Drama im Iran

Exekution von 26-Jähriger: Noch viele Fragen offen

Ausland
25.10.2014 19:30
Die Iranerin Reyhaneh Jabbari hat bis zuletzt auf eine Begnadigung gehofft. Doch am Samstag im Morgengrauen wurde die 26-Jährige nach Jahren in der Todeszelle trotz internationaler Proteste hingerichtet. Die Frau soll 2007 einen Mann ermordet haben. Auch nach ihrer nunmehrigen Exekution bleiben viele Fragen offen.

Für die junge Iranerin hatte das Martyrium vor sieben Jahren mit dem Auftrag eines Mannes, der seine Wohnung in Nordteheran neu dekoriert haben wollte, begonnen. Der vorgebliche Kunde habe versucht, sie in der Wohnung zu vergewaltigen, hatte die damals erst 19-Jährige angegeben. Sie habe sich gewehrt und den Angreifer dann in Notwehr mit einem Messer getötet. Dies endete für die Frau am Samstag mit dem Tod am Strang.

Polizei ortete keine Vergewaltigung
Die Polizei war bei ihren Ermittlungen zu einem anderen Tatverlauf als von Jabbari angegeben gekommen. Es habe demnach keinerlei Spuren einer Vergewaltigung gegeben. Der Mann sei von hinten - angeblich beim Beten - erstochen worden. Außerdem gebe es Zeugen, die gesehen haben sollen, wie sie das Messer zwei Tage zuvor gekauft hatte. Und: Jabbari soll mit ihrem Handy eine Textnachricht an eine Freundin geschickt und ihre Tat angekündigt haben.

Juristin vermutet ein Beziehungsdrama
"Es gab in der Tat sehr viele Widersprüche", kommentierte am Samstag eine mit dem Fall vertraute Anwältin in Teheran die Aussagen der Frau. Keine junge Frau würde beispielsweise in dem islamischen Land alleine in die Wohnung eines wildfremden Mannes gehen. Auch dass sie ihn von hinten erstochen habe, mache bei einer Vergewaltigung keinen Sinn, erklärte die Juristin.

Auch die genaue Identität des Opfers ist unklar. Es ist von einem Agenten des Geheimdienstes, aber auch von einem Arzt die Rede. "Das spielt zwar bei einem Mord keine große Rolle, aber zumindest bei der Aufklärung der Zusammenhänge", so die Anwältin. Den Fakten nach sollte man laut ihrer Aussage eher von einem Beziehungsdrama mit einer Kurzschlussreaktion ausgehen. Doch die Affäre eines verheirateten Beamten in der islamischen Administration mit einer 19-Jährigen - und das noch in einer heimlichen Junggesellenwohnung - sollte wohl doch lieber nicht ans Licht kommen, meinte die Juristin.

Durch Folter erzwungenes Geständnis?
Der UN-Sonderberichterstatter zur Menschenrechtslage im Iran, Ahmed Shahid, hatte sich bereits im April ernsthaft besorgt geäußert, dass Jabbari kein faires Verfahren erhalten habe könnte. Das Urteil basiere demnach möglicherweise auf ein durch Folter erzwungenes Geständnis. Auch verschiedene Menschenrechtsorganisationen beklagten in dem Fall schwere Verfahrensmängel. Demnach sollen wichtige Beweise nicht verwendet worden sein.

Familie des Opfers lehnte Begnadigung ab
Die Hinrichtung hätte dennoch verhindert werden können. Im Iran gilt das "Ghessas-Gesetz", wonach die Familie eines Opfers sowohl ein Recht auf Vergeltung als auch auf Begnadigung hat. Doch die Kinder des Opfers wollten keine Begnadigung, weil sie nach eigenen Angaben nicht nur den Vater verloren hatten, sondern auch mit den Vergewaltigungsvorwürfen der Frau gegen ihn leben müssen. Die hätten den Ruf der Familie für immer beschädigt, sagt der ältere Sohn.

Mutter: "Mit Fieber zum Strang getaumelt"
Die Mutter Jabbaris ist jedenfalls am Boden zerstört. "Ich weiß nicht, ob ich traurig oder wütend sein soll", schreibt sie auf ihrer Facebook-Seite. Am Vorabend der Hinrichtung habe ihre Tochter vor Angst sogar Fieber bekommen. "Und mit Fieber taumelte sie dann auch heute zum Strang."

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