45 Räuber gefasst

Schlag gegen die Balkanmafia

Österreich
21.04.2014 18:27
Waffenschmuggel, Drogenhandel, Postraub und Juwelierüberfälle - die Polizei in Europa stemmt sich gemeinsam gegen die Balkanmafia: In einem Schlag wurden nun 45 Räuber gefasst und 24 Überfälle geklärt!

"Diesen organisierten Banden ist nur mit der Durchleuchtung ihrer Infrastruktur, länderübergreifender Polizeirecherche, Identifizierung der Tätergruppen samt ihren Hilfsmannschaften beizukommen", erklärt Ernst Geiger, Österreichs Mafia-Jäger Nummer eins, in einem Gespräch der "Krone". Ebenso wie unter seiner Führung der Millionenraub des "Saliera"-Salzfasses geklärt wurde, versuchen nun Fahnder des Bundeskriminalamts in grenzüberschreitender Kooperation mit Kollegen in Europa, Verbrechern vom Westbalkan und deren Komplizen verstärkt die Suppe zu versalzen.

Mafiabosse im Wohnzimmer
"Wir stehen heute vor völlig neuen Verbrechensstrukturen", bringt auch Major Dieter Csefan die neue Taktik auf den Punkt. In TV-Krimi-Serien - vom "Tatort" bis zu "Schnell ermittelt" - rollen nach wie vor finstere Mafiabosse in feinem Tuch, eskortiert von kahlköpfigen Stiernacken in Jaguar-Limousinen über den Bildschirm. Doch die Realität ist heutzutage eine ganz andere, erklärt Csefan.

Konkret agieren die Mafiabosse vom Westbalkan praktisch von zu Hause aus: Ferngesteuert via Handys, Internet, Navis und Telefonvernetzung steuern sie ihre "Soldaten" in Europa. "Dort heißt das neue Zauberwort 'Residenten'", so Geiger.

Hilfe von "Residenten"
Bei diesen Residenten handelt es sich um am Balkan geborene Bürger, die in den vergangenen Jahrzehnten nach Mitteleuropa eingewandert und voll integriert sind. Dort versuchen die Balkanbosse, Helfer anzuheuern. Zumeist nur für "kleine Freundschaftsdienste": Wohnungen bereitstellen, Fluchtfahrzeuge organisieren, Handys kaufen, Juweliere auskundschaften etc.

"Für die Überfälle selbst werden dann junge, mittellose, brutale Burschen am Balkan gesucht" - zum Beispiel aus der Hooliganszene, weiß Chefermittler Csefan. Ohne Plan, ohne Waffen und völlig unauffällig reisen dann zumeist Viererbanden in den EU-Raum. Erst hier erhalten sie von den Residenten, die sie nur kurz kontaktieren, Ort und Datum des Überfallsziels. Dann schlagen sie blitzschnell zu - und dank der Hilfe der Residenten gelingt zumeist die Flucht.

"Grenzüberschreitende Polizeiarbeit setzt Grenzen"
Die aktuelle Zwischenbilanz des Bundeskriminalamts gegen die Mafia - Drogenkartell zerschlagen, 24 Raubüberfälle geklärt und Waffenschmugglerring ausgehoben - ist nun zumindest ein erster "Wellenbrecher". "Wir kämpfen weiter! Viribus unitis", so die Fahnder, "grenzüberschreitende Polizeiarbeit setzt Grenzen" - derzeit organisiert das Bundeskriminalamt mit Ungarn und Slowenien zwölf Projekte im EU-Raum und am Balkan.

Die ersten drei Polizeiaktionen im Detail:

Mit der Operation "Alcatraz" konnte eine international agierende Raubgruppe zerschlagen werden. Die serbische Bande war äußerst aktiv - nicht nur in Österreich, sondern auch in zahlreichen anderen europäischen Ländern wie Deutschland, Griechenland, Schweden, Frankreich oder der Schweiz. Um unauffällig durch Europa reisen zu können, gaben sie sich als serbische Fußballfans aus. Als Angehörige der Schlachtenbummlergruppe "Alcatraz" reisten sie offiziell zu den Matches ihrer Vereine, inoffiziell begingen sie in den jeweiligen Ländern die Raubüberfälle.

