"Krone"-Interview

“Bin nicht Abgeordnete von Lindners Gnaden”

Österreich
30.11.2013 17:00
Nach dem überraschenden Abgang von Ex-ORF-Generaldirektorin Monika Lindner rückt nun die Team-Stronach-Kandidatin Ulla Weigerstorfer ins Parlament auf. Im "Krone"-Interview mit Conny Bischofberger spricht die 46-jährige Ex-"Miss World" über ihr Selbstbild, Nacktfotos und die Karriere als alleinerziehende Mutter.

Über den weißen Villen am Ufer des Fontanasees in Oberwaltersdorf, dem Sitz der Magna-Zentrale, liegt eisiger Nebel. Im Golfklub ist noch eine Sitzung des Team Stronach im Gang, der Parteigründer hat seine Schäflein an einer riesigen Tafel um sich geschart - Ulla Weigerstorfer mittendrin.

Mit 15 Minuten Verspätung kommt sie, in schwarzem Business-Anzug mit Paisley-Seidenschal, zum Interview. "Entschuldigt, aber man weiß nie, wie lange so eine Sitzung dauert!", haucht sie mit ihrer dunklen Stimme. 1,80 Meter groß, schlank, blonde Mähne. Eine Frau, die Aufmerksamkeit erregt.

Nachdem Ex-ORF-Chefin Lindner ihren Rückzug bekanntgegeben hat, zieht die Ex-"Miss World" und Pferdenärrin in den Nationalrat ein. Mit welchem Konzept? Mit welcher Ideologie? Weigerstorfer erklärt es gern und hat vor ihrem ersten Auftritt im Parlament auch überhaupt kein Lampenfieber.

"Krone": Nationalratsabgeordnete von Lindners Gnaden zu werden - wie geht es Ihnen damit, Frau Weigerstorfer?
Ulla Weigerstorfer: Ich habe eigentlich nicht mehr damit gerechnet. Also war es schon ein wenig überraschend, das gebe ich zu. Aber von Lindners Gnaden, das sehe ich nicht so.

"Krone": Wie fanden Sie Monika Lindners Verhalten? Ihren Rückzug und dann die Flucht nach vorne, um schlussendlich doch aufzugeben?
Weigerstorfer: Rechtlich war es offenbar in Ordnung, den moralischen Aspekt muss sie mit sich selber ausmachen. Es steht mir nicht zu, über andere zu urteilen. Ich möchte vielmehr schauen, was ich jetzt bewegen kann.

"Krone": Was können Sie denn bewegen als kleines Rädchen im Parlament?
Weigerstorfer: Ich hoffe viel! Meinen Optimismus wird mir der Nationalrat nicht wegnehmen... Ich denke, dass viele Dinge in Österreich sehr gut sind, aber dass es auch viele Dinge gibt, die Veränderung nötig hätten.

"Krone": Was hat eine ehemalige Schönheitskönigin in der Politik verloren, das fragen sich jetzt viele...
Weigerstorfer: Was haben Freiberufler in der Politik verloren? Quereinsteiger? Es sitzen viele Nichtstudierte im Parlament. Außerdem will ich gar keine Politikerin im klassischen Sinn sein. Lieber bin ich bürgernah.

"Krone": Welchen Bürgern sind Sie nahe?
Weigerstorfer: Vor allem den alleinerziehenden Müttern, den Kindern. Auch Umwelt und Tiere sind mir ganz, ganz wichtig.

"Krone": Pferde?
Weigerstorfer: Nicht nur Pferde... (Lacht) Pferde sind mein Hobby, aber mir geht es um alle Tiere, um die Umwelt, in der wir alle leben. Wir haben nur eine Umwelt. Da möchte ich viel bewegen.

"Krone": Was verstehen Sie von Politik?
Weigerstorfer: Wie gesagt, ich entspreche vielleicht nicht dem Bild des Politikers, aber die Politikverdrossenheit ist ohnehin groß genug, da ist es gut, wenn jemand ins Parlament kommt, der die Dinge einfach mit Herz, Hirn und Verstand angeht.

"Krone": Wie bereiten Sie sich auf dieses Geschäft vor? Machen Sie Medientrainings? Lesen Sie kluge Bücher?
Weigerstorfer: Es ist was Neues, ich sehe es als große Herausforderung. Woran ich im Moment arbeite, ist, meine Aussagen mit Daten und Fakten zu untermauern. Wir haben einen sehr guten Klub und arbeiten an der Akademie mit Experten zusammen. Ich lese keine speziellen Bücher...

"Krone": Haben Sie Lampenfieber vor Ihrer ersten Rede im Parlament?
Weigerstorfer: Nein... Im Moment noch nicht.

"Krone": Frau Weigerstorfer, glauben Sie wirklich, dass sich eine durchschnittliche Alleinerzieherin in Österreich von einer Frau vertreten fühlt, die seit vielen Jahren für einen Milliardär arbeitet?
Weigerstorfer:
Ja, denn auch ich musste hart arbeiten, um meine Tochter allein zu erziehen. Ich bin nicht glamourös, auch wenn ich einmal, vor 26 Jahren, den Titel "Miss World" gewonnen habe. Ich lebe ein sehr normales Leben und musste genauso finanzielle Einbußen hinnehmen, um Zeit mit meiner Tochter verbringen zu können.

