Live im Gasometer

Finnen-Rocker HIM laufen der alten Form hinterher

Musik
14.10.2013 00:17
Österreichs Dark-Rock-Fans vereinigten sich Sonntagabend im Wiener Gasometer, um der finnischen Kultband HIM ihre Aufwartung zu machen. Vom Glanz der alten Tage haben sich Ville Valo und Co. aber längst verabschiedet - so geriet der einzige Österreich-Gig zu einer bemühten, aber wenig intensiven Vorstellung.
(Bild: kmm)

Die fetten Jahre sind schon längst vorbei. Zur Jahrtausendwende haben die finnischen Dark-Rocker HIM mit ihren melancholisch-düsteren Klängen den Zahn der Zeit erwischt. Sie rotierten mit ihrem immer noch größten Hit "Join Me (In Death)" in den Anlagen diverser Millenniums-Endzeitverschwörer. Anno 2013 ist schon viel vom alten Glanz abgebröckelt. Die neuen Songs sind nicht mehr ganz so gut, die Hallen bei den Tourneen wurden kleiner, und der charismatische Frontmann Ville Valo wirkt aufgrund seines unsteten Lebensstils ein bisschen brüchiger.

Erweiterung der Klientel
Als die Band an diesem herbstlichen Sonntagabend die Bühne des Wiener Gasometer entert, kann sie trotzdem auf eine beachtliche Anzahl von Fans zählen. Die Jahre der Kommerzialisierung haben HIM auch neue Zuschauerschichten besorgt. Jetzt finden sich nicht nur Kajal-beschminkte Augen, schwarze Plateauschuhe und hautenge Latexkostüme ein, sondern auch Flanellhemdenträger, die der Szenepolizist eher in der Alternative-Ecke verorten würde.

Ville Valo selbst gibt ein ziemlich angsteinflößendes Bild ab. Unter Strickjäckchen, Stoffschal und Haube – natürlich alles in schwarz gehalten – steckt so wenig Körper wie nie zuvor. Die wegen einer Lungenentzündung abgesagte Frühjahrs-US-Tour und der angebliche Rückfall in den Alkoholismus scheinen dem 36-Jährigen ordentlich zugesetzt zu haben, denn wie sich im Laufe des Konzerts erweisen soll, wirkt nicht die Figur fragil, sondern auch die Stimme. Obwohl Valo umjubelte Songs wie "Rip Out The Wings Of A Butterfly" oder "Passion's Killing Floor" bemüht ins Mikro singt, wackelt das Timbre vor allem bei den hohen Einsätzen.

Müdes Kollektiv
Auch die Band wirkt mehr bemüht als ausgereift und kann nicht vollends überzeugen. Gitarrist Mikko Lindström dreht sich fast gleich oft zu den Marshall-Verstärkerboxen wie zum Publikum, Drummer Mika Karppinen wirkt in seinem Plexiglas-Käfig stark von der Außenwelt isoliert und Keyboarder Jani Purttinen großteils unterfordert. Nur Bassist Mikko Paananen rockt und hüpft sich die Seele aus dem Leib, kann die statisch wirkende Kollegenschaft damit aber nicht übertünchen.

Den Anwesenden gefällt die Darbietung der Skandinavier trotzdem ganz gut, auch wenn alte Hits wie "Soul On Fire", "The Funeral Of Hearts" oder das instrumental ausgedehnte Chris-Isaak-Cover "Wicked Game" qualitativ mehrere Stufen über dem eher mäßig spannenden neuen Material stehen. Für den Frontmann gibt es respektvolle bis geifernde Blicke aus dem weiblichen Publikumssektor - dass er bei besagtem "Wicked Game" für Minuten die Bühne verlässt, bestätigt die Vermutung der fehlenden Form.

Aus dem Plauderkasten
Dafür zeigt sich Valo ungewohnt gesprächig und palavert am Konzertende über Michael Jackson und den hauseigenen "Sensitive Hard Pop", gratuliert Sound-Techniker Antte mit einem auf Finnisch gesungenen "Happy Birthday" und verspricht baldige Wiederkehr nach Wien – "wenn auch nicht schon nächste Woche".

So ganz hell wollte das berühmte "Heartagramm" aber nicht über seinen Erfindern leuchten, denn Valo und Konsorten haben zwar ganz solide konzertiert, aber auch schon in besserer Verfassung (etwa beim Nova Rock vor vier Monaten) durch Österreich gerockt. Die fetten Jahre sind eben längst vorbei.

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