Top-Job zu vergeben

Karas oder Hahn? Scheinmanöver um den EU-Kommissar

Österreich
26.05.2014 22:23
Um den Posten des österreichischen EU-Kommissars, den begehrtesten Job in Brüssel, ist es am Tag nach den Europawahlen zu einigen Scheinmanövern gekommen. Auslöser für das Gerangel waren Gerüchte, dass ÖVP-Spitzenkandidat Othmar Karas nach seinem Wahlsieg die Top-Position für sich beanspruchen könnte. Sollte Karas zum nächsten Karrieresprung in Brüssel ansetzen, müsste der bisherige, ebenfalls von der ÖVP gestellte EU-Kommissar Johannes "Gio" Hahn Platz machen.

Hahn beeilte sich daher, gleich am Montag an allen Stellen zu deponieren, dass er meine, bisher einen guten Job in Brüssel gemacht zu haben. Er drängte auch auf eine rasche Entscheidung, die zu seinen Gunsten ausfallen solle. Von der SPÖ erhält Hahn jedenfalls Unterstützung. Hingegen soll sich die Begeisterung für einen EU-Kommissar Karas dem Vernehmen nach sehr in Grenzen halten.

SPÖ macht Hahn die Mauer
Es gilt als ausgeschlossen, dass die Sozialdemokraten den ÖVP-Spitzenkandidaten der Europawahlen für den wichtigsten Posten, den Österreich in Brüssel bekommen kann, unterstützen. Mehrere SPÖ-Minister äußerten sich am Montag auch schon dahin gehend, dass Hahn als Kommissar ihre Unterstützung hätte. Kanzleramtsminister Josef Ostermayer sagte am Abend im ORF-"Report", es gebe keinen Grund, Hahn auszutauschen.

Sein Parteikollege Hannes Swoboda, Fraktionschef der Sozialdemokraten im EU-Parlament, äußerte kurz darauf in der "ZiB 2" indirekt Kritik am Verhalten der Genossen in Österreich: "Ich hoffe, dass die SPÖ irgendwann einmal sagt: Und jetzt sind wir dran", sagte das Brüssel-Schwergewicht der Sozialdemokraten, das diesmal nicht mehr zur Wahl angetreten war.

ÖVP ringt noch mit sich selbst
In der ÖVP ist die Unterstützung für Hahn nicht ganz so klar wie beim Koalitionspartner. Es herrscht fast durchwegs die Meinung, dass Karas nach seinem Wahlsieg aufgewertet werden sollte. Zuletzt war auch immer wieder die Rede davon gewesen, dass sogar Parteichef Michael Spindelegger mit einem Wechsel nach Brüssel geliebäugelt haben soll.

Von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner kamen allerdings deutliche Signale, dass Hahn den Kommissarsposten behalten solle. "Er hat ausgezeichnete Arbeit geleistet", sagte Pröll.

Kommentar: Und was haben wir davon?
Von den meisten EU-Kommissaren hört man in der Heimat genau zweimal etwas. Einmal vor Beginn ihrer Laufbahn in Brüssel, weil sie den Top-Posten unbedingt haben wollen. Zum zweiten Mal knapp vor Ende ihrer Amtszeit, wenn es darum geht, den Job zu behalten. In den fünf Jahren dazwischen herrscht mehr oder weniger Funkstille. Wie etwa bei Johannes "Gio" Hahn.

Eine Ausnahme war da Österreichs erster EU-Kommissar Franz Fischler. Der Tiroler ist zwar alles andere als ein Charmebolzen, aber im Agrarbereich fachlich über alle Partei- und Ländergrenzen hinweg hoch angesehen. Dieses Ansehen nutzte Franz Fischler, um den jeweiligen Fachministern daheim oder gleich der Regierung in Wien mit guten Ratschlägen auf die Nerven zu gehen.

Ein Kommissar vom Kaliber eines Franz Fischler war SPÖ und ÖVP eine Lehre. So einen, der von Brüssel oder aus der Pension heraus alles besser weiß, braucht man nicht mehr. Da ist auf einen wie "Gio" Hahn Verlass. Der wäre einfach froh, seinen super bezahlten Kommissarsjob zu behalten. Daher will er mit allen gut auskommen, mit denen von der SPÖ ebenso wie von der ÖVP - und im Übrigen verhält er sich still und artig.

Wie viel wir Österreicher davon haben, steht auf einem anderen Blatt. Aber als ordentlicher Europäer stellt man so eine Frage freilich gar nicht. Patriotische Handlungen sind für einen Kommissar bekanntlich etwas furchtbar Unanständiges.

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