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Samsung vs. Sony: Neue Smartwatches im Duell

Elektronik
19.10.2013 09:00
Geht es nach IT-Giganten wie Samsung oder Sony, sind Smartwatches der nächste große Techniktrend nach dem Smartphone. Als mit dem Handy gekoppeltes Zweitdisplay bieten die intelligenten Uhren grundlegende Funktionen vom Handy – direkt am Handgelenk. In Zeiten immer größerer Smartphone-Touchscreens macht das grundsätzlich Sinn. Aber wie viel bieten die nun erhältlichen Modelle, die Samsung Galaxy Gear und die Sony Smartwatch 2, eigentlich fürs Geld? krone.at hat die Handgelenk-Rechner in der Praxis getestet.

Zunächst einmal muss festgehalten werden: Es ist erstaunlich, wie viel Technik im Gehäuse einer Armbanduhr Platz findet. Sonys Smartwatch 2 bietet einen 280 Megahertz schnellen Prozessor, die Galaxy Gear rechnet sogar mit 300 Megahertz. Beide Uhren laufen mit einer angepassten Version von Android, bieten NFC und werden via Bluetooth ans Handy gekoppelt.

Samsung: Mehr Technik für mehr Geld
Beim Display hat Samsung - ebenso wie bei der Rechenleistung - die Nase vorn. Das 1,63 Zoll große AMOLED-Display der Galaxy Gear liefert 320 mal 320 Pixel, das 1,6 Zoll große LCD-Display der Sony-Smartwatch 220 mal 176 Bildpunkte. Wirklich viel Bildschirminhalt hat also auf keinem der beiden Geräte Platz, was die potenziellen Nutzungsszenarien auch deutlich einschränkt. Etwas heller und schärfer war im Test erwartungsgemäß das Samsung-Display.

Bei den sonstigen inneren Werten nehmen sich die beiden Smartwatches nicht viel. Sie verfügen jeweils über vier Gigabyte internen Speicher und erfreuen den Träger damit, wasserdicht zu sein – was ja bei einer Uhr ein Muss ist. Samsungs Galaxy Gear bietet dann noch einige interessante Extras und integriert ins Uhrband eine 1,9-Megapixel-Kamera sowie ein Mikrofon, mit dem sich die Uhr zum Telefonieren nutzen lässt. Sonys Smartwatch hat das nicht.

Sony-Smartwatch bietet längere Laufzeit
Beide Geräte kämpfen mit demselben Problem: der durch die Baugröße begrenzten Akkukapazität, die so eine Uhr bieten kann. Samsungs Galaxy Gear bietet 315 Milliamperestunden, die Kapazität des Sony-Akkus ist unbekannt, dürfte jedoch in einer ähnlichen Größenordnung liegen. In unserem Test hielt die Sony-Smartwatch jedoch deutlich länger durch als die Gear.

Während die Samsung-Smartwatch bei sparsamer Nutzung jeden zweiten Tag ans Netz musste, hielt die Sony-Smartwatch sogar drei Tage durch. Für eine Uhr ist die Laufzeit bei beiden Geräten sehr unterdurchschnittlich, im Vergleich zum Smartphone aber gar nicht schlecht.

Einen deutlichen Unterschied gibt es bei den unterstützten Geräten. Während Sonys Smartwatch 2 mit so gut wie jedem Android-4-Smartphone funktioniert, beschränkt sich die Galaxy Gear bei der Kompatibilität auf Samsungs Galaxy Note 3, das Tablet Galaxy Note 10 und das Galaxy S4. Das Galaxy S3 und das Note 2 sollen ebenfalls Gear-kompatibel sein. Getestet haben wir die Gear in Kombination mit dem Note 3 (siehe Infobox).

Sony edler, Samsung bequemer
Bei der Verarbeitungsqualität gibt's an beiden Geräten wenig zu mäkeln, wenngleich die Sony-Smartwatch den hochwertigeren Eindruck hinterlässt. Während Samsung auf ein Edelstahlgehäuse und ein Gummi-Uhrband setzt, kam die Sony-Uhr im Test im Alu-Chassis und mit vielgliedrigem Metall-Armband daher. Das macht im Direktvergleich den deutlich edleren Eindruck.

