Wirbel um Voves

Rumpeliger Start für die rot-schwarze Neuauflage

Österreich
13.12.2013 16:16
Die Neuauflage der großen Koalition steht. Nach dem ÖVP-Vorstand hat am Freitag auch der SPÖ-Vorstand zugestimmt, freilich nicht ohne Misstöne. Es gab sechs Gegenstimmen, und der steirische Landeshauptmann Franz Voves zog sich gleich ganz aus allen Bundesfunktionen zurück, um sich nur noch auf die Landespolitik zu fokussieren.

Vor der Abstimmung zum Regierungspakt verließ der steirische Landeschef jedenfalls die Vorstandssitzung. Eine echte Begründung dafür gab es ebenso wenig wie für seinen Bundesrückzug, was etwa dem Wiener Bürgermeister Michael Häupl sichtlich missfiel: "Es weiß eigentlich keiner, warum." Voves selbst sprach von persönlichen Gründen für seinen Rückzug.

Sechs Nein-Stimmen zum Koalitionspakt
Vorarlbergs Landeschef Michael Ritsch fand sein Vorgehen "ein bisschen ehrlicher", hatte er doch schon im Vorfeld klar gemacht, unter anderem wegen der im Regierungsprogramm fehlenden Gesamtschule Nein zum Koalitionspakt zu sagen. Ihm schlossen sich eine weitere Vorarlberger Landespolitikerin sowie die Vertreter der Jugendorganisationen an.

Kanzler Werner Faymann war dennoch zufrieden. Er sei "froh" über die "sehr große Zustimmung". Auf Kritik auch aus den eigenen Reihen angesprochen betonte er, dass es sich eben nicht um ein Parteiprogramm sondern um ein Regierungsprogramm handle.

Ministerliste einstimmig angenommen
Immerhin beim Personal war man sich in der SPÖ einig. Die Ministerliste wurde einstimmig abgesegnet. Josef Ostermayer ist nun nicht mehr Staatssekretär, sondern Kanzleramtsminister und unter anderem für Medien und Beamte zuständig, Gabriele Heinisch-Hosek übernimmt von Claudia Schmied das Unterrichtsressort und nimmt die Frauenagenden mit und Sonja Steßl wird als einzige Neueinsteigerin Finanzstaatssekretärin. Alles andere bleibt gleich.

Unstimmigkeiten innerhalb der ÖVP
Diese Harmonie in Personalangelegenheiten hätte die ÖVP wohl gerne gehabt. Beim Bundesparteivorstand war Montagabend stundenlang gerungen worden, um eine einhellige Zustimmung zur Ministerliste zusammenzubekommen. Hatte Parteichef Michael Spindelegger im Anschluss noch so getan, als wäre das Team immer schon klar gewesen, bestätigte der Kärntner Landeschef Gabriel Obernosterer, dass eigentlich sein Landsmann Werner Wutscher Landwirtschaftsminister hätte werden sollen, von einer Achse aus Tirol, Vorarlberg und der Steiermark aber zu Fall gebracht und durch den Tiroler Andrä Rupprechter ersetzt worden sei. Der burgenländische Landeschef Franz Steindl zeigte sich enttäuscht, dass sein Bundesland nun nicht mehr im VP-Team vertreten sei.

Scharfer Wind bläst Parteichef Spindelegger aber auch aus der Steiermark entgegen. Landesobmann Hermann Schützenhöfer hatte am Montag den Vorstand vorzeitig verlassen, um nicht gegen den Koalitionspakt stimmen zu müssen. Am Dienstag legten seine näheren Parteifreunde nach. Nach einer Sitzung der Landesgremien meinte etwa Klubchef Christopher Drexler, spannend wäre jetzt der Job des Oppositionschefs: "Der bekommt von der Regierung gleich die ersten Elfer aufgelegt."

Unis vom Vorgehen der ÖVP empört
Ärger eingehandelt hat sich Spindelegger auch mit seiner Entscheidung, Wirtschafts- und Wissenschaftsressort zusammenzulegen (siehe Infobox). Am weitesten ging der Vorsitzende der Universitätenkonferenz (uniko) Heinrich Schmidinger mit seinem Hilferuf an Bundespräsident Heinz Fischer, "keine Regierung ohne Wissenschaftsminister anzugeloben". Einhellig ist die Meinung unter den Rektoren übrigens nicht. "uniko"-Vize Gerald Bast distanzierte sich umgehend von der Schmidinger-Forderung.

Unglücklich ist wenig verwunderlich auch Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle, der durch die Rochade seinen Job verliert und von einer "ganz schlechten Symbolik" sprach. Seinen Nachfolger Reinhold Mitterlehner, der die Wissenschaft zur Wirtschaft hinzubekommt, schätzt Töchterle zwar: "Aber natürlich hat er bei Weitem nicht die Expertise, die ich hatte."

Neuer Justizminister steht auch schon vor Problemen
Probleme anderer Art dürfte der künftige Justizminister Wolfgang Brandstetter haben, war er doch als Strafverteidiger in diversen brisanten Angelegenheiten aktiv, etwa im Verfahren gegen den kasachischen Ex-Botschafter Rakhat Aliyev, gegen den die Staatsanwaltschaft jetzt wegen Mordes und Geldwäsche ermittelt. Prominente Juristen wie OGH-Präsident Eckart Ratz meinten, Brandstetter müsse "hoch sensibel" mit dem Weisungsrecht umgehen. Richter-Präsident Wolfgang Zinkl und Staatsanwälte-Chef Jarosch nahmen die gute Gelegenheit wahr, wieder einmal auf die Abschaffung des Weisungsrechts durch den Minister zu drängen.

Opposition kritisiert das gesamte Programm
Kritik gleich am ganzen Programm kam am Freitag durch die Bank von der Opposition. Die Grünen kritisieren das Regierungsprogramm als "Verwaltung des Stillstands. Die FPÖ bemängelte die Maßnahmen im Pflege- und Umweltbereich, seitens des Team Stronach wurden die Postenbesetzungen als "Freunderlwirtschaft" gegeißelt und die NEOS nannten die Zusammenlegung von Wirtschaft und Wissenschaft einen "Schuss ins Knie der universitären Zukunft in Österreich".

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