Live in Stadthalle

Backstreet Boys können noch immer Herzen brechen

Musik
16.07.2014 01:26
Noch heißer als auf dem sommerlichen Vorplatz wurde es am Dienstagabend in der Wiener Stadthalle. Die legendären Backstreet Boys, die kommerziell erfolgreichste Boygroup aller Zeiten, boten vor mehr als 11.000 Fans nicht nur ein stark choreografiertes Best-of-Set ihrer größten Hits, sondern auch zahlreiche neue Songs und den Griff zu echten Instrumenten.
(Bild: kmm)

Es ist schon paradox. Vor 20 Jahren versank vor allem das Testosteron-gesteuerte Geschlecht in eine demütige Peinlichkeitshaltung, wenn die Sprache auf die Backstreet Boys kam. In der Gegenwart anno 2014 herrschen bei den einst jungen Pubertätsrabauken fröhliche Urständ. Es ist längst "state of the art", Songs wie "I'll Never Break Your Heart" oder "10.000 Promises" anzuschmachten und mit Sopran-haltiger Stimme selbst zu intonieren.

Langer Weg zur Coolness
Vom Schamgefühl der jungen Jahre ist wenig zu sehen – viel mehr können sich die Männerhorden einer gewissen Ironie nicht erwehren. Man weiß, dass es immer noch peinlich ist, aber unzählige "Trash"- und "Worst of the 90s"-Parties haben die Geschmacksnerven abgehärtet. Die Backstreet Boys unterliegen dem Duran-Duran-Syndrom – auch bei denen dauerte die Wandlung Richtung Coolness einige Zeit.

Von den einstigen Teenie-Idolen ist optisch nichts mehr zu sehen. Statt den Pickeln gibt's Geheimratsecken, die poppigen 90er-Jahre-Frisuren wurden auf modern getrimmt, Falten bleiben – im Gegensatz zu den bereits im Frühling in Wien vorstelligen New Kids On The Block – noch aus. Dass Oberschnuckel und Mädchenschwarm Nick Carter erst 34 Jahre alt ist, beweist eindrucksvoll, wie jung das Quintett aus Florida einst die Welt umarmte. Schon nach dem schmucken James-Bond-Intro und dem Klassiker "The Call" zu Beginn der zweistündigen Show ist eines bereits Gewissheit – die weltweit erfolgreichste Boyband aller Zeiten weiß noch immer Herzen zu brechen.

Lobeshymnen des Hampelmanns
Ein gleich im doppelten Sinn einschneidendes Erlebnis ist dabei der dritte Song, das mit lautem Johlen quittierte "Incomplete". Einerseits schnallt sich Nick Carter hier erstmals eine E-Gitarre um – undenkbar in den frühen Tagen des Hampelmanntums –, andererseits fliegt kurz nach dem Song auch der erste rosarote BH auf die Bühne. Mit der auf Deutsch entgegneten Antwort "Ich liebe deine dicken Titten" beweist Carter eindrucksvoll, dass er auch verbal im Erwachsenenleben angekommen ist. Ohne dabei zu vergessen, dass Wien "wie heimkommen für uns ist" und "die Stadt eine der ersten Plätze war, die die Backstreet Boys in ihrer Karriere pushten" – gern geschehen!

Rund 11.000 Fans inklusive sehr hohem Frauenanteil können nicht irren, ihre Faves auf der Bühne waren Mitte/Ende der 90er-Jahre mitunter das Größte im Pop-Zirkus. Dass brandneue Songs wie das mit Zeltfest-Schlagerrhythmus ausgestattete "Permanent Strain" oder das Gitarren-verstärkte "In A World Like This" qualitativ nicht an die großen Klassiker anschließen können, wird locker verschmerzt. Zu eindringlich und nostalgisch wabern sich die einstigen Top-Hits durch die Gehörgänge und lassen in den Zuschauerhirnen unweigerlich Reminiszenzen an längst vergangene Tage aufkommen.

Akustische Liebesbekundungen
Zu Backstreet-Boys-Songs hat schließlich jeder der Anwesenden seine ganz persönliche Story, die er via Kopfkino abrufen kann. Zwischen all dem ohrenbetäubenden Geschrei, den roten Herzen aus dem Publikumsbereich und den psychedelischen, fast schon Mandala-artigen, bunten Videoeinspielungen auf der opulenten Leinwand bleibt Nick, Brian, Howie, A.J. und dem vor zwei Jahren heimgekehrten Kevin vor allem viel Zeit für perfekt einstudierte Choreografien, einen sanften Akustikteil mit Backgroundsängerinnen, der mit dem hervorragenden "Quit Playing Games (With My Heart)" schließt, und zahlreiche deutschsprachige Ansagen und Liebesbekundungen, die sich wie Watte in den Fan-Ohren festsetzen.

Neben humorigen und durchaus selbstironischen Videoeinspielungen ist vor allem der Schlussblock ein großer Schritt in die Glückseligkeit der Fans. Das mit Wunderkerzen beleuchtete "I Want It That Way", der Mega-Kracher "Everybody (Backstreet's Back)" und das fast schon rockige "Larger Than Life" sind tatsächlich Hymnen für eine ganze Generation. Kondition und Ernsthaftigkeit des Dargebotenen zeigten vor allem eines – es geht den Jungs mit der Halbplaybackshow vielleicht mitunter, aber nicht ausschließlich um den schnöden Mammon.

Talent im Vorprogramm
Schon im Vorfeld wurde mit dem Schweizer Bastian Baker ein großes Talent der Singer/Songwriter-Kunst vorstellig. Bewaffnet mit einer Akustikgitarre und einer Wagenladung an jugendlichem Charme, wirkte er im monströsen Stadthallenverbau zwar etwas deplatziert, aber mit umso mehr musikalischem Verve beschlagen. Zwischen Songs wie "Tomorrow May Not Be Better" und "I'd Sing For You" verzückte er die Fans mit Schwyzerdütsch und bewies sich – ganz dem Genre entsprechend – als sympathischer Geschichtenerzähler.

Ob er in "79 Clinton Street" über gleichnamige Straße erzählt, die er fünf Tage lang in New York bewohnte, oder "extra für Wien" ein Wort namens "wundergeil" erfunden hat – er zog Blicke und Interesse der Anwesenden trotz des fehlenden Action-Faktors in Sound und Bühnengehabe sofort auf sich. Das geht wohl noch besser, wenn er der große Hauptdarsteller eines Konzertabends ist. Zum Beispiel am 6. November im Wiener WUK, bei seiner ersten Österreich-Headlinershow. Karten dafür erhalten Sie unter 01/960 96 999 oder im "Krone"-Ticketshop.

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