Tunesier verhaftet

Lampedusa: Erste Festnahme nach Flüchtlingsdrama

Ausland
05.10.2013 12:15
Nach der Flüchtlingstragödie vor der Insel Lampedusa wird unter den Überlebenden nach Organisatoren der Überfahrt gesucht. Ein erster Verdächtiger - ein 35 Jahre alter Tunesier - wurde bereits festgenommen. Ihm wird mehrfache fahrlässige Tötung vorgeworfen. Der mutmaßliche Schlepper beteuert allerdings seine Unschuld.

Die ermittelnden Staatsanwälte der sizilianischen Stadt Agrigent wollen mit der Befragung von Überlebenden feststellen, ob sich unter ihnen Schlepper befinden, die die Überfahrt von Libyen nach Lampedusa organisiert hatten. "Wir suchen nach Beweisen, um festzustellen, wer für diese Tragödie verantwortlich ist", betonte der Staatsanwalt von Agrigent, Ignazio Fonzo. Der verdächtige Tunesier beteuert allerdings seine Schuldlosigkeit.

Unterdessen konnte die Suchaktion nach weiteren Leichen im Wrack des vor Lampedusa gekenterten Flüchtlingsbootes wegen der schlechten Wetterlage nicht fortgesetzt werden. Starker Wind machte den Tauchermannschaften zu schaffen. Flugzeuge und Hubschrauber überflogen das Meer auf der Suche nach Leichen. Seit Donnerstagabend wurden keine Leichen mehr geborgen. Bisher wurden 111 Tote gezählt, doch bis zu hundert Leichen könnten sich noch im Wrack befinden. Befürchtet wird, dass die Zahl der Toten sogar auf 300 steigen könnte. Die Suchaktion soll am Sonntag fortgesetzt werden.

Nur vier Frauen unter Überlebenden
Ein beträchtlicher Teil der Todesopfer des Flüchtlingsunglücks sind Frauen. Unter den 111 geborgenen Leichen befanden sich 49 Frauen. Nur vier der insgesamt 155 Überlebenden sind weiblichen Geschlechts. An Bord des Flüchtlingsbootes soll es zu einem Benzin-Leck und dadurch zu einem großen Brand gekommen sein, als einige Migranten Decken in Flammen setzten, um die Aufmerksamkeit vorbeifahrender Schiffe auf sich zu lenken, berichteten Überlebende.

Vier Flüchtlinge, die sich in besonders kritischem Gesundheitszustand befanden, wurden in ein Krankenhaus nach Palermo geflogen. Die anderen Überlebenden wurden im Auffanglager von Lampedusa untergebracht, in dem sich zurzeit über 1.050 Migranten aufhalten. Da das Auffanglager über lediglich 250 Plätze verfügt, sollen mehrere Hundert Menschen auf das italienische Festland verlegt werden. 155 Überlebende sollen in Rom aufgenommen werden, wie der römische Bürgermeister, Ignazio Marino, bei einer Gedenkwache erklärte.

Trauer auf Lampedusa
Am Freitagabend war es auf Lampedusa zu einer bewegenden Messe und einem Fackelzug mit einigen tausend Menschen zu Ehren der Toten gekommen. Fischer Lampedusas fuhren am Samstagvormittag mit ihren Boot zum Ort, wo das Wrack gesunken ist, und warfen Blumenkränze ins Meer.

Die Präsidentin der italienischen Abgeordnetenkammer, Laura Boldrini, besuchte am Samstag das Auffanglager, in dem die überlebenden Flüchtlinge untergebracht wurden. Die ehemalige Sprecherin des Flüchtlingswerks UNHCR meinte, man müsse Italiens gesamte Migrationspolitik überdenken und verstärkt auf Solidarität und Integration setzen. Auf Lampedusa trafen am Samstag auch somalische Diplomaten ein. "Wir wollen uns ein Bild der Situation machen und mit unseren Mitbürgern sprechen", sagte ein Mitglied einer Delegation der somalischen Botschaft in Rom.

Flüchtlingswelle dauert an
Die Flüchtlingswelle in Richtung Süditalien macht trotz der Tragödie vor Lampedusa nicht Halt. Am Samstag traf ein Boot mit 120 Syrern unweit von Capo Passero nahe der sizilianischen Stadt Syrakus ein. An Bord befanden sich mehrere Kinder. Zwei erschöpfte Migranten mussten behandelt werden.

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