Vor UNO-Tribunal

Mladic zuerst zahnloser, dann stummer Zeuge

Ausland
28.01.2014 13:25
Das erste Mal nach Ende des Bosnienkrieges 1995 sind die beiden Serbenführer, der ehemalige Militärchef Ratko Mladic (Bild re.) und Ex-Präsident Radovan Karadzic (li.), im Gerichtssaal des Haager Kriegsverbrechertribunals aufeinandergetroffen. Mladic wurde von Karadzic als Entlastungszeuge aufgerufen. Doch dieser gab zunächst den zahnlosen Zeugen, dem aus dem Gefängnis die Gebissprothese geholt werden musste, und danach den stummen Zeugen, der doch nicht aussagen wollte.

Mladic, der gegen seinen Willen aussagen sollte, hatte erst nach anfänglichem Weigern eingewilligt, im Karadzic-Prozess auszusagen. Kurz nach Verhandlungsbeginn musste aber gleich einmal eine Prozesspause eingelegt werden: Aus der Gefängniszelle von Mladic musste zunächst dessen Zahnprothese geholt werden. "Ich bitte die Sicherheitsbeamten, meine Zähne zu holen, damit ich besser reden kann", sagte der 71-Jährige.

Mladic: "Ich kann wegen meines Zustandes nicht aussagen"
Danach, als alle dachten, dass es nun endlich weitergehen könnte, die nächste Panne: "Ich kann und will wegen meines gesundheitlichen Zustandes nicht aussagen", wiederholte Mladic auf jede Frage Karadzics. Er halte sich an sein Recht, aus gesundheitlichen Gründen und aufgrund seiner Rechte, als Angeklagter nicht die eigene Sache zu gefährden, nicht auszusagen, verlas Mladic immer einen Text, den offenbar seine Verteidiger vorbereitet hatten.

Der Antrag seines Anwalts Branko Lukic, Mladic aus gesundheitlichen und sonstigen Gründen von der Aussage zu befreien, war abgelehnt worden. Seinen Mandanten zur Aussage zu verpflichten, wäre ein Verstoß gegen Menschenrechte, meinte Lukic. Mladic sei derzeit nicht einmal in der Lage, in seinem eigenen Prozess vor dem UNO-Tribunal auszusagen. Der Anwalt beantragte eine erneute ärztliche Untersuchung Mladics.

Karadzic erhofft sich entlastende Aussagen vom Ex-General
Karadzic wollte Mladic zum Massaker von Srebrenica, zum Beschuss Sarajevos und den Vertreibungen von Bosniaken und Kroaten von im Bosnienkrieg (1992-95) serbisch kontrollierten Gebieten befragen und erhoffte sich offensichtlich entlastende Angaben. Konkret soll es um die Frage gehen, ob Karadzic als Präsident der bosnischen Serben von Mladic je über Massakerpläne informiert wurde.

"Entschuldige Radovan, das war nicht gegen dich gerichtet", meinte Mladic beim Verlassen des Gerichtssaals nach der kurzen Verhandlung. Das Gericht hatte es abgelehnt, dass Mladic einen weiteren, von ihm vorbereiteten siebenseitigen Text verliest. Mladic hatte darauf beharrt.

"Genosse Kwon" und das "Teufelsgericht"
Sowohl zu Beginn als auch zum Abschluss seines Auftritts als Zeuge vor Gericht bezeichnete Mladic das UNO-Tribunal als "Teufelsgericht", das er nicht anerkenne. An den Senatsvorsitzenden, Richter O-Gon Kwon wandte er sich in einem Augenblick mit der Anrede "Genosse Kwon".

Karadzic war im Juli 2008 in Belgrad festgenommen worden, wo er als unter falscher Identität als Heilpraktiker tätig war. Mladic wurde im Mai 2011 in einem Dorf in der serbischen Region Vojvodina dingfest gemacht. Er hatte sich dort bei einem Verwandten versteckt.

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