Testamentsprozess

Vbg: OGH ordnet Neudurchführung des Verfahrens an

Österreich
07.10.2013 15:10
Der Oberste Gerichtshof hat am Montag in der Dornbirner Testamentsfälscher-Affäre einen zweiten Rechtsgang angeordnet. Grund dafür waren Feststellungsmängel im erstinstanzlichen Urteil. Im Fall von fünf der sechs Angeklagten, über die der OGH zu befinden hatte - darunter der mutmaßliche Haupttäter Jürgen H. und die suspendierte Vizepräsidentin des Landesgerichts Feldkirch, Kornelia R. -, wurden die Schuldsprüche teilweise, bei R. sogar zur Gänze aufgehoben.

Der Hauptangeklagte Jürgen H. (49), der mit einem umfangreichen Geständnis wesentlich zur Aufklärung der strafbaren Handlungen beigetragen hatte, hatte die über ihn verhängte siebenjährige Freiheitsstrafe akzeptiert. Der Anklagebehörde war die Strafe jedoch nicht hart genug, sie forderte aus generalpräventiven Gründen eine Anhebung des Strafausmaßes. Jürgen H. - ehemaliger Rechtspfleger und später Geschäftsstellenleiter am Bezirksgericht Dornbirn - ließ sich am Montag von seinem Anwalt vertreten. Auf ein persönliches Erscheinen legte der 49-Jährige keinen Wert mehr.

Kornelia R.: "Bin Opfer von Spekulationen geworden"
Anders lag die Sache bei der suspendierten Vizepräsidentin des Landesgerichts Feldkirch, Kornelia R. (49), die das Höchstgericht geradezu verzweifelt um einen Freispruch ersuchte. "Ich bin ein Opfer von Spekulationen geworden", erklärte die in erster Instanz zu zweieinhalb Jahren teilbedingter Haft verurteilte Juristin. Sie soll dafür gesorgt haben, dass mittels eines gefälschten Testaments in einer Verlassenschaft nach einem entfernten Verwandten ihre Mutter und ihre Tante als Erben zum Zug kamen, was sie bis heute vehement abstreitet.

Rechtmäßige Erben um ihre Ansprüche gebracht
Ihre Schuldsprüche bekämpften auch die ehemaligen Gerichtskollegen des mutmaßlichen Haupttäters, Clemens M. (53) und Kurt T. (50). Der frühere Rechtspfleger in Außerstreitsachen sowie der vormalige Kanzleileiter hatten je drei Jahre teilbedingte Haft erhalten.

Sie sollen gemeinsam mit Jürgen H., von dem sie sich zu Unrecht belastet fühlen, zwischen 2001 und 2008 in Verlassenschaftsverfahren, in denen keine engen Verwandten der Erblasser bekannt waren, gefälschte Testamente fabriziert und damit die rechtmäßigen Erben um ihre Ansprüche gebracht haben. In den getürkten Dokumenten wurden ihnen nahe stehende bzw. hochbetagte Personen als Erben eingesetzt.

Die falschen Testamente wurden dann im Urkundenarchiv des Bezirksgerichts Dornbirn hinterlegt und im weiteren Verlauf dem ahnungslosen Notar zugespielt, der dann die Verlassenschaften abwickelte. Über die nichts ahnenden "Strohmänner" soll das Vermögen am Ende bei den Justizbediensteten gelandet sein, die damit beispielsweise Wohnungen im hochpreisigen siebenten Wiener Gemeindebezirk finanzierten.

785 Fälscher-Unterlagen bei Hausdurchsuchung gefunden
Auch über die 2012 ausgefasste fünfjährige Haftstrafe von Peter H. (49) - ein enger Freund des Hauptangeklagten Jürgen H., der oftmals besagte Scheinerben aufgetrieben hatte - musste der OGH ebenso entscheiden wie über die zweijährige Bewährungsstrafe für Walter M. Der 73-jährige, im Tatzeitraum bereits pensionierte Rechtspfleger soll "Ideengeber" des Justiz-Skandals gewesen sein, dessen Ausmaß sich u.a. an einer Reisetasche zeigte, die bei einer Hausdurchsuchung bei Jürgen H. sichergestellt worden war. Darin fanden sich nicht weniger als 785 Fälscher-Unterlagen.

Mit der Neudurchführung des Verfahrens, an dessen Ende auch die Strafen neu festgesetzt werden müssen, wurde erneut das Landesgericht Salzburg betraut. Einzig bei Clemens M. waren nach Ansicht des OGH keine ergänzenden erstinstanzlichen Feststellungen nötig: Der 53-Jährige fasste endgültig drei Jahre Haft aus, davon zwölf Monate unbedingt.

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