"Krone": Es gibt Alleinerzieherinnen, die den ganzen Tag an einer Supermarktkasse sitzen, die ihre Kinder nur schlafend sehen und nur einen Bruchteil verdienen!
Weigerstorfer: Sicher, ich hatte das Privileg, mir meine Zeit einteilen zu können. Ich konnte meine Tochter zu Sitzungen mitnehmen, ich habe von Zuhause gearbeitet. Aber auch für mich war es schwierig, im Beruf das Optimum zu geben und die beste Mami der Welt zu sein. Deshalb verstehe ich die Alleinerzieherin an der Supermarktkasse vielleicht besser, als Sie glauben.

"Krone": Sie arbeiten seit elf Jahren für Frank Stronach. Werden Sie diese Tätigkeit jetzt aufgeben?
Weigerstorfer: Ich muss erst sehen, wie sich das alles ausgeht. Ich mache ja primär im Pferderennsport alles für ihn. Wenn ich es zeitlich unter einen Hut bekomme, dann möchte ich es weitermachen.

"Krone": Wie ist Ihr Verhältnis zu ihm, verehren Sie ihn?
Weigerstorfer:
Ich schätze ihn persönlich sehr. Er ist eine unglaubliche Persönlichkeit, die leider sehr oft auch missverstanden und missinterpretiert wird.

"Krone": Tut es Ihnen leid, wie sein politisches Projekt letztlich ausgegangen ist? Nur knapp über fünf Prozent bei den Nationalratswahlen und jede Menge innerparteiliche Streitereien?
Weigerstorfer: Ich sehe es nicht so negativ. Seine Bewegung ist einfach sehr schnell gewachsen. Da sind ganz viele Motten zum Licht geflogen... Ich weiß, wir werden im Moment "Chaotentruppe" genannt, aber dahinter stehen tolle Menschen! Und im Moment findet ein Säuberungsprozess statt, nach dem es wieder ganz nach oben gehen wird.

"Krone": Hatten Sie eigentlich schon früher Angebote, in die Politik zu gehen?
Weigerstorfer: Ja, es gab Gespräche mit zwei Parteien.

"Krone": ÖVP und FPÖ?
Weigerstorfer: Ich werde sie jetzt nicht nennen.

"Krone": Wird man das Image der Schönheitskönigin eigentlich je los?
Weigerstorfer: Der Titel "Miss World" war für mich eine wichtige Erfahrung, ich möchte sie nicht missen. Ich bin auch stolz darauf, denn wie viele Österreicherinnen haben wir, die diesen Titel gewonnen haben? Aber in den 26 Jahren danach hab ich doch sehr viele andere Dinge auch gemacht...

"Krone": Ist Frank Stronach auch stolz darauf?

In diesen Moment kommt Frank Stronach vorbei und sagt: "Sie ist noch viel mehr g'scheit als schön."

"Krone": Und darüber freuen Sie sich?
Weigerstorfer: Schönheit ist ja nichts Schlechtes. Und Klugheit schon gar nicht. Wobei ich mich selbst eigentlich gar nicht so schön finde.

"Krone": Was stört Sie?
Weigerstorfer: Ich finde mich manchmal ein bisschen zu groß... Mit 1,80 stichst du immer aus der Menge heraus.

"Krone": Wie eine Giraffe?
Weigerstorfer: Ich vergleiche mich nicht mit Tieren.

"Krone": Und wenn Sie ein Tier sein könnten?
Weigerstorfer: Ich bin froh, ein Mensch zu sein statt ein Tier. Bleibt die Frage, ob die freie Wildbahn der Gefahr des Großstadtdschungels zu bevorzugen ist...

"Krone": Sie werden die einzige Abgeordnete im Parlament sein, von der im "Playboy" Nacktfotos erschienen sind. Macht Ihnen das Kopfzerbrechen?
Weigerstorfer: Danke für die Frage! Das ist nämlich nicht korrekt. Was stimmt, ist, dass ich nach der "Miss World"-Wahl ein Angebot vom "Playboy" hatte, mich für damals zehn Millionen Schilling vor der Kamera auszuziehen. Ich hätte aber die Krone verloren, also habe ich abgele Foto gestohlen, und das haben sie veröffentlicht. Ich habe geklagt und gewonnen.

"Krone": Haben Sie Angst, dass diese Geschichte jetzt wieder aufgekocht wird?
Weigerstorfer: Nein, denn ich stehe zu meinem Körper. Sicher werden einige hier einhaken und mich auf die Schönheitskönigin minimieren, von der einmal Nacktfotos gedruckt wurden. Davon werde ich mich aber nicht beirren lassen. Ich habe diese Frage jetzt beantwortet, also werde ich mich in Zukunft hoffentlich auf die Sachthemen konzentrieren können.

Vom Model zur NR-Abgeordneten
Geboren am 16. August 1967 in Bad Aussee. 1987 wird sie in London zur "Miss World" gewählt. Weigerstorfer arbeitet als Model, Moderatorin und Schauspielerin. Von 2003 bis 2009 ist die Dressur-Reiterin Kommunikationschefin bei Frank Stronachs Magna Racino, in Wien betreibt sie eine PR-Agentur. Weigerstorfer ist Alleinerzieherin und hat eine achtjährige Tochter, Ina. Nach dem Rücktritt von Monika Lindner vergangenen Mittwoch zieht sie für das Team Stronach in den Nationalrat ein.

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