Rennen um Top-Jobs

Das Postenkarussell in Brüssel dreht sich wieder

Ausland
03.10.2013 12:47
Das Postenkarussell kommt langsam in Gang: In Brüssel sind im kommenden Jahr jede Menge Spitzenpositionen zu besetzen - und nun beginnt das öffentliche Schaulaufen der Kandidaten für wichtige, angesehene und lukrative Jobs. Bei der EU stehen die Positionen des Ratsvorsitzenden Herman Van Rompuy, des Kommissionspräsidenten Jose Manuel Barroso und der Außenbeauftragten Catherine Ashton zur Neubesetzung an, bei der NATO wiederum muss ein Nachfolger für Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen gefunden werden.

Den Anfang machte Franco Frattini, einst italienischer Außenminister und Vertrauter von Regierungschef Silvio Berlusconi. Er tourte offiziell als Kandidat für den Posten des NATO-Generalsekretärs durch Brüssel. Ganz absichtlich missachtete er die Regel, dass frühe Kandidaturen nur selten ein gutes Ende nehmen: "Es ist am besten, ganz transparent zu sein", sagte er tapfer.

Schweigegelübde und mächtige Strippenzieher
Bisher ist Frattini noch alleine, weil alle denkbaren anderen Kandidaten so tun, als hätten sie ein Schweigegelübde abgelegt. Offiziell endet das Mandat des Dänen Rasmussen am 31. Juli 2014. Die Nachfolge wird von den Regierungschefs der 28 Bündnisländer gerne persönlich geregelt - in ganz kleinen Kungelrunden, die allmählich größer werden und die im Spätherbst oder Frühwinter zu einem Konsens führen sollten. Alle sind dabei wichtig - aber erfahrungsgemäß läuft nichts ohne die USA, die diesen Posten stets einem Europäer ihres Vertrauens überlassen. Und auch nicht ohne Frankreich, das von einem NATO-Generalsekretär erwartet, dass dieser auch der französischen Sprache mächtig ist.

Frattini war von 2004 bis 2008 EU-Kommissar für Justiz - zuvor und danach war er Berlusconis getreuer Außenminister. Mittlerweile ist er parteilos und gehört keiner Regierung mehr an. In NATO-Kreisen werden seiner Bewerbung daher nur geringe Chancen eingeräumt. Zumal ihm auch Fotos anhängen, die ihn lachend mit Libyens einst starkem Mann Muammar al-Gadafi zeigen.

Überschaubare Kandidatenliste bei der NATO
Die Liste jener, die an der Gerüchtebörse als mögliche Kandidaten gehandelt werden, ist überschaubar. Da ist der christdemokratische Belgier Pieter De Crem, seit 2007 Verteidigungsminister seines Landes. Auch der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski steht auf der Liste: Der Ex-Flüchtling, Oxford-Absolvent und Ex-Kriegskorrespondent wäre der erste Generalsekretär aus einem ehemaligen Mitgliedsland des Warschauer Pakts. Und da ist der deutsche Christdemokrat Thomas de Maiziere, der sich wie die anderen angeblichen Kandidaten zu diesem Thema nicht äußern mag.

Überraschungen sind aber nicht ausgeschlossen. Auch Barroso ist schon als möglicher Interessent für den NATO-Posten genannt worden. Dem portugiesischen Konservativen werden aber auch Ambitionen auf die Nachfolge Ban Ki Moons als UNO-Generalsekretär nachgesagt. Gelegentlich erwähnt werden auch der türkische Präsident Abdullah Gül oder der norwegische Außenminister Espen Bath Eide.

Posten-Poker bei der EU viel unübersichtlicher
Viel unübersichtlicher ist der Posten-Poker bei der EU, weil hier nicht nur geografische Ausgewogenheit sondern auch die Zugehörigkeit zur konservativen oder sozialistischen Parteienfamilie berücksichtigt wird. Die Nachfolge für Van Rompuy ist völlig offen: Der "natürliche Kandidat", Luxemburgs Jean-Claude Juncker, hat schon abgewunken. Immer wieder genannt wird Rasmussen - als Multitalent ist er auch für den Posten des Kommissionspräsidenten sowie des Außenbeauftragten im Gespräch.

Der Kommissionspräsident soll nach dem Wunsch des EU-Parlaments aus der Wahl zum Parlament im Mai hervorgehen. Die Sozialdemokraten haben jetzt eine mehrmonatige Nominierungsprozedur gestartet - obwohl völlig klar ist, dass nur Martin Schulz, derzeit Parlamentspräsident, als Kandidat infrage kommt. Freilich reden beim Kommissionspräsidenten auch die Regierungschefs noch ein gewichtiges Wort mit. Und bei erneut gutem Abschneiden der Konservativen hätte Schulz keine Chance mehr.

Catherine Ashtons Nachfolge eine Art Glücksspiel
Die Nachfolge der EU-Außenbeauftragten Ashton ist eine Art Glücksspiel: 2009 wurde für den Posten im Proporz-Gefeilsche dringend ein Sozialdemokrat gesucht, möglichst eine Frau. Der damalige britische Premier Gordon Brown kürte Ashton bei einem Treffen der sozialdemokratischen Granden in der österreichischen EU-Botschaft. Teilnehmer erinnern sich: Auf seine Frage, ob irgendjemandem eine bessere Kandidatin einfalle, zuckten die versammelten Herren nur ratlos mit den Schultern. So kann es auch gehen.

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