Blutiger Retro-Hit

Knarre und Katana gegen das Böse: “Shadow Warrior”

Spiele
02.10.2013 14:20
Mit "Shadow Warrior" versucht Devolver Digital, längst vergangene Shooter-Zeiten wieder aufleben zu lassen. Gegnermassen wie in "Serious Sam", markige Sprüche wie bei "Duke Nukem", Brutalität à la "Soldier of Fortune" – und obendrauf der coole Samurai-Held Lo Wang mit dem Motto "Always bring a Katana to a Gun Fight!". Wie sich der kompromisslos altmodische Download-Shooter mit Schnetzel-Garnierung spielt, erfahren Sie in unserem Test.

Mit einem Geldkoffer in einen schwer bewachten japanischen Palast spazieren, einem reichen alten Kunstsammler das Bare übergeben und mit einem geheimnisvollen Katana-Schwert wieder von dannen ziehen – eigentlich die alltägliche Routine von Lo Wang, dem Helden aus "Shadow Warrior".

Allerdings ist es in "Shadow Warrior" mit der Routine ganz schnell vorbei, als Wang bei seinem Auftrag feststellen muss, dass der Herr mit dem Schwert sein Schmuckstück gar nicht verkaufen will und sich zu allem Überfluss auch noch mit gottlosen Dämonen eingelassen hat.

Retro-Gameplay mit Schwert und Kanonen
Noch bevor Wang, der in der 3D-Realms-Originalvorlage zum neuen "Shadow Warrior" bereits 1997 erstmals am PC durch Dämonen pflügte, überhaupt realisieren kann, was da los ist, wird er auch schon gefangen genommen und darf zuschauen, wie die Tore zur Hölle bersten und Dämonen die Erde schänden.

Und hier beginnt das neue "Shadow Warrior": Ein Spiel, so überbordend brutal und fordernd, dass Freunden alter Shooter unumgänglich warm ums Herz wird. Mit Schießprügeln, übernatürlichen Fähigkeiten und seinem Katanaschwert pflügt sich Lo Wang darin auf der Suche nach dem geheimnisvollen Schwert durch gefühlte Millionen von Gegnern.

Neue Fähigkeiten erleichtern die Monsterhatz
Damit das nicht zu schnell langweilig wird, haben die Entwickler nicht nur etliche aufrüstbare Waffen ins Spiel eingebaut, sondern Wang auch eine ganze Reihe von Spezialfähigkeiten spendiert. Selbstheilung, Schockwellenzauber, spektakuläre Moves mit dem Schwert – im Verlauf des Spiels wird Wang durch ein Skill-System immer stärker. Dass er sich irgendwann auch mit einem Dämonen einlässt, macht ihn noch mächtiger.

Das muss aber auch so sein, denn die Zahl der zu erlegenden Dämonen wächst mit jedem neuen Level. Spielen sich die Kämpfe so anfangs noch relativ ausgewogen, wird es im Spielverlauf immer heikler. Spätestens, wenn Wang es mit Hundertschaften von Gegnern aufnimmt, aus allen Rohren feuert und mit dem Schwert durch einen Regen aus abgetrennten Dämonengliedmaßen tanzt, werden dabei nostalgische "Serious Sam"-Erinnerungen wach.

Zu viele Gegner sorgen bisweilen für Frust
Allerdings: Ebenso wie bei diesem Retro-Shooter wird das stumpfsinnige Geballer mit der Zeit etwas fad. Das liegt weniger daran, dass es keinen Spaß machen würde, mit Schwert-Moves wie dem "Divider of Heavens" durch die Dämonenhorden zu metzeln.

Sondern vielmehr daran, dass es die Entwickler mit der schieren Gegnermasse teils einfach übertrieben haben und der Weg zum nächsten Zwischengegner oft mühsamer ist als gewünscht. Es entsteht ein wenig der Eindruck, als wollte man hier die Spielzeit durch reichlich Kanonenfutter in die Höhe treiben – was auch gelingt, zumindest zehn Stunden sollte man für "Shadow Warrior" schon einplanen. Wer alle in den Levels versteckten Geheimnisse entdecken will, sollte noch deutlich mehr Zeit brauchen.