Dabei gingen die Bandenmitglieder wenig zimperlich vor. In "Pink Panther"-Manier überfielen sie zahlreiche Juweliere, indem sie die Vitrinen einschlugen und hauptsächlich teure Uhren mitgehen ließen. Aber auch Überfälle auf Postfilialen, Zigarettenschmuggel sowie Drogendelikte gehen auf das Konto der Bande. Meist wurden jene Leute als Bandenmitglieder rekrutiert, die in ihrer serbischen Heimat Schulden hatten.

Europaweit beging die Gruppierung 24 Raubüberfälle, neun davon 2013 in Österreich. Dabei handelt es sich um vier Juwelierüberfälle, darunter zwei Luxusjuweliere in der Wiener Innenstadt, sowie fünf Überfälle auf Postfilialen, die zumeist immer vom gleichen Täter begangen wurden. Hinzu kommen sieben Einbruchsdiebstähle in Österreich, einmal wurde etwa in Wien ein älteres Ehepaar in seiner Wohnung von den Einbrechern heimgesucht.

Insgesamt wurden bei der Operation "Alcatraz" 45 Verdächtige festgenommen, davon 15 in Österreich. Die letzten sieben Mitglieder des Fußball-Fanklubs wurden am 7. April in Haft genommen. In Österreich konnten auch 500 Gramm Heroin sowie 80.000 Zigaretten sichergestellt, die mit der Bande in Verbindung stehen.

In der Operation "Mekaniku" ("Mechaniker") gelang den Fahndern ein Schlag gegen eine Drogenbande aus dem Kosovo. Die Männer, darunter ein Vater mit seinem 18-jährigen Sohn, bauten in einer Werkstatt in Pristina Cannabiskraut in großem Stil in alte Autos ein und transportierten es quer durch Europa. Die Drogen wurden in doppelten Böden versteckt, indem sie das Suchtgift vakuumverpackt in Kfz-Platten regelrecht einschweißten. Nicht einmal die Suchtgifthunde konnten das Cannabis erschnüffeln. Nur mittels Trennscheibe wurden die Fahnder in den Fahrzeugen fündig.

Durch langwierige Observationen bekamen die Ermittler mit, dass im April ein Transport nach Österreich geplant war. Für die Übergabe an die Verteiler in Wien mieteten die Schmuggler eine Autowerkstatt in Scharndorf (Bezirk Bruck a.d. Leitha) an und zahlten dem Besitzer einen hohen Mietbetrag von 3.000 Euro. Der Vermieter wusste von den Machenschaften angeblich nichts, wurde auch nicht durch den hohen Geldbetrag stutzig. Am 11. April schlugen die Fahnder zu, zwei Transporteure sowie die zwei Abholer aus Wien wurden festgenommen. Dabei handelte es sich um drei Kosovaren sowie einen Serben.

Insgesamt 88,3 Kilogramm Cannabiskraut wurden sichergestellt. Die Drogen haben laut Polizei einen Schwarzmarktwert von knapp 900.000 Euro. Bereits drei Wochen davor konnten in einer Aktion im Kosovo 110 Kilogramm Suchtgift sichergestellt werden. Die Hintermänner im Kosovo sind laut Ermittlern allerdings noch aktiv.

Mit der Operation "Shilling" wurde internationalen Waffenhändlern der Garaus gemacht. Der Haupttäter soll laut Bundeskriminalamt Mitglied der berüchtigten Bikerbande "Hells Angels" sein. Er soll gemeinsam mit seinen Komplizen Waffen und Sprengmittel, die unter anderem für Bandenkriege gedacht waren, in Europa verteilt haben. So wurden bei der Grenze in Spielfeld in der Steiermark zwei Maschinenpistolen - zwei Kalaschnikows - sichergestellt, die nach Schweden geschmuggelt werden sollten.

Für die Zerschlagung der Bande wurden am 9. und 10. April in Bosnien-Herzegowina, Slowenien und Österreich zeitgleich 61 Hausdurchsuchungen durchgeführt. Ein Verdächtiger in Slowenien und 18 Personen in Bosnien-Herzegowina wurden festgenommen. Dabei wurden zahlreiche Waffen und Sprengmittel sichergestellt. Die Bande hatte aber auch im Drogengeschäft ihre Finger im Spiel: 300 Gramm Heroin wurden in Slowenien sowie 2,5 Kilogramm Heroin und elf Kilogramm Marihuana in Bosnien-Herzegowina sichergestellt.

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