorie nicht geschafft. Ich saß mit dem Kumpel, der jetzt alle meine Cover macht, zusammen und der wollte auch nicht mehr Koch sein. Wir sind mit viel Stress zu Hause ausgezogen und haben das gemacht, was wir noch heute machen. Das ging gut und davor hatte ich auch keine Angst.

"Krone": Du hast doch auch eine Vorbildfunktion für deine jungen Hörer. Wie passt das zusammen? Erfolgreicher Schulabbrecher mit der Botschaft, die Schule nicht abzubrechen?
Clueso: Doch, aber ich mache in meinen Aussagen oft extra Schachtelsätze, um verschiedene Blickwinkel einzubringen. Ich persönlich bin der Meinung, Erfahrung ist nicht übertragbar, aber man braucht keine Referenzen auf Papier. Man muss haushalten mit Energien, damit man fit ist, und dann kommt man immer irgendwo unter. Es gibt nichts Geileres als eine Biografie anzureißen, ausprobieren, weglegen, ausprobieren, weglegen. Das ist ein Sammelbecken, das sich irgendwann in Etwas ergießt. Ich sage jungen Leuten immer, sie sollen etwas ausprobieren und wenn es nichts ist, wieder wegschmeißen. Die Schule lehrt dir genau das Gegenteil. Du musst alles durchziehen, der Beste werden und ganz viel Erfolg haben. Wenn du dich mit 40 erstmals auf ein Skateboard stellst, ist das auch cool, aber du bist nicht mehr so beweglich und hast den schalen Beigeschmack, etwas Verlorenem nachzujagen. Du gibst einem Kind den Stift und es malt, hört dann plötzlich auf. So geht das das ganze Leben lang, bis du dich in etwas verlierst. Die Leute mussten mich abstauben und füttern, damit ich vom Computer wegkomme.

"Krone": Du hast unlängst vor einer Schulklasse gespielt. Kriegst du da ein n. Die Frage "Hast du eine Freundin?" nervt mich in jedem Interview, weil ich das Privatleben umschiffe, aber wenn dich Kids dann ganz direkt fragen, antworte ich zwar auch, dass ich darüber nicht rede, aber es steckt keine böse Absicht dahinter. Die wollen das einfach wissen. Ein Journalist spricht ja für verschiedene Leute, das Kind nur für sich. Die wollen auch wissen, wieso ich von der Schule geflogen bin, um für sich auszuloten, wie weit sie gehen können. (lacht) Das war eine extrem coole Stunde und wenn ich nicht Musik machen würde, würde ich sicher etwas mit Kids oder Jugendlichen machen, weil mir deren Energie so gut gefällt.

"Krone": Hat dir ein Kind schon einmal gesagt, dass ein Song einfach "scheiße" war? Wie gehst du mit so einer entwaffnenden Ehrlichkeit um?
Clueso: Eigentlich kann ich mit Kindern gar nicht so gut. Ich habe selber keine, nehme sie aber als ernste Personen wahr. Wenn die also sauer sind, bin ich sauer, dass sie sauer sind. (lacht) Eine Mutti ist nicht sauer, die ärgert sich ein bisschen, aber das ist ihr Kind. Mich grämt das aber, selbst wenn ein Kind was scheiße findet. Kindertest nicht bestanden. Es ist ja auch was Wahres dran. Kinder sind wie eine Art Schwamm, die suchen sich ihren eigenen Kram heraus. Ich finde es geil, wenn Eltern zu mir kommen und sagen, ihr Kind hört den ganzen Tag den und den Song, obwohl er ihn gar nicht von den Eltern hat. Das finde ich super. Das ist doch eine schöne Belohnung.

"Krone": Vor "Stadtrandlichter" warst du eine Zeit lang nicht in der Öffentlichkeit. Bist du froh, wieder ins Rampenlicht zurückzukehren?
Clueso: Ich mag das Rampenlicht, ja. Aber nur solange es um Sachen geht, die ich liebe und für die ich brenne. Wenn es um einen Personenkult geht, kann ich es nicht leiden. Viele Leute wissen, dass ich nicht darauf stehe, und deshalb reagieren sie sehr cool auf mich. Wenn ich esse und jemand fragt mich höflich, ob er ein Foto machen darf, dann kann ich damit was anfangen und da habe ich auch die Option, trotzdem nein zu sagen.

"Krone": Leute in deinem Umfeld wollten dich mal in eine Castingshow stecken.
Clueso: Ich komme ja aus dem Hip-Hop und da wäre das überhaupt nie ein Thema gewesen. Damals war schon alles verschrien, was Kommerz war. Davon musste ich mich dann auch irgendwann lösen. Es ist eine Show und es geht um nichts anderes. Das macht sich auch bemerkbar. Ich verteufle niemanden, der als Protagonist oder Juror in die Castingshow geht, aber mich persönlich würde man da drinnen nicht sehen.

"Krone": In Form von Smudo und Michi Beck bei "The Voice" sitzt Hip-Hop mittlerweile aber schon in der Jury einer Castingshow.
Clueso: Ich habe keinen Fernseher und verfolge das nicht. Ich mag die beiden und die Fantas – das sind Wegbegleiter, die mir im Leben sehr geholfen haben. Sie werden schon ihre Gründe haben. Wenn man in der deutschen Szene so viel gemacht hat wie die Jungs, kann man sich das schon erlauben. Es wird ihnen nicht wehtun.

"Krone": Du hast auch schon mit Udo Lindenberg und vielen andere zusammengearbeitet. Hat es für dich ganz prägende Erlebnisse gegeben?
Clueso: Immer wieder, aber hauptsächlich Kleinigkeiten. Udo ist die Show zum Beispiel ganz wichtig. Da müssen Zeppeline rein- und UFOs herumfliegen und es muss knallen. Ich muss eine Möglichkeit finden, auch eine Show zu schmeißen, die eine gewisse Größe und einen gewissen Unterhaltungswert aufweist. Ich will das nicht anderen überlassen. Ich spiele jetzt in großen Hallen und da muss ich auch was bieten. Ich versuche schon bei der Setlist viel mehr Zeit ins Spiel zu bringen. Es muss groß und privat sein gleichermaßen. Das ist das Ziel, das ich jetzt primär verfolge. Udo hat auch nie Show über Musik gestellt. Unabhängig ob vor ihm Trapezkünstler am Start sind oder nicht, er schafft es eine Ballade zu singen, ohne das sie trieft. Mir kann es jedenfalls nicht passieren, dass ich die Show über die Musik stelle.

"Krone": Keine Gummidrachen oder Kobolde?
Clueso: Nein, sicher keine Gummidrachen. (lacht)

Am 29. Oktober spielt der deutsche Hitparaden-Stürmer Clueso zum Abschluss seiner kurzen Österreich-Tournee noch in der Wiener Arena. Das Konzert ist bereits restlos ausverkauft.

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