Fordernde Massenschlachten à la "Serious Sam"
Abgesehen von gelegentlichen Motivations-Tiefs spielt sich "Shadow Warrior" aber grundsolide. Wer schon einmal einen Shooter gespielt hat, findet sich sofort zurecht, und der Schwertkampf ist schnell erlernt. Die teilweise bockschweren Massenschlachten gegen größere Dämonenhorden verlangen gleichzeitig auch Profis einiges ab.

Und gelegentliche Anspielungen auf Shooter-Hits der Vergangenheit – in einer verlassenen Spielhalle haben wir sogar einen "Serious Sam"-Automaten entdeckt – sorgen zwischendurch immer wieder mal für ein Schmunzeln. Ebenso Wangs herrlich trockener Witz und die hämischen Kommentare seiner dämonischen Begleitung.

Hübsche Optik, teils sehr hoher Gewaltgrad
Einen erfreulich guten Eindruck hinterlässt die Optik von "Shadow Warrior". Mit Genregrößen wie "Crysis 3" kann die zwar nicht mithalten, für ein Downloadgame ist die Grafik aber mehr als ansehnlich. Das liegt vor allem an den ausgesprochen stimmungsvollen und mit Liebe zum Detail gestalteten Schauplätzen.

Da regnen Kirschblüten in Koi-Teiche, zwischendrin gibt's spektakuläre Pagoden, die dank sehr ansehnlicher Lichteffekte auch in ihrem Inneren zu gefallen wissen, und immer wieder führt Wang sein Weg durch heimelige Bambushaine mit schummrigem Licht. Das sind die optischen Highlights der Neuauflage, Gesichter und Charakteranimationen sind hingegen eher Durchschnitt.

Überdurchschnittlich ist der Gewaltgrad in "Shadow Warrior", deshalb an dieser Stelle nochmals die ausdrückliche Warnung: Dieses Spiel ist nichts für Kinder. Da werden Dämonen nicht nur physikalisch korrekt zerstückelt, wer mag, kann sich auch noch an den Kadavern austoben und diese anatomisch korrekt zerlegen. Das passt zum Retro-Stil des Games, war aber eigentlich schon in den Neunzigern unnötig. Das Spiel wär auch ohne diese Gewaltorgien spaßig.

Stimmiger Soundtrack, fehlender Multiplayer
Der Soundtrack glänzt stellenweise mit wie die Faust aufs Auge passender Rockmusik und passt sich der Situation an. Steht ein Kampf an, wird die Musik entsprechend nervöser, bei Kampfpausen ruhiger.

Die Wahl der englischen Sprecher wirkt gut getroffen, wenngleich in "Shadow Warrior" ohnedies nicht wahnsinnig viel geredet wird. Und die Umgebungsgeräusche wirken passend – wenn man denn mal Zeit findet, sie ohne klirrende Klingen und Schussgeräusche zu hören.

Schade: "Shadow Warrior" kommt ohne Mehrspielermodus aus. Dabei würde es sich mit seiner unorthodoxen Schwertkampf-Baller-Spielweise sehr gut für launige Multiplayerduelle eignen und auch im Coop-Modus ohne Zweifel eine gute Figur machen. Klar handelt es sich "nur" um ein Download-Game, aber gerade bei Shootern sollte ein Multiplayermodus eigentlich Standard sein.

Fazit:Erfreulich unkonventioneller Retro-Shooter
Dass "Shadow Warrior" trotzdem gut abschneidet, verdankt das Spiel dem Umstand, dass es sich bis auf wenige kleine Schwächen keine großartigen Fehler leistet. Die Story ist vorhersehbar, aber stimmig. Das Gameplay macht meist Spaß, einzig die teils übertriebenen Gegnermassen nerven. Und durch das Skill-System und den gut umgesetzten Schwertkampf ist "Shadow Warrior" auch längerfristig fesselnd.

Böte es einen Mehrspielermodus und etwas mehr Abwechslung, wäre es noch schöner. Aber auch so bietet es durch Mut zum Old-School-Gameplay und das unverbrauchte Setting eine ausgesprochen wohltuende Abwechslung zum modernen Anti-Terror-Einerlei im Shooter-Bereich.

Plattform: PC (Steam, GOG.com)
Publisher: Devolver Digital
krone.at-Wertung: 8/10

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