Allerdings hat Sonys im Vergleich zur 300 Euro teuren Galaxy Gear um hundert Euro günstigere Smartwatch 2 durch ihr Metall-Uhrband auch zwei Probleme: Zum einen lässt sich das mitgelieferte Armband nicht in der Größe verstellen und ist für das Durchschnittshandgelenk viel zu weit, weshalb ein Einstellbesuch beim Uhrmacher unerlässlich erscheint.

Zum anderen neigen Sonys Metallglieder zumindest an Männerarmen dazu, Haare einzuzwicken und diese bei der nächsten Bewegung unsanft auszureißen. Da ist das Tragen der Galaxy Gear deutlich schmerzfreier, zudem ist das Gummi-Armband der Gear zwar nicht edel, aber zumindest verstellbar.

Dafür lässt sich die Sony-Smartwatch mit jedem herkömmlichen 24-Millimeter-Uhrband nutzen, was dem Metall-Uhrband ein wenig den Schrecken nimmt. Ein Uhrband-Tausch beim Samsung-Modell ist wegen der darin enthaltenen Technik schwieriger möglich. Zudem gibt's Sonys Smartwatch auch mit anderen Uhrbändern zu kaufen.

Bei der Zeitanzeige normalen Uhren unterlegen
In ihrer Kerndisziplin, dem Anzeigen der Zeit, sind beide Uhren einer konventionellen Armbanduhr unterlegen. Besonders auf der Sony-Smartwatch kann man die Uhrzeit erst dann vernünftig ablesen, wenn man den seitlich vorhandenen Beleuchtungsknopf, der auch zum Entsperren genutzt wird, betätigt.

Sonst zeigt sie zwar schon die Uhrzeit an, allerdings so dunkel, dass man nahezu instinktiv die Beleuchtung einschaltet. Samsung löst das eleganter, kommt aber auch nicht ohne Beleuchtung aus: Über ihren integrierten Beschleunigungssensor erkennt die Galaxy Gear, wenn das Handgelenk gedreht wird – und schaltet dann die Beleuchtung an. Das könnte mit ein Grund für die längere Laufzeit der Sony-Uhr sein.

Aber letztlich werden Smartwatches ja nicht primär wegen ihrer Uhrenfunktion gekauft, sondern vor allem wegen des Drumherums. Und hier hat Samsungs Uhr die Nase deutlich vorn, was sich vor allem bei einem Besuch in den App-Stores der beiden Smartwatches schnell zeigt.

App-Auswahl noch sehr ausbaufähig
Zwar ist die Zahl der Apps im Marktplatz für die Sony-Smartwatch etwas größer – immerhin hatte Sony mit seiner ersten Smartwatch bereits App-Entwickler angelockt und somit einen Startvorteil -, dafür enttäuscht der Sony-Marktplatz mit reichlich Mini-Anwendungen, die es nur gegen Entgelt gibt. Das ist richtig bitter, zumal ja die Uhr selber schon relativ teuer ist und man nicht für jede Funktion noch mal zur Kasse gebeten werden möchte.

Im App-Marktplatz für die Samsung-Smartwatch ist die Auswahl zwar noch nicht so groß wie im Sony-Marktplatz, dafür gibt es viele Apps – auch von bekannten Herstellern wie Evernote oder Runtastic – kostenlos. Damit lässt sich die Uhr deutlich frustfreier individualisieren wie bei Sony. Alternative Uhrblätter gibt's indes in beiden App-Märkten, und zwar großteils kostenlos.

Abseits der nutzbaren Apps geht es natürlich primär um die Funktionen der Uhren selbst. Und auch hier hat Samsungs hundert Euro teurere Galaxy Gear die Nase vorn. Die ins Uhrband integrierte Zwei-Megapixel-Kamera liefert eine ausreichende Bildqualität, um zumindest Schnappschüsse fürs Web aufzunehmen. Die Telefonierfunktion im Uhrband ist nett, macht aber eine seltsame Haltung mit dem Handgelenk am Ohr erforderlich.

Primär Benachrichtigungsfunktionan an Bord
SMS und E-Mails anzeigen können beide Geräte – und auch zur Handyfernsteuerung eignen sie sich. Jeglicher Versuch, auf eine eingehende Nachricht zu antworten, ist bei beiden Uhren jedoch zum Scheitern verurteilt. Anrufe auf der Uhr annehmen oder abweisen ist hingegen möglich. Die Musik-App am Smartphone lässt sich ebenfalls mit der Uhr fernsteuern. Auch als Schrittzähler können die Uhren genutzt werden. Vibrations- und laute Alarme können mit der Termin-Anwendung am Smartphone gekoppelt werden.

Dann gibt es noch eine Reihe anderer mehr oder minder praktischer Funktionen. Sonys Smartwatch steuert beispielsweise die Kamera im Smartphone, dient also als Fernauslöser. Und Samsungs Galaxy Gear ist an den Sprachassistenten S-Voice gekoppelt, man kann also mit der Samsung-Uhr à la "Knight Rider" interagieren. Zu viel sollte man sich davon aber nicht erwarten.

Die allermeisten getesteten Sprachkommandos im Test verweigerte die Uhr nämlich mit der Begründung, sie verstehe nicht. Zwar sagt sie Uhrzeit und Wetter zuverlässig an und startet Apps, doch selbst einfache Anfragen à la "Multipliziere 15 mal 3" bringen sie aus dem Konzept. Am ehesten machen die Smartwatches derzeit im Fitness-Bereich Sinn, wirklich "smarte" Funktionen fehlen aber noch.

Mäßig nützliche Funktionen, unausgereifte Bedienung
Dieser eingeschränkte Funktionsumfang – letztlich dienen die Smartwatches primär als zweites Display, das Benachrichtigungen anzeigt, ohne dass man das Handy bemühen muss – ist es dann auch, der uns massiv an der Massentauglichkeit der Geräte zweifeln lässt. Sie sind eine eindrucksvolle Technik-Spielerei, ja. Mehr aber auch nicht. Wirklich ausgereift erschien im Test keine der beiden Smartwatches.

Das liegt zum Teil auch an der Bedienung. Dass auf einem nicht einmal zwei Zoll großen Display nicht allzu viel möglich iar ihren Zweck. Aber in der Praxis schränkt vor allem das Fehlen einer Möglichkeit zur Texteingabe die Funktionalität der Geräte massiv ein. Eine funktionierende Sprachsteuerung wäre eine Option, um dieses Manko zu verbessern.

Angesichts des Gebotenen recht teuer
Hinzu kommt, dass die Uhren nicht gerade günstig sind. Während die Sony-Smartwatch in der Praxis zwar etwas weniger kann als das Samsung-Pendant, ist sie mit einem Preis von 200 Euro aber zumindest etwas günstiger und zudem auch mit den meisten Android-Handys kompatibel.

Die Samsung-Uhr für 300 Euro ist angesichts des Gebotenen doch recht teuer – vor allem, wenn man bedenkt, dass sie nur mit bestimmten Samsung-Smartphones wie dem über 600 Euro teuren Galaxy Note 3 funktioniert. So kommen schnell Summen zusammen, die deutlich über der finanziellen Schmerzgrenze der meisten Nutzer liegen werden.

Fazit: Derzeit noch unausgereifte Technik-Spielzeuge
Die ersten Smartwatches sind da. Aber wirklich smart sind sie unserer Meinung nach noch lange nicht. Nicht nur angesichts des Gebotenen – mehr als ein Technik-Spielzeug sind sie in ihrer jetzigen Form bei keinem der beiden getesteten Hersteller – und des vergleichsweise hohen Preises.

Sondern auch, weil es noch an einem florierenden App-Ökosystem mangelt. Samsung ist hier zwar bereits auf einem guten Weg und auch Sonys Smartwatch kann erweitert werden. Aber ein wirklich stichhaltiges Software-Argument, warum sich die Anschaffung einer Smartwatch lohnen sollte, können wir auch nach unserem Praxistest nicht nennen.

Schließlich beschränken sich die allermeisten Funktionen auf das Anzeigen von Infos vom Smartphone. Der Galaxy Gear schadet zudem, dass sie nur mit ausgewählten Samsung-Smartphones kompatibel ist. Das Warten auf die erste wirklich intelligente Uhr geht also weiter.

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