Obama ahnungslos?

US-Regierung gibt Merkel-Bespitzelung durch NSA zu

Ausland
28.10.2013 06:51
US-Regierungsvertreter haben einem Medienbericht zufolge eingeräumt, dass die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel bis vor Kurzem vom US-Geheimdienst NSA bespitzelt wurde. Gleichzeitig wurde allerdings versucht, die Rolle Barack Obamas in der Causa herunterzuspielen. Der US-Präsident habe "erst vor wenigen Wochen" von den Spionageaktionen erfahren, berichtete das "Wall Street Journal" am Sonntag unter Berufung auf Kreise aus Washington.

Die Abhöraktion sei nach einer von der Regierung in Washington im Sommer in Auftrag gegebenen internen Untersuchung eingestellt worden, hieß es in dem "WSJ"-Bericht. Dabei sei herausgekommen, dass die NSA rund 35 internationale Spitzenpolitiker überwachte. Als das Weiße Haus davon erfahren habe, seien einige Abhöraktionen gestoppt worden, darunter auch die gegen Merkel, zitierte die Zeitung einen hochrangigen Regierungsvertreter.

Die Untersuchung legt laut "WSJ" nahe, dass Obama nahezu fünf Jahre nichts von den Bespitzelungen der Politiker wusste. Die Regierungsvertreter sagten der Zeitung, bei der NSA liefen so viele Lauschangriffe parallel, dass es kaum praktikabel wäre, Obama über alle zu informieren. Sie fügten hinzu, der Präsident bestimme zwar die grundsätzlichen Richtlinien der Informationsbeschaffung. Spezifische Ziele würden aber von nachgeordneten Stellen bestimmt, wie eben der NSA.

Weißes Haus bestätigt Überprüfung von Abhörpraktiken
In einer Reaktion auf den "WSJ"-Bericht bestätigte das Weiße Haus interne Untersuchungen über geheimdienstliche Abhörpraktiken der USA in verbündeten Ländern. Das Präsidialamt ging allerdings nicht auf Einzelheiten ein. Die heutige Welt sei technisch stark miteinander verbunden, der Fluss von großen Datenmengen bisher einzigartig, erklärte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates, Caitlin Hayden. "Aus diesem Grund hat der Präsident uns angewiesen, unsere Überwachungskapazitäten zu überprüfen, so auch bezüglich unserer engsten ausländischen Partner und Verbündeten."

Nach Bekanntwerden der Lauschangriffe gegen Merkel hatte das Weiße Haus noch offiziell mitgeteilt: "Der Präsident versicherte der Kanzlerin, dass die Vereinigten Staaten die Kommunikation von Kanzlerin Merkel nicht überwachen und nicht überwachen werden." Offen blieb vorerst, ob Merkels Telefon in der Vergangenheit abgehört wurde. In den kommenden Tagen will die deutsche Bundesregierung im Bemühen um mehr Aufklärung eine hochrangige Delegation nach Washington schicken.

Obama versicherte Merkel, nichts gewusst zu haben
Medienberichten zufolge versicherte Obama des Öfteren, dass ihm die Spionage-Aktion nicht bekannt gewesen sei. Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" schrieb, der US-Präsident habe der Kanzlerin nach Bekanntwerden der Abhörvorwürfe am vergangenen Mittwoch telefonisch gesagt, davon nichts gewusst zu haben. Andernfalls hätte er eine mögliche Abhöraktion sofort gestoppt, zitierte der "Spiegel" Obama aus dem Gespräch.

Der "Spiegel" hatte unter Berufung auf einen Auszug aus einer geheimen NSA-Datei berichtet, Merkels Handy stehe seit 2002 auf einer NSA-Liste mit Aufklärungszielen.

Die "Bild am Sonntag" berichtete unter Berufung auf US-Geheimdienstkreise, der US-Präsident habe seit 2010 von dem Lauschangriff gegen die Kanzlerin gewusst. NSA-Chef Keith Alexander habe ihn persönlich darüber informiert. NSA-Sprecherin Vanee Vines dementierte den Bericht umgehend. Alexander habe weder 2010 mit Obama über die angebliche Geheimdienstoperation gesprochen, "noch hat er jemals angebliche Operationen, die Bundeskanzlerin Merkel betreffen, erörtert", sagte sie am Sonntag. Das Weiße Haus lehnte eine Stellungnahme zu dem Bericht ab.

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