Vor Snowden & Co.

Friedensnobelpreis: Papst in der Favoritenrolle

Ausland
09.10.2014 14:05
Es ist die weltweit renommierteste Auszeichnung, deren heuriger Träger am Freitag im norwegischen Oslo bekannt gegeben wird: der Friedensnobelpreis. Die Kandidaten sind namhaft wie selten zuvor: Pakistans Kinderrechtsaktivistin Malala Yousafzai ist ebenso unter den Anwärtern wie NSA-Aufdecker Edward Snowden und sogar Russlands Präsident Wladimir Putin. Die Buchmacher kennen jedoch einen anderen, eindeutigen Favoriten: Papst Franziskus.

Die Liste ist mit nicht weniger als 278 Nominierten länger als je zuvor. "Das Interesse am Preis ist enorm gewachsen", sagt der Sekretär des Nobelkomitees, Geir Lundestad. Zum Vergleich: Als Martin Luther King vor genau 50 Jahren den Preis bekam, hatte er sich noch gegen 43 andere Kandidaten durchgesetzt.

Sollte sich die Jury, wie viele Experten voraussagen, für Franziskus entscheiden, wäre er in der 114-jährigen Geschichte des Friedensnobelpreises der erste Papst als Preisträger. Die Buchmacher führen ihn mit einer Quote von 3,50 überlegen an der Spitze. Der auf Platz zwei gereihte kongolesische Gynäkologe, Spitalsgründer und UNO-Menschenrechtspreisträger Denis Mukwege ist mit einer Quote von 7,00 klar abgeschlagen. UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon folgt auf Platz drei.

Snowden "umstritten, aber sehr interessant"
Mit einer Quote von 9,00 ex aequo mit Ban liegt auch Edward Snowden auf einem aussichtsreichen Platz. Seine Nominierung hatte für Irritationen gesorgt. "Snowden ist umstritten, aber ein sehr interessanter Kandidat", sagt Kristian Berg Harpviken, der Direktor des Osloer Friedensforschungsinstituts. Im Gegensatz zu WikiLeaks-Gründer Julian Assange oder Whistleblower Chelsea Manning, deren Namen auch als Preis-Anwärter im Umlauf sind, habe sich Snowden nach seinen Enthüllungen "verantwortungsbewusst und reflektiert" gezeigt.

Auch die Nominierung Putins stößt erwartungsgemäß nicht bei allen auf Verständnis. Nicht zuletzt der Zeitpunkt im Jahr der Eskalation in der Ukraine verstört viele. Seine Unterstützer hatten den Kremlchef mit der Begründung ins Spiel gebracht, dass Putin die NATO an einer Kriegsteilnahme in der Ostukraine gehindert habe.

Doch auch zwei Putin-Gegeninstitutionen dürfen sich Chancen auf den mit acht Millionen Schwedischen Kronen (knapp 900.000 Euro) dotierten Preis ausrechnen: die kremlkritische russische Zeitung "Nowaja Gaseta" und die Organisation der Lesben, Gays, Bi- und Transsexuellen. Ihr Problem: Mit der EU und der Organisation für das Verbot chemischer Waffen hatte das Nobelkomitee zuletzt zweimal eine Organisation geehrt. Diesmal dürfte laut Insidern wieder eine Person an der Reihe sein.

Franziskus "zu jung" für Nobelpreis?
Die jüngere Nobelpreis-Vergangenheit zeigt weiters, dass eine Entscheidung für Franziskus wohl auch nicht alle zufriedenstellen dürfte. Eine solche Wahl würde an das Jahr 2009 erinnern, als der Preis an US-Präsident Barack Obama - damals noch keine elf Monate im Amt - vergeben wurde. Zu früh, er habe sein Engagement für den Frieden noch nicht nachhaltig unter Beweis stellen können, ätzten damals viele - und sahen sich durch manche Entwicklungen der Folgejahre bestätigt. Die bisherige Amtszeit von Franziskus ist mit etwa eineinhalb Jahren ebenfalls noch schmal bemessen, ein Nobelpreis für den "Jung-Pontifex" könnte also ähnliches Unverständnis nach sich ziehen.

Alles also eine Frage des Timings? Unter diesem Gesichtspunkt drängt sich für Beobachter ein neuer Geheimfavorit auf: der deutsche Altkanzler Helmut Kohl. Er war bereits in der Vergangenheit mehrmals als Anwärter genannt worden. Heuer, 25 Jahre nach dem Mauerfall, könnte die Zeit für den mittlerweile 84-Jährigen reif sein